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Dialogräume gestalten oder: Wie es gelingt, mit Angst, Unsicherheit und Spaltung umzugehen

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Die Pandemie ist alles andere als vorbei, da beginnen alte weiße Männer ihre Machtfantasien an der russisch-ukrainischen Grenze auszuleben. Das wirkt wie ein beleidigtes Kind, dem man im Sandkasten den Eimer geklaut hat. Die Klimakatastrophe zeigte im letzten Jahr mit krassen Überschwemmungen und in diesem Jahr mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 160 km/h, dass der Mensch der Erde ziemlich egal ist. Digitale Entwicklungen bedrohen ganze Branchen. Die individuell notwendigen Kompetenzen, um hier „mithalten“ zu können, sind in der Breite alles andere als entwickelt. Und in Teams, Organisationen und der Gesellschaft als Ganzes flammen Konflikte auf, die sich um den korrekten Umgang mit den Regeln und Vorgaben zur Bekämpfung der Pandemie drehen. Wie kann es gelingen, in diesen komplexen, sich permanent verändernden Zeiten den Kopf über Wasser zu halten? In meinen Augen müssen wir dazu wieder wirklich miteinander ins Gespräch kommen. Dazu will ich hier anregen, Dialogräume zu schaffen.

Was sind Dialogräume?

Als Dialogräume definiere ich Zeiten und Räume, in denen es möglich ist, angstfrei miteinander ins echte Gespräch zu kommen. Daraus resultiert gegenseitiges Verstehen. Und daraus wiederum resultieren neuen Handlungen zur Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft.

In dieser Definition sind ein paar Aspekte enthalten, die wir näher anschauen müssen. Zu klären ist insbesondere, was unter Zeit und Raum zu verstehen ist, wie viele Personen teilnehmen können, wie die Schaffung psychologischer Sicherheit gelingen kann und und wie echtes Zuhören gelingt.

Zeit und Raum

Dialogräume brauchen Raum und Zeit. Aber Dialogräume müssen nicht in super hip ausgestatteten Future-Offices stattfinden. Im Gegenteil geht es darum, das zu nutzen, was ist: Die Teamsitzungen, der gemeinsame Spaziergang um den Block, das Sofa zu Hause, den Gemeindesaal, das Café um die Ecke. Notwendig ist jedoch, sich Zeit und den möglichst ungestörten Raum für den Dialog zu reservieren.

Allein, zu zweit oder in der Gruppe

Redest Du auch manchmal mit Dir selbst? Und hörst Du Dir zu? Wirklich?

Mir gelingt das nicht besonders. Jeder in meinem inneren Team beansprucht die Bühne – vor allem in herausfordernden Zeiten. Das führt zu ziemlichem Lärm in meinem Kopf. Was ich damit sagen will:

Auch allein macht es Sinn, den eigenen Anteilen zu zuhören zu können. Dazu ist Ruhe nötig, Meditation, Wald, Rauskommen.

Ein Dialograum ist aber auch zu zweit wunderbar zu gestalten. Auch im Zwiegespräch, im Gespräch mit dem/der Partner_in, mit dem/der Kolleg_in, mit dem/der Vorgesetzten, ist Ruhe und Zeit notwendig, um Zuhören gelingen zu lassen. Zum letzten Punkt gibt es übrigens wenig Schlimmeres als standardisierte, angstbesetzte, jährliche Mitarbeitergespräche. Das ist kein Dialog.

Und auch in Teams, Organisationen und großen Gruppen gelingen Dialogräume, zu denen es wiederum Zeit, Ruhe und die Möglichkeit braucht, den anderen Teilnehmer_innen angstfrei zuhören und seine Gedanken und Gefühle äußern zu können.

Angstfreie Räume und psychologische Sicherheit

Zum letzten Punkt habe ich das Konzept der psychologischen Sicherheit in meinem letzten Newsletter bereits aufgegriffen:

Um in Teams und Gruppen das äußern zu können, was man wirklich denkt und fühlt, ohne Gefahr zu laufen, dafür abgestraft, komisch angeschaut, in eine Ecke gestellt zu werden, braucht es emotionale bzw. psychologische Sicherheit.

Psychologische Sicherheit ist „a sense of confidence that the team will not embarrass, reject, or punish someone for speaking up“, so Amy Edmondson, die an der Harvard Business School als Professorin für Führung und Management zu den Geheimnissen erfolgreicher Teams, dem Lernen in Organisationen und zur psychologischen Sicherheit lehrt und forscht.

Für psychologische Sicherheit in Teams sind insbesondere zwei Faktoren wesentlich (vgl. diesen Link hier):

  • Durchschnittlich ausgeprägte soziale Sensibilität. Jeder im Team ist in der Lage und willens wahrzunehmen, wie es dem Gegenüber gerade geht. Dadurch kann jede/r in der Regel angemessen auf diese wahrgenommene Befindlichkeit reagieren. Neudeutsch würde man von der Fähigkeit zu einer Begegnung auf Augenhöhe sprechen.
  • Gleichmässig ausgeprägte Redeanteile aller Teammitglieder. Am Ende des Tages sind alle ungefähr gleich häufig zu Wort gekommen und haben gleich grosse Redeanteile erhalten. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der Art und Weise, wie Redeanteile von einer zur nächsten Person übergeben werden. Sprich, ob man sich traut und sicher fühlt, sich überhaupt zu Wort zu melden. Oder ob die innere Zensurstimme die Oberhand gewinnt, basierend auf einem Glaubenssatz wie, «da sage ich lieber nichts, damit es mir nicht so ergeht wie der Kollegin letzte Woche, über die seither hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird».“

Eigentlich einfach, oder? Naja, spätestens wenn es ans Zuhören geht, wird es etwas herausfordernd…

Zuhören

Im vorletzten Absatz habe ich das Zuhören angesprochen. Zuhören ist aber – das hat spätestens Otto Scharmer sehr eindrücklich auf den Punkt gebracht – nicht gleich Zuhören.

Scharmer unterscheidet die vier Ebenen des Zuhörens „Downloading, Seeing, Sensing und Presencing“, die ich hier nur skizzieren kann:

  1. Downloading: Downloading ist die erste Ebene des Zuhörens. Sie ist hilfreich für einfache, wiederkehrende Prozesse und Routinen, die sich bspw. in Checklisten, Anleitungen o.ä. zusammenfassen lassen. Downloading im Gespräch erkennt man bspw. An Äußerungen wie „Das wissen wir schon!“, „Kein Problem!“ bis hin zum „Hier ist die Lösung auf Deine Frage!“ Kurz: Es geht nicht um das Neue, sondern nur um die Bestätigung bzw. Ablehnung der eigenen Annahmen.
  2. Seeing: Seeing fokussiert auf die im Gespräch geäußerten Daten und Fakten. Man nimmt diese bewusst wahr und reflektiert Widersprüche zum Gewohnten. Man versucht außerdem, die Widersprüche mit eigenen, gewohnten Mustern und dem eigenen Wissen zu verknüpfen. Im sachlichen Gespräch findet eine Auseinandersetzung über Daten und Fakten statt. Das logische Denken dominiert. Aussagen auf dieser Ebene sind bspw. „Das kann nicht sein“ oder „Das stimmt so nicht! Die Statistik zeigt ganz andere Zahlen.“ Hier kommen Widerstände zum Ausdruck und automatisch kommt die Stimme des Urteils (richtig/falsch) zum Vorschein.
  3. Sensing: Auf dieser Ebene des Zuhörens kommt es zur Öffnung des Fühlens. Empathie kommt ins Spiel und der Versuch, den Anderen wirklich wahrzunehmen und „in seinen Schuhen zu gehen“. Hier dockt auch die erste Notwendigkeit zur Gestaltung der psychologischen Sicherheit an – die zumindest durchschnittlich ausgeprägte soziale Sensibilität zur Schaffung eines Klimas des Vertrauens. Auf dieser Ebene des Zuhörens wandert der Aufmerksamkeitsfokus nach außen, außerhalb der eigenen Person bzw. Situation (oder auch Organisation). Hier kann es gelingen, gemeinsam mit dem/den Gesprächspartner_innen von außen auf die eigene Person, Situation oder Organisation zu schauen. Die blinden Flecken im eigenen Denken werden sichtbar.
  4. Presencing: Im Scharmers Theory U ändert das Zuhören auf Ebene des Presencing nicht nur die Sichtweise, die Perspektive. Wenn es gelingt, auf dieser Ebene zusammenzukommen, ist das Ergebnis, „dass wir am Ende nicht mehr dieselbe Person sind, die wir zu Beginn des Gesprächs waren“, wie es in diesem umfangreichen Beitrag zu den vier Ebenen des Zuhörens heißt. „Man agiert auf einem höheren Aufmerksamkeitslevel, und dies ermöglicht uns tiefer an die Quelle unseres eigenen (oder auch organisationalen) Selbst heranzukommen. „Wer möchte ich (wirklich) sein?“ (und nicht welche Rolle möchte ich spielen) und „Wo möchte ich Nutzen und Sinn stiften?“ sind hier die beiden zentralen Fragen.“ Daraus resultieren dann wirklich neue Handlungen, die aus der Zukunft her Gegenwart gestaltet.

Hast Du die vierte Ebene schon mal erlebt? Wenn ja, freue ich mich riesig über einen Kommentar, wie es dir gelungen ist. Denn einfach und oft ist sie wohl nicht zu erreichen. Aber ohne die dritte Ebene, das emphatische Zuhören, wird echtes Verständnis und die Gestaltung der daraus neu resultierenden Möglichkeiten schwer werden.

Dialogräume konkret

Ja, die Gestaltung von Dialogräumen ist auf den ersten Blick voraussetzungsreich.

Aber wenn man pragmatisch herangeht, eröffnen sich Möglichkeiten. Dazu hier ein paar Fragen und Anregungen, die Dir vielleicht helfen, auf individueller Ebene, auf Paarebene, auf Teamebene, auf Organisationsebene und auch auf Ebene der Gesellschaft Dialogräume zu schaffen.

Individuelle Dialogräume

Wo und wann nimmst Du Dir echte Auszeiten, in denen Du Dir und den in Dir agierenden Anteilen aufmerksam zuzuhören? Ich selbst versuche regelmäßig zu meditieren, um zumindest ein wenig Ruhe in das Geplapper in meinem Kopf zu bekommen. Außerdem hilft mir Bewegung, Wandern und Sport, um Nachdenken und mir selbst zuhören zu können. Und ja, als Familienvater mit drei Kindern geht es leider nicht darum, das nächste Sabbatical zu planen, sondern „Miniauszeiten“ im Alltag zu integrieren. Heißt konkret: 15 Min. meditieren und regelmäßig Bewegung (whatever regelmäßig means).

Dialogräume als Paar

Familien sind von den Auswirkungen der Pandemie hart getroffen. Homeoffice, Geldsorgen, Alltagsbewältigung ohne schöne Rituale (Fasnet daheim ist keine Lösung), unregelmäßiger Besuch von Kindergarten und Schule, Angst vor der eigenen Erkrankung und der Erkrankung von Angehörigen bis hin zum innerfamiliär unterschiedlichen Umgang mit essentiellen Fragen der Pandemiebewältigung (Impfen ja oder nein?) treffen Paare mit und ohne Kinder hart. Unter dem Begriff des „Zwiegesprächs“ findet sich ein interessantes Konzept, das es ermöglicht, im ganzen Alltagsscheiß wieder miteinander ins Gespräch zu kommen. Lohnt sich…

Dialogräume im Team

Hier verweise ich auf das schon angesprochene Konzept der psychologischen Sicherheit. Im Team gilt es, hierarchieunabhängig auf die gleichen Redeanteile zu achten (vorausgesetzt, die durchschnittlich ausgeprägte Empethiefähigkeit stimmt, was ich aber bei den Leser_innen meines Blogs mal voraussetze 😉

Der verlinkte Beitrag gibt Dir Fragen an die Hand, die für die systematische Reflexion und Verbesserung der Dynamik im Team hin zu mehr psychologischer Sicherheit sinnvoll sind:

  • „Wie gut nutzt ihr das Team-Potenzial auf einer Skala von 1 (low performing) bis 99 (high performing) aus?
  • Welche Kraftquelle gibt dir ganz persönlich in diesem Team am meisten Energie?
  • Was kostet dich ganz persönlich in diesem Team am meisten Energie?
  • Was ist dein Beitrag zu den Kraftquellen und Energiefressern im Team? Wie beurteilen die anderen Teammitglieder deinen Beitrag?
  • Wie steht es um eure psychologische Sicherheit? Was ist der Beitrag jedes Teammitglieds zur psychologischen Sicherheit?“

Nehmt ihr euch regelmäßige Zeit und Raum, die Fragen in Eurem Team zu reflektieren?

Dialogräume in der Organisation

Hier greife ich die Idee von Sabine auf, die sie in einem der letzten „Werkraum Zukunft“ Veranstaltungen die Idee der Denkräume geäußert hat. Kurz:

Es braucht „Denkräume“ in unseren Organisationen, in denen es angstfrei möglich ist, über die Zukunft nachzudenken, zu sprechen und – vielleicht im Sinne der Theory U von Otto Scharmer – Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen.

Oftmals reichen aber schon neue Formate wie gemeinsame Barcamps, die ohne Vorgaben Themen der Menschen in der Organisation öffnen. Ebenfalls hilfreich ist die Methode des Lean Coffee, die sehr schnell und kompakt abteilungsübergreifend neue Möglichkeiten der Kooperation innerhalb der Organisation eröffnen kann.

Dialogräume in der Gesellschaft

In einem der letzten Beiträge habe ich den Gedanken formuliert, dass die kommunalen Verwaltung eine Schlüsselrolle einnimmt, wenn es um New Work geht.

Unter New Work verstehe ich hier ganz explizit die Grundidee von Bergmann, der nicht von Organisationsentwicklung, sondern von der (sozialutopischen) Gestaltung der Gesellschaft spricht.

Und für die Gestaltung der Gesellschaft braucht es Begegnungs- und Dialogräume, die – so die These des Beitrags – von Seiten der kommunalen Verwaltung vor Ort gestaltet werden können (und müssen).

Es braucht vor Ort Dialogräume, in denen die Menschen aus dem Stadtteil, der Nachbarschaft, der Kommune wieder zusammen kommen können, um miteinander zu reden, sich zuzuhören und neue Ideen für ihren lebenswerten, zukunftsfähigen Sozialraum zu gestalten.

Zur Gestaltung und Begleitung der Dialogräume bedarf es neuer Kompetenzen auf Seiten der Mitarbeiter_innen in den Verwaltungen (oder die Einstellung von Menschen), damit entsprechend offene und damit unsichere Beteiligungsprozesse gestaltet, begleitet und „der Raum gehalten“ werden kann.

Hieraus, aus dieser „New Work Vision“ erwachsen auch, so zumindest meine Hoffnung, neue Optionen zur Bewältigung des Fachkräftemangels in den Verwaltungen.

Dialog in der Organisationsentwicklung

Noch ein Gedanke zum Abschluss, der mich in meiner Arbeit immer wieder tangiert:

Organisationsentwicklungsprozesse erzeugen Instabilität. Das hat bspw. Peter Kruse hier sehr lesenswert dargelegt. Instabilität erzeugt immer Unsicherheit. Und daraus wiederum folgt – völlig nachvollziehbar – Widerstand.

Entsprechend gilt es auch in Organisationsentwicklungsprozessen, Dialogräume zu schaffen, um die Ängste und Sorgen der von den angestrebten Veränderungen betroffenen Mitarbeiter_innen nicht nur zu hören, sondern daraus im besten Fall neue Optionen zur Gestaltung des Prozesses ableiten zu können.

Denn, auch das darf kein Geheimnis bleiben, jede Intervention in eine Organisation hat Vor- sowie Nachteile. Es gibt immer Gruppen, die am Status Quo leiden (sonst würden die Prozesse nicht angestoßen). Und gleichzeitig gibt es Menschen und Gruppen, die am Neuen leiden. Das lässt sich zwar nicht ändern, aber durch offenen, sicheren Dialog besprechbar machen.

Unsicherheit bewältigen im Dialog

Zum Ende greife ich noch einmal den Titel des Beitrags auf:

Die Anforderungen, Brüche und permanenten Veränderungen, die heute und in Zukunft an uns und vor allem an die nachfolgenden Generationen gestellt werden, sind unfassbar komplex, kaum überschaubar. Sie können vor allem nicht durch einfache „Schwarz-Weiß Antworten“ gelöst werden. Das macht Angst und löst massive Unsicherheiten aus – individuell, in Familien, in Teams, Organisationen und der Gesellschaft. Dies gilt vor allem, da wir den Umgang mit Komplexität in unseren formalen Bildungswegen nicht gelernt haben. Daraus folgt:

[bctt tweet="Wir müssen die Gestaltung komplexer Zukünfte ganz neu lernen. Das gelingt in Dialogräumen."]

Und zur Entwicklung der Kompetenzen zum Umgang mit Unsicherheit und zur Gestaltung komplexer Zukünfte braucht es das geschilderte, gesteuerte und oft auch begleitete Zusammenkommen. Wir brauchen Räume, in echten Dialog zu treten, Räume, sich zuzuhören, Gräben zu überwinden und gemeinsam neue Lösungen und damit soziale Innovationen zu entwickeln und umzusetzen. Und vielleicht zeigen sich durch die Dialoge sogar bislang verborgene Ressourcen zum Umgang mit Komplexität und Veränderung, die in der Vergangenheit bereits wirksam geholfen haben.


Haben die Informationen Dich in Deiner Arbeit weitergebracht? Dann freue ich mich, wenn Sie mir davon berichten.

P.S.: Hier findest Du noch einen Beitrag, in dem ich 10 Strategien für den erfolgreichen Umgang mit Unsicherheit darlege. Vielleicht hilft Dir auch das…

Es wird Zeit, oder: Drei gute Gründe, warum sich soziale Organisation mit Wertschöpfung, Selbstbestimmung und kollektiver Führung beschäftigen müssen

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Wir reden seit Jahren von den Entwicklungen einer neuen Arbeitswelt, Arbeit 4.0 oder gar von New Work. Im Kern, im Maschinenraum von sozialen Organisationen und Bildungseinrichtungen hat sich jedoch wenig bis nichts geändert. Ja, es gibt einige Vorreiter (die im Übrigen sehr gut durch die Krisenzeiten gekommen sind), aber viele Organisationen haben noch nicht einmal von den sich vollziehenden Entwicklungen gehört, geschweige denn daraus konstruktive Schlüsse gezogen. Man könnte diesen Beitrag als erneuten Wink mit dem Zaunpfahl, nein, eher als Wink mit der Zaunfabrik vergleichen: Liebe soziale Organisationen, es wird Zeit! Es ist richtig dringend, es ist 12! Beschäftigt euch mit euren Wertschöpfungsstrukturen, mit den Funktionsweisen selbstbestimmt arbeitender Teams, mit „agiler“ Zusammenarbeit und dem, was unter kollektiver oder kollegialer Führung verstanden wird. Beschäftigt euch mit eurer Zukunft! Warum? Das kannst Du hier lesen.

Weiterbildungen

Weiterbildungen von IdeeQuadrat

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Personalentwicklung in Zeiten des Wandels...

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Eine Auswahl der Organisationen, mit denen ich arbeiten durfte:

Einige Einblicke in meine Arbeit:

Die IdeeQuadrat-Strategie 2025, oder: Verführungen am äußeren Rand der Panikzone

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tl:dr: Ich mache mich mit IdeeQuadrat im Jahr 2022 – also jetzt – komplett selbständig. Ich verlasse meine Komfortzone und begebe mich in neue Abenteuer am Rande der Panikzone und weiter. Das ist mit Blick auf die Historie nachvollziehbar: Mit IdeeQuadrat bin ich schon eine Weile unterwegs. Mein Fokus hat sich dabei nicht geändert. Ich bin immer noch und zunehmend überzeugt davon, dass Soziale Organisationen, Bildungseinrichtungen und kommunale Verwaltungen „New Work Vorreiter“ sein können (wenn nicht gar müssen). Und am Rande der Panikzone – in meiner Arbeit – will die Organisationen dahin verführen, ihren Zweck bestmöglich zu erfüllen. Hinzu kommen Bildungsangebote und die Begleitung bei der Projektentwicklung. Kurz: Hier ist meine IdeeQuadrat-Strategie für die kommenden Jahre.

Projekte

Projekte

Spielwiesen und Ideen, mit denen ich versuche, New Work und New Ways of Working zu verbreiten

Werkraum Zukunft

Der Werkraum Zukunft ist das Meetup für die Sozialwirtschaft.

Im Werkraum Zukunft kommen regelmäßig interessierte Menschen aus der Sozialwirtschaft und darüber hinaus digital und niederschwellig zu zukunftsrelevanten Themen zusammen, hören neue Ideen, lernen gemeinsam, diskutieren und bauen Zukunft.

Das ist mehr als nötig, denn spätestens die Pandemie hat gezeigt, dass wir Wirtschaft und Arbeit in allen Branchen – und damit auch in der Sozialwirtschaft – neu und anders denken müssen.

Hinzu kommt die digitale Transformation, die Arbeitsweisen und Prozesse in Unternehmen radikal verändert.

Und last but not least ist die Pandemie angesichts der drohenden Klimakrise als sehr überschaubar zu betrachten.

Kurz: Wir leben in einer zunehmend dynamischen und komplexen Welt, die neue Antworten auch und gerade der Sozialwirtschaft erfordert.

Hier kannst Du mehr zum Werkraum Zukunft erfahren!

P.S.: Der nächste Werkraum Zukunft findet am 16.12.2021 um 20 Uhr via Zoom statt. Hier kannst Du Dich (kostenlos) anmelden. 

Kollektive Prokrastination und was wir dagegen tun können

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Eigentlich müsste ich nen Vortrag vorbereiten, ein Beratungskonzept schreiben, zwei Angebote fertig machen und mich um den Garten kümmern. Aber irgendwie, irgendwie habe ich keine Lust, sitze vor dem Rechner und verschiebe die wichtigen Dinge auf später, auf dann, wenn es oft zu spät ist, um wirklich gut zu werden. Ich prokrastiniere vor mich hin. Prokrastination lässt sich als pathologische Störung definieren, die „durch ein unnötiges Vertagen des Beginns oder durch Unterbrechen von Aufgaben gekennzeichnet ist, sodass ein Fertigstellen nicht oder nur unter Druck zustande kommt“ (wikipedia). Kennen wir alle, oder?

Aber kennen wir Prokrastination nicht auch auf kollektiver, gesamtgesellschaftlicher Ebene?

Spätestens seit der Überraschung der Bundesregierung über die Geschwindigkeit der Machtübernahme durch die Taliban war mein Gefühl zumindest, dass in der Regierung Menschen Uno spielen, Fenster putzen und Faxgeräte reparieren, um dann ernsthaft überrascht zu sein, wenn ihnen ihre eigenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf die Füße fallen.

Wollten die Menschen, die die Verantwortung trugen, nicht genauer hinschauen und schon vorbereitet in den Abzug der Truppen und die Rettung der „Ortskräfte“ (seltsamer Begriff) gehen? Aber nicht nur beim Thema Afghanistan (wobei das eine für viele Menschen unmittelbar tödliche Überraschung war) ist dieses „Wegschauen“ nicht mehr nur individuell, sondern kollektiv.

Und es hängt bei den folgenden Themen auch nicht mehr nur an einzelnen Menschen in bestimmten Positionen, sondern oftmals an uns allen – kollektiv eben.

Hier also ein paar Themen, in denen wir kollektiv vor uns hin prokrastinieren:

Klimakrise

Ich will und kann nicht alle auf der Hand liegenden Argumente vortragen, die darlegen, dass genau jetzt der letzte Zeitpunkt zum Umsteuern in der Klimakrise ist.

Wenn wir für unsere Kinder noch eine halbwegs lebenswerte Zukunft wollen, müssen wir jetzt politische Entscheidungen treffen, die dieses Ziel (bspw. 1,5 Grad) sichert.

Jetzt.

Und jetzt findet lieber die IAA in München statt und der Kohleausstieg ist lieber mal irgendwann 2038 oder so… Denn, ganz ehrlich: Es ist wichtig, dass Du die Kartoffeln vom Bauern um die Ecke kaufst und Hafermilch trinkst.

Wirksam ist aber, wenn die Politik Gesetze verabschiedet, die bspw. verbieten, schneller als 120 km/h auf der Autobahn zu fahren, Kerosin ganz anders besteuern oder den Kohleabbau morgen stoppen. Das ist kurz schmerzhaft für eine (überschaubare) Menge an Menschen, aber es ist langfristig hilfreich für das Überleben der Menschheit.

Bildung

Wir wissen, dass unser Bildungssystem so lala ist.

Mit „so lala“ meine ich, dass es nicht gut funktioniert, wenn man aus Perspektive der „Leistung“ draufschaut. Pisa-Tests haben uns immer wieder gezeigt, dass die deutschen Schüler*innen irgendwo im Mittelfeld rumdümpeln. Und das, obwohl irgendwie alle unzufrieden mit dem System sind.

Viel wichtiger aber ist, dass wir in einer hochdynamischen Zeit leben, in der es nicht mehr auf die Vergleichbarkeit von Leistungen (Noten…), sondern auf die Gestaltung von Komplexität ankommt.

Komplexität lässt sich am Besten gestalten, indem Vielfalt zugelassen wird. Kreativität, Kollaboration, Kommunikation und kritisches Denken sind viel zitierte, notwendige Zukunftskompetenzen, die aber im klassischen Schulsystem in der Breite nicht zählen.

Und ich mache den Lehrer*innen keinen Vorwurf. Die Funktionslogik unseres Bildungssystems ist auf Vergleichbarkeit, und nicht auf Innovation ausgerichtet. Da kann der/die Einzelne nicht viel tun.

Ach ja, Schule allein ist nicht der Bildungsbereich. Hochschulen und das Ausbildungssystem kommen hinzu, sind aber nicht besser aufgestellt.

Digitalisierung

Wenn ich hier nen gif hinsetzen könnte, wäre es ein verrückt kicherndes Männchen, verzweifelt ob der ganzen offen auffindbaren Warnungen, Hinweise und Tipps, was im Digitalen jetzt und in Zukunft getan werden muss.

Die Rede von Lobo zur Eröffnung der Republica 2021 reicht im Grunde aus, um das kollektive Versagen auf diesem Gebiet zu verdeutlichen.

Und jetzt damit zu beginnen, Glasfaser zu verlegen, ist schon wieder zu spät, wenn man bspw. die Aktivitäten von Starlink betrachtet. Aber nun gut, es kommt ja alles so plötzlich…

Arbeit

Arbeit ist ein sehr großer Bereich, der schwer zu fassen ist. Aber auch da habe ich das Gefühl, dass viele (nicht alle) Unternehmen und Organisationen an Vorstellungen des letzten Jahrhunderts hängen.

Nein, die Menschen arbeiten (langfristig) nicht mehr, wenn man ihnen eine Karotte vor die Nase hängt. Das ist übrigens auch nicht „New Work“, auch wenn euch das so verkauft wird…

Und Menschen arbeiten auch nicht mehr, wenn man ihnen mit empfindlichen Strafen droht. Nein, Menschen, Erwachsene wie übrigens auch Kinder, müssen nicht kontrolliert werden, wenn sie einen Job machen, der sinnvoll ist und den eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten halbwegs entspricht.

Dabei geht es nicht um Spaß bei der Arbeit. Es geht darum, einen Beitrag zu leisten. Das geht für jede Aufgabe, von der Straßenreinigung bis hin zur Quantenphysik (mir ist kein besseres Beispiel eingefallen). Und ihr wundert euch über Fachkräftemangel? Ach, übrigens, Arbeit muss nicht zwangsläufig bezahlte Arbeit sein.

Auch Care-Arbeit ist Arbeit und trägt einen wesentlichen Teil zum Wohlstand unserer Gesellschaft bei.

Soziales und Gesundheit

Das Klatschen ist verhallt, oder?

Die Bedingungen in Pflege und in vielen sozialen Arbeitsfeldern sind nicht nur weiterhin schlimm, sondern schlimmer geworden. Die Feststellung, dass die Pflegekräfte in der Pandemie kaum Unterstützung bekommen haben, führt dazu, dass die Menschen die Pflege verlassen Ciao, Kakao! Und der Fachkräftemangel in der Branche ist schon jetzt – wie auch in der Branche der Erzieher*innen – krass. Es fehlen – als Beispiel – bis 2025 etwa 300.000 Erzieher *innen.

Und die Regierung ist auf dem Weg, den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich zu beschließen. Alles cool, aber wer soll denn wen betreuen? Vielleicht betreuen einfach die Grundschulkinder am Nachmittag die Pflegebedürftigen und umgekehrt? Vielleicht unterstützt durch ein paar arbeitslose Menschen, wie es die grandiose Idee aus Bayern vorschlägt? Das war Ironie!

Und nu? Was tun gegen Prokrastination?

Alle Punkte ließen sich in vielerlei Hinsicht auffächern. Darum geht es mir aber nicht. Mir geht es darum zu betonen, dass all die (und noch mehr) Themen, die unserer Gesellschaft wirklich unter den Nägeln brennen, schon lange auf der Hand liegen.

Es gibt Tonnen von Büchern, Studien, Veröffentlichungen und so weiter, die darlegen, dass in den Bereichen dringender Handlungsbedarf besteht. Und wir prokrastinieren vor uns her. Wir regen uns auf über Gender-Schreibweise, Lastenräder oder andere Nebensächlichkeiten, ohne wirklich aktiv zu werden.

Aber was könnte man denn tun?

Wenn ich mich persönlich motivieren will, doch die wichtigen Dinge zu tun und nicht mehr noch das nächste Video bei Insta zu schauen, gehe ich wie folgt vor:

Projekte klären

Wenn ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehe, stellt sich zunächst die Frage, in welchem Wald ich eigentlich bin. Anders:

Was sind meine wichtigsten Projekte? Woran will ich gerade wirklich arbeiten?

Meist sind das zu viele Projekte, aber es hilft, sich einen Überblick zu verschaffen. Und wie wäre es, wenn wir uns kollektiv auf die drei Top-Projekte einigen könnten?

Klimakatastrophe steht dabei unangefochten auf Platz 1 der wichtigen Projekte, danach können wir gerne in die Diskussion gehen: Was ist als zweites Projekt dringend anzugehen? Bildung vielleicht? Ja, ich weiß, die Gesellschaft ist komplexer, aber die Diskussion über die Komplexität lenkt oft von der Gestaltung der Zukunft heute ab. Lasst uns lieber was machen!

Und ja, das heißt auch, dass es politische Entscheidungen, Gesetze braucht. Der Markt (allein) wird sicher nicht alles regeln…

Top 3 festlegen

Um was zu machen, versuche ich, meine wichtigsten 3 To-Dos für den Tag zu bestimmen:

Was sind die Dinge, die ich heute auf jeden Fall schaffen will?

Nicht mehr als 3, denn sonst erschlägt mich die pure Menge der Aufgaben. Und in jedem Projekt gibt es mehrere Aufgaben, sonst wäre es kein Projekt. Was wären also bspw. beim Klimawandel die drei wichtigsten Tasks?

Klar, wieder viel zu unterkomplex, aber warum nicht: Kohleausstieg jetzt, Tempolimit und ? Keine Ahnung, aber damit kennen sich ja die Profis aus. Und dann:

Einfach mal machen.

Musik

Ja, das passt nicht so:

Ich wähle mir eine motivierende Playlist aus, mit der ich gerne arbeite… Das ist nur bedingt zu übertragen, aber:

Auch wenn ich oben geschrieben habe, dass es nicht darum geht, dass Arbeit Spaß machen muss, macht Arbeit die Spaß macht mehr Spaß.

Wie wäre es also, wenn wir die anstehenden Herausforderungen nicht in der deutschen Bräsigkeit angehen und den Untergang des Abendlandes vor Augen haben, wenn wir nicht mehr mit 195 über die Autobahn brettern dürften?

Wie wäre es stattdessen, dass gerade die Umsetzung der anstehenden Aufgaben eine lebenswerte Zukunft für alle (und vor allem für unsere Kinder und Enkel) erzeugen würde?

Die Vision einer lebenswerten Zukunft ist schon irgendwie cool, oder?

Time-Blocking

Ich unterteile meine Arbeit dann meist in etwa 25 – 30 Minuten Blöcke.

Länger kann ich mich sowieso nicht konzentrieren, danach muss ich dann 5 Minuten bei Twitter schauen oder so. Und ja, warum machen wir das nicht ähnlich im Großen:

Es müssen keine endlosen Aufgaben sein, die da vor uns liegen. In einer komplexen Welt ist iteratives Handeln, also das „Schritt für Schritt Vorgehen“ sowieso viel sinnvoller. Nach jedem Schritt, nach jeder Iteration können wir dann schauen, ob wir (natürlich im Großen) auf dem richtigen Weg sind.

Fazit: Wählen gegen Prokrastination 2021

Mit den oben genannten Schritten gelingt es mir, mich immer wieder aus meiner eigenen Prokrastination zu holen – kleine Schritte, Zeiten und gute Musik. Jaja, ich weiß, das ist alles ziemlich naiv auf gesellschaftlicher Ebene.

Aber mich wundert schon, dass bei den großen Themen, die ich oben angerissen habe, in den vergangenen Jahren politisch so verdammt wenig passiert ist. Ich war eigentlich immer Fan von (der Person) Angela Merkel, aber das Gefühl, dass 16 Jahre einfach nur ausgesessen wurde, bleibt (leider).

Uns bleibt bei vielen Themen nicht mehr viel Zeit, um wirklich Veränderungen anzugehen. Ein „Weiter so“ wird nicht helfen. Und das ist auch mein Plädoyer für die anstehende Wahl:

Eine GroKo, die weiter nichts tut, wäre eine echte Katastrophe für die zukünftigen Generationen. Lasst uns also entsprechend wählen, um einen dringend notwendigen Neuanfang zu wagen und die Gesellschaft aus der Starre des Nichtstuns, des Aufschiebens, der Prokrastination, zu holen.

Es könnte ja gut werden…

IdeeQuadrat Podcast

IdeeQuadrat Podcast

Wie werden sich Soziale Organisationen verändern? Wie kann dies für alle Beteiligten positiv, menschlich und zukunftsgerichtet gestaltet werden? Wie können agile soziale Organisationen gestaltet werden? Und was hat das alles mit der digitalen Transformation zu tun? Zu diesen (und mehr) Themen vertone ich im IdeeQuadrat Podcast Blogbeiträge und spreche (leider zu unregelmäßig) mit unterschiedlichsten, immer aber sehr besonderen Menschen, die interessante Einblicke in die Praxis der Organisationsentwicklung liefern!

New Work in der Sozialen Arbeit - ein Streitgespräch

Wie gelingt Zellstrukturdesign bei der AWO, Josephine Gauselmann?

Fachcamp Soziale Arbeit - warum, was, wie und wozu eigentlich?

Hackathon - geht das auch bei der AWO, Matthias Schug?

Wie kann man Gedenken schenken, Felix Meindl?

Wie entwickelt man die Sozialberatung der Zukunft, Patrick Ehmann?

Soziale Arbeit geht auch anders! - Im Gespräch mit der sozKom GmbH & Co KG

Was ist Komplexität, Stephanie Borgert?

Wie gründet man eine digitale Fachschule für Heilpädagogik, Alicia Sailer?

Was ist (Deine Vision von) New Work, Christine Jung?

Wie geht innovative Kirche der Zukunft, Maria Herrmann?

Wie geht Ambidextrie, Dr. Gudrun Töpfer?

Wie geht kollegiale Führung, Dr. Christian Geyer?

Wie lebendig sind Organisationen, Mark Lambertz?

Wo arbeiten wir morgen, Tobias Kremkau?

Wie natürlich ist Führung, Jo Kristof?

Wie gestalten wir neue Narrative, Dr. Lena Marbacher?

Warum führt ihr gemeinsam, Julia Collard und Sven Schnitzler?

Wozu brauchen wir Prozessmanagement, Philipp Epe?

Wie geht gute Weiterbildung in Organisationen der Sozialen Arbeit, Prof. Dr. Stefan Gesmann?

Wie gelingt gemeinsames Verständnis, Markus Sauerhammer und Dr. Joß Steinke?

Wie geht Innovation, Hannes Jähnert?

Was ist Sozialunternehmertum, Katrin Elsemann?

Warum brauchen wir liberale Soziale Arbeit, Prof. Dr. Heiko Kleve?

Was macht die Offene Jugendarbeit, wenn alles geschlossen ist, Thomas Dietrich?

Wie sieht es aus im Maschinenraum, Holger Gierth?

Kann jetzt jeder Onlineberatung, Emily Engelhardt?

Warum brauchen wir einen eigenen Hackathon für die Sozialwirtschaft, Ursel Wolfgramm?

Drei Fragen an... Thomas Mampel

Lauf davon, oder: (alte und neue) Lieder über (alte und neue) Arbeit

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Frithjof Bergmann ist gestorben.

Ich will und kann nicht viel darüber schreiben, da ich ihn persönlich nicht kannte. Aber das bzw. besser: sein Thema „New Work“ wird mich begleiten, vermutlich auch bis an mein Lebensende.

Danke für die Inspiration!

Vielleicht als meinen kleinen, unbedeutenden Anteil habe ich Dir (und mir) eine Playlist bei Spotify erstellt, in der ich Lieder über Arbeit sammle. Diese Lieder zeigen Bilder, Glaubenssätze, Haltungen zum Thema neue und alte Arbeit. Mit „New Work“ im Sinne von Bergmann haben die Lieder insofern zu tun, als das Bild der „Lohnarbeit als milde Krankheit“, die Unverbundenheit der Menschen zu ihrer Arbeit, die Hierarchien etc. immer wieder durchscheinen – beim Streik, bei der Steigerung des Bruttosozialprodukts oder bei der Aufforderung von Danger Dan, dringend davonzulaufen:

„Da war ein Job, einer mit flexibler Arbeitszeit
In einer hippen Agentur, die sich sehr gut zu vermarkten weiß
Jede Woche eine After Work-Party mit dem Chef
So ein Start-Up-Unternehmer, der Ramones-Shirts trägt

Ich schrieb grad die Bewerbungsmail mit meinem Lebenslauf
Und klebte ein sympathisches und seriöses Foto drauf
Als mir Lou Reed erschien und sagte: „Lauf davon!“
Schwerer als reinzukommen, ist es wieder rauszukommen“

In einem Workshop am Wochenende habe ich mal wieder das Konzept der „Neuen Arbeit“ im Sinne von Bergmann besprochen. Wenn man nicht ganz an der Oberfläche bleibt (und New Work im Sinne der „Lohnarbeit im Minirock“ betrachtet) kommt die Radikalität der Theorie, der Werthaltungen, die Radikalität von Freiheit, Selbstbestimmung, Autonomie und Verbundenheit hinter dem Konzept von Bergmann, das aktueller denn je ist, schnell zum Vorschein. Kurz: New Work ist radikal.

Oder machst Du die Arbeit, die Du wirklich, wirklich tun willst?

Vielleicht kannst Du ja beim Hören der Playlist ein wenig darüber nachdenken…

Und, lieber Frithjof, vielleicht kannst Du ja auch da, wo Du jetzt bist, Musik hören?

Damit geht’s nämlich oft viel leichter…


Zum Weiterlesen findest Du hier noch ein paar Beiträge, in denen ich das Thema „New Work“ aus unterschiedlichen Perspektiven betrachte…

Und die Playlist lebt natürlich auch durch Deine Hinweise hier oder in den Kommentaren…

Du hast die Wahl, oder: wert-volle (soziale) Organisationen in einer Kultur der Digitalität

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Ich soll nächste Woche auf einer Klausurtagung einer sozialen Organisation irgendwas zur Digitalisierung sozialer Organisationen erzählen. Ehrlich gesagt langweilt mich das. Bitte nicht falsch verstehen: Ich erzähle gerne, höre mich selbst extrem gerne reden und komme auch gerne, wenn auch leider nur digital. Aber der Inhalt stellt mich vor Herausforderungen: Ich kann erzählen zu der Notwendigkeit von Plattformen, zu der Nutzung von Daten, zur zunehmenden Bedeutung künstlicher Intelligenz, zur Notwendigkeit, auch die Kompetenzen der Mitarbeiter* innen in den Blick zu nehmen und so weiter… Komplexität, Dynamik… Post-Corona sowieso… VUCA? Boah, echt jetzt?

Trotz all dieser schon drölfzig mal gemachten Erläuterungen, Vorträge und Workshops und trotz einer Pandemie, die die Digitalisierung selbst des deutschen Schulwesens (natürlich ungewollt) beschleunigt hat, stelle ich fest, dass wir irgendwie nicht so richtig weiterkommen. Ja, auch sozial braucht digital, aber das hat doch nun wirklich jede*r verstanden, oder? Und jetzt?

Kultur der Digitalität, oder: Worüber ist es wert, neu nachzudenken?

Was ist der nächste Schritt? Worüber ist es wert, nachzudenken? Was ist es wert, erzählt zu werden? Was soll ich berichten oder referieren?

Nach der Digitalisierung und der digitalen Transformation folgt für mich, wie für viele andere und auch diesmal wahrscheinlich nicht abschließend eine (oder die?) Kultur der Digitalität.

Digitalität bezeichnet – so Wikipedia – „die auf digital codierten Medien und Technologien basierenden Verbindungen zwischen Menschen, zwischen Menschen und Objekten und zwischen Objekten.“ Und jetzt wird’s spannend:

„Im Gegensatz zu den Begriffen der Digitalisierung oder der digitalen Transformation, die vor allem eine technologische Entwicklung bezeichnen, bezieht sich Digitalität viel stärker auf soziale und kulturelle Praktiken.“

Eine Kultur der Digitalität fragt also nach der (Entwicklung einer) Kultur sozialer Praktiken, die die auf digital codierten Medien und Technologien basierenden Verbindungen zeigt.

Welche Kultur zeigt sich aber? Welche Merkmale weist diese Kultur der Digitalität auf? Dazu hat Felix Stalder schon 2016 ein Buch verfasst, in dem er auf die drei Ebenen Referentialität, Gemeinschaftlichkeit und Algorithmizität abhebt, die er als „die charakteristischen Formen der Kultur der Digitalität [definiert], in der sich immer mehr Menschen, auf immer mehr Feldern und mithilfe immer komplexerer Technologien an der Verhandlung von sozialer Bedeutung beteiligen (müssen).“ Auf der Website zum Buch liest man, dass die Menschen damit auf die Herausforderungen einer chaotischen, überbordenden Informationssphäre reagieren (Komplexität) und zu deren weiterer Ausbreitung beitragen.

„Dies bringt alte kulturelle Ordnungen zum Einsturz und Neue sind bereits deutlich auszumachen. Felix Stalder beleuchtet die historischen Wurzeln wie auch die politischen Konsequenzen dieser Entwicklung. Die Zukunft, so sein Fazit, ist offen. Unser Handeln bestimmt, ob wir in einer postdemokratischen Welt der Überwachung und der Wissensmonopole oder in einer Kultur der Commons und der Partizipation leben werden.“

In einer Kultur der Digitalität bestimmt unser Handeln, wie wir leben werden.

Unser Handeln bestimmt, wie wir leben werden und wollen. War das nicht schon immer so? Ja und nein. Ja, weil Handlung immer Zukunft bestimmt. Und nein, weil erst in der Digitalität zunehmend mehr Menschen mitgestalten können und wollen. Jede*r kann einen Blog schreiben und der eigene Podcast ersetzt beinahe die eigene Adresse. „Wir“ ist damit jede*r einzelne von uns, in unserer Gesellschaft. Das ist neu.

Wir messen Dingen, Handlungen, sozialen Praktiken usw. in der Gemeinschaftlichkeit Wert bei. Wir bestimmen, was für uns Relevanz hat und was irrelevant ist. Kultur entsteht aus der Abwägung dessen, was für uns Relevanz hat und damit Wert-voll ist. Vielleicht ein etwas krasser Sprung, aber:

Wie bemisst man demnach den Wert einer sozialen Organisation? Oder anders: Was ist eine wert-volle soziale Organisation in einer Kultur der Digitalität?

Was ist eine wert-volle soziale Organisation in einer Kultur der Digitalität?

Auf die Frage komme ich am Frühstückstisch, an dem mir mein Vater von dem Verkauf eines Picassos für mehr als 100 Millionen Dollar aus der Zeitung berichtet. Ich erzähle ihm daraufhin vom Verkauf der digitalen jpeg.-Datei für 69 Millionen Dollar.

Dahinter steht dann die Frage, was wert-voll ist und wie kulturelle Werte geschaffen werden. Denn keins der beiden Bilder – das „echte“ ebenso wie das „digitale“ – verfügen über einen materiellen Gegenwert, der auch nur ansatzweise dem den beiden Kunstwerken beigemessenen Wert entspricht. Kurzer historischer Rückblick:

Bevor es Geld gab war ein Pferd drei Kühe wert, weil ich mit dem Pferd mehr anfangen konnte. Danach war ein Auto irgendwelche Geldmittel wert, die der Autoverkäufer dann wieder irgendwo gegen etwas anderes oder die Arbeitszeit von jemand anderem eintauschen konnte. Es wäre heute immer noch denkbar, dass ich mir meinen Geldbetrag bei der Bank gegen Gold auszahlen lasse, um einen materiellen Gegenwert (in Form von Gold) zu bekommen. Dabei geht es viel um Vertrauen, da auch der Papierschein und selbst das Gold nur einen ihm durch die Gesellschaft beigemessenen Wert besitzt. Wenn niemand Gold wollte wäre es egal, selbst wenn es ein seltenes Metall ist.

Soweit dieser Erzählstrang zum Thema Wert mal bis hierher.

Vor Kurzem hat Jeff Bezos, der Amazon-Chef, einen Teil seiner Aktien verkauft und dafür 6,7 Milliarden Dollar bekommen. Auch wenn uns seit Corona und irgendwelchen wie auch immer finanzierten Schulden des Staates das Wort „Milliarden“ kaum noch vom Hocker haut, ist eine Milliarde verdammt viel Kohle (die unsere Kinder irgendwie – neben den Kosten der Klimakatastrophe finanzieren müssen, anderes Thema). Insgesamt verfügt Bezos als reichster Mensch der Welt über 188 Milliarden Dollar. Der Wert von Amazon insgesamt beläuft sich auf etwa 800 Milliarden Euro (Apple war übrigens mal mehr als eine Billion Dollar wert, auch eine lustige Zahl).

Aber wie viel „wert“ ist eigentlich eine soziale Organisation, ein Träger, ein Verband? Und wie gelingt es, den Wert zu steigern und zu einer wert-vollen Organisation zu werden? Einen Caritas-Verband zu verkaufen ist irgendwie nicht richtig super und rechtlich aufgrund der Vereinsstruktur nicht möglich, auch wenn man vielleicht sogar Käufer*innen finden würde (Bezos vielleicht? Wobei, der gründet das lieber selber, guckst Du hier).

Mit Blick auf die Kultur der Digitalität und die Feststellung, dass unser heutiges Handeln bestimmt, wie wir leben und arbeiten werden, bestimmt unser heutiges Handeln auch, wie wir soziale Organisationen gestalten werden und wollen. Unser Handeln oder genauer: Das Handeln der Beteiligten und damit Dein Handeln bestimmt, wie wert-voll die Organisation, der Verband, die Einrichtung ist, in der Du arbeitest.

Damit besteht die Option, so zu bleiben, wie man ist (Werbeslogans für Diätwurst ploppen im Kopf auf). Es besteht aber genauso die Option, die Organisation durch gemeinsames, eigenes Handeln neu zu gestalten.

Everything is a remix und irgendwie bleibt alles anders

Grüße gehen raus an Herbert, vor allem aber an Benjamin. Herbert schreibt Lieder und Ben schreibt auf die Frage, was unter der Kultur der Digitalität verstanden werden kann:

„Everything is a remix!“

Das gefällt mir sehr gut, denn wir haben in unseren Organisationen, genau wie es uns in der Kultur der Digitalität in vielerlei Arten vorgelebt wird, die Wahl, zu mixen! Wir haben die Wahl, die Dinge, Strukturen, Regeln und Rituale, die Kommunikationswege und Prozesse neu zu mixen. Wir müssen nicht die dritte Hierarchieebene einziehen. Wir können die Abteilung zu- oder aufmachen. Wir müssen den Mitarbeiter*innen nicht vorschreiben, wann sie wie lange von wo arbeiten. Wir können das aber, wodurch sich der Wert ändert. Wir haben die Wahl.

Das, was uns davon abhält, neu zu mixen, sind unsere Glaubenssätze. Wir werden abgehalten von dem, wie wir glauben, dass eine Organisation und (soziale) Arbeit zu sein hat. Jaja, es gibt noch ein paar rechtliche Rahmenbedingungen, die das Leben sozialer Organisationen ebenfalls nicht zu einem Wunschkonzert machen. Aber mal ehrlich: Das sind oftmals nur ein paar wenige Punkte. Diese berechtigen nicht zur Pauschalkritik „Bei uns geht das aber nicht!“

In einer Kultur der Digitalität kommt Lebendigkeit nicht von außen und von oben schon dreimal nicht.

Oder als Fazit:

Den Wert sozialer Organisationen in einer Kultur der Digitalität bestimmen wir. Das, wonach wir in den Organisationen suchen, Innovation, Beweglichkeit, Anpassungsfähigkeit, Agilität… müssen wir selbst machen. Niemand wird dies vorgeben. Lebendigkeit kommt nicht von außen und von oben schon dreimal nicht.

Daraus folgt aber auch, dass es nicht die eine Kultur geben kann. In jeder Organisation kann und darf es viele, parallele Kulturen geben. Damit sind wir wieder am Anfang und ja, auch bei der VUCA-Welt: Viele Kulturen in einer Organisation erfordern Komplexitätssensibilität, Ambiguitätstoleranz und den Umgang mit Unsicherheit. Not so easy, aber mehr als wert-voll.

Viele Kulturen, der Umgang mit Komplexität und Dynamik, die Freiheit der Wahl, die sich daraus ergebende Verantwortung ebenso wie die sich daraus ergebende Verbundenheit zu dem, was man wirklich, wirklich tun will, sind Merkmale dieser New Work, die wir jetzt so dringend brauchen. Und das natürlich nicht nur in sozialen Organisationen. Soziale Organisationen aber könnten als Vorreiter vorangehen und zeigen wie eine wert-volle Kultur der Digitalität geht. Denn Gesellschaft gestalten und die Begleitung von Menschen hin zu Selbstbestimmung und Autonomie sind ureigenen Aufgaben sozialer Arbeit.


Und wie mache ich da jetzt nen Vortrag raus?

Geschäftsmodellinnovation sozialer Organisationen, oder: Neue Wege erfordern einen Blick zurück!

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Hier der tweet:

https://twitter.com/HendrikEpe/status/1372527464212226051

Der Beitrag erläutert, warum genau ich den Blick zurück für einen wesentlichen Ansatz erachte, wenn es um die Neuausrichtung sozialer Organisationen geht. Dazu wird kurz erläutert, was ein Geschäftsmodell ist und warum auch soziale Organisationen ein Geschäftsmodell haben. Daran anschließend wird dargelegt, warum es für soziale Organisationen wichtig ist, in einer digitalisierten Welt das Geschäftsmodell zu reflektieren um abschließend darauf einzugehen, warum der Blick zurück wesentlich ist für die Neuausrichtung zur Gestaltung einer lebendigen Zukunft.

Was ist und haben soziale Organisationen ein Geschäftsmodell?

Unter einem Geschäftsmodell ist die Grundlogik zu verstehen, die beschreibt, wie welcher Nutzen für die Nutzer* innen (in den meisten Unternehmen sind dies Kund* innen) und Stakeholder gestiftet wird. Folgende Elemente (die je nach Autor* in leicht variieren können) machen ein Geschäftsmodell aus (vgl. bspw. Affenzeller, P., 2016, 52):

  • In der Dimension der Nutzer* innen (Für wen?) sind die Nutzersegmente, die Nutzerkanäle und die Nutzerbeziehungen zu fassen.
  • Die Nutzendimension (Was?) beinhaltet die Leistungen der Organisation und der dadurch generierte Nutzen.
  • In der Wertschöpfungsdimension (Mit was?) beinhaltet die Ressourcen, die benötigten Fähigkeiten und die Geschäfts-, Management- und Unterstützungsprozesse.
  • Die Partnerdimension (Wer wird gebraucht?) beinhaltet die Partner, die Partnerkanäle und die Partnerbeziehungen.
  • Die Finanzdimension beinhaltet die Umsätze und die Kosten (Was kostet es und was verdienen wir daran?).

Ich habe hier nicht von Kund*innen gesprochen, da dieser Begriff in sozialen Organisationen schwierig ist. Die Betrachtung der zu beantwortenden Fragen macht jedoch unmittelbar deutlich, dass auch soziale Organisationen ein Geschäftsmodell und oftmals sogar mehrere Geschäftsmodelle haben.

Als Beispiel ist für eine stationäre Jugendhilfeeinrichtung zu klären, für wen welche Leistungen wie erbracht und wie damit Wirkung und Wert generiert werden kann. Das gilt auch für eine Drogenberatungsstelle. Dabei ergeben sich – um das Beispiel der Drogenberatung aufzugreifen – unterschiedliche Optionen – je nachdem, wie die Fragen beantwortet werden. In der Arbeit mit suchtkranken Jugendlichen werden andere Wege der Leistungserstellung gegangen als in der Arbeit mit älteren Menschen, wobei immer zu berücksichtigen ist, ob und wie mit der Arbeit nicht nur Wirkung im Sinne von Outcomes für die Nutzer* innen und Impact für die Gesellschaft, sondern auch monetärer Wert (zur Bezahlung der anfallenden Kosten) generiert werden kann.

Mehrere Geschäftsmodelle einer Organisation ergeben sich bspw. daraus, dass eine Jugendhilfeeinrichtung neben stationären und ambulanten Wohn- und Betreuungsformen auch Schulen und Werkstätten für die Ausbildung der Jugendlichen unterhält. Wohngruppen und Schulen bzw. Ausbildungsstätten generieren zwar für die gleiche Zielgruppe völlig unterschiedliche Nutzen, die wiederum völlig unterschiedlich bereitgestellt und finanziert werden.

Warum ist Geschäftsmodellinnovation in der digitalen Transformation auch für soziale Organisationen wesentlich

Vorab ist hervorzuheben, dass soziale Organisationen mit Blick auf die zukünftige Gestaltung ihres Geschäftsmodells weit weniger frei sind als Unternehmen der Privatwirtschaft. Zwar ist den Mitarbeiter*innen an der Basis sozialer Organisationen (und auch den anderen Verantwortlichen wie bspw. Führungskräften) mehr als bewusst, dass sie sich und ihr Geschäftsmodell wandeln müssen. Die Ertragsmechanik jedoch – „Wie wird Wert generiert?“ – hinkt den Notwendigkeiten hinterher: Die gesetzlichen Grundlagen, auf denen soziale personenbezogene Dienstleistungen finanziert werden, ändern sich nicht in der Geschwindigkeit, wie es für die Bedarfe der Nutzer*innen notwendig wäre. Zusammenfassend habe ich diese Problematik vor einiger Zeit beschrieben unter dem Titel „Wer zahlt bestimmt die Musik“ (hier wird auch die Kundenorientierung als Problem sozialer Arbeit aufgegriffen)!

ABER: Die damit einhergehende Problematik entlastet soziale Einrichtungen nicht von der Notwendigkeit, ihr Geschäftsmodell soweit möglich im Sinne ihrer Nutzer*innen auszugestalten. Sich darauf auszuruhen, dass „man ja nichts machen kann, weil die da oben die Gesetze nicht ändern…“ ist der sichere Weg zur Schließung der Organisation.

Für mich zeigen sich mindestens drei Gründe, warum das Geschäftsmodell auch sozialer Organisationen immer wieder infrage gestellt und angepasst werden muss:

a) Soziale Organisationen sind hochgradig innovativ, da es ihnen immer wieder gelingt, die doch oftmals starren Rahmenbedingungen so zu nutzen, dass die Nutzer*innen wirklich etwas von der angebotenen Leistung haben, der outcome also entsprechend groß ist. Wenn die Mittel vorhanden und die (gesetzlichen) Hürden gering sind, kann ja jeder innovative Geschäftsmodelle entwickeln. Soziale Organisationen müssen das auch unter widrigen Bedingungen immer wieder für ihre Nutzer* innen leisten (und leisten dies auch). Vielleicht sollten wir beginnen, uns selbst dieses Narrativ innovativer sozialer Organisationen zu erzählen…

b) Soziale Organisationen sind oftmals gezwungen, ihr im Grunde funktionierendes Geschäftsmodell eben aufgrund der Anpassung gesetzlicher Rahmen und damit der Änderung der Ertragsmechanik neu zu gestalten. Die Entwicklungen des Bundesteilhabegesetzes sind da ein gutes Beispiel: Viele Einrichtungen, die bspw. Angebote für Menschen mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen im Rahmen der Eingliederungshilfe bereithalten, sind massiv damit konfrontiert, sich neu auszurichten, ihre Angebotsstrukturen neu auszugestalten und damit ihre Geschäftsmodell in einigen Bereichen zu entwickeln.

c) Hinzu kommt (neben anderen Megatrends) die digitale Transformation als ausschlaggebend für eine Neuausrichtung des Geschäftsmodell. Spätestens seit dem großen C wird selbst in der Sozialwirtschaft (fast 😉 niemand mehr bezweifeln, dass „in der digitalen Transformation (…) etablierte Unternehmen vor der Herausforderung [stehen], sich in einem umfassenden Sinn neu zu erfinden. Dies reicht von der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle über das Neudenken von Innovationsstrategien und Produktionsprozessen bis hin zur Einführung neuer Organisationsformen von Arbeit. [mfn]Boes, A. et. al (2021): Empowerment in der agilen Arbeitswelt – ein Schlüssel für die nachhaltige Gestaltung neuer Arbeitsformen. In: Arbeit in der digitalisierten Welt – Praxisbeispiele und Gestaltungslösungen aus dem BMBF-Förderschwerpunkt. Wilhelm Bauer · Susanne Mütze-Niewöhner · Sascha Stowasser · Claus Zanker · Nadine Müller (Hrsg.). Wiesbaden, Springer.[/mfn] Bspw. lassen sich die zunehmend digitale Kommunikation (mit Nutzer* innen und unter den Professionellen), die zunehmend digitale Daten- und Informationsverarbeitung (bspw. Nutzung von Daten für Planung, Auswertung und Wirkungsmessung, Falldokumentation…) und die zunehmende Digitalisierung der sozialen, personenbezogenen Dienstleistungen selbst anführen, die in der Sozialen Arbeit von der digitalen Transformation tangiert und transformiert werden [mfn]vgl. Apollonio, L. et al., (2020): Digitale Arbeitswelten von helfenden Berufen – Notwendige Skills und Kompetenzen für eine zukunftsgewandte Arbeit in sozialen Unternehmen. Regensburg: Walhalla[/mfn].

Die Notwendigkeit der Anpassung des Geschäftsmodells im Zuge der Entwicklungen der digitalen Transformation ist jedoch besonders relevant, da branchenfremde Organisationen zunehmend Geschäftsmodelle etablieren, die die traditionellen sozialwirtschaftlichen Player „alt aussehen“ lassen. In der Szene schon oft angeführte Entwicklungen wie Amazon.care, betreut.de oder auch Neugründungen wie die Etablierung neuer Modelle der ambulanten Pflege in den Niederlanden, die so nur durch die transparente Bereitstellung aller Informationen auf digitale Weise funktionieren kann, sind da nur die sichtbare Spitze des Eisbergs.

Unterhalb der Wasseroberfläche brodeln digitale Ideen, die ganze Arbeitsfelder infrage stellen. Und nein, damit meine ich nicht irgendwelche Pflegeroboter, die die „Pflege am Bett“ abschaffen werden – davon sind wir wirklich meilenweit entfernt. Ich meine vielmehr kleine, innovative Unternehmer* innen, die mit anderen (und nicht immer nur betriebswirtschaftlichen) Mitteln versuchen, soziale Probleme zu lösen. Der stetig wachsende und von der Politik hofierte Bereich des social entrepreneurships bringt neue Ideen voran und bereichert „den Markt“ sozialer Dienstleistungen. Ich meine aber auch große Unternehmen, die in und nach dem großen C feststellen werden, dass die Sozialwirtschaft eine finanziell attraktive Branche ist und mit neuen, digital getriebenen Geschäftsmodellen neue Wege geht. Plattformmodelle – als einfaches Beispiel – gibt es nicht nur bezogen auf die Pflege, sondern auch, bspw. unter dem Dach von IKEA, als haushaltsnahe Dienstleitung bei Taskrabbit.

Kurz (und alles andere als neu oder überraschend): Wenn soziale Organisationen nicht mit der Zeit gehen, gehen sie mit der Zeit.

Warum aber ist der Blick zurück wesentlich für die Geschäftsmodellinnovation zur Gestaltung lebendiger Zukünfte?

Alle oben angeführten Aspekte zeigen die (für die meisten Leser*innen wohl nicht neue) Notwendigkeit, warum soziale Organisationen gefordert sind, sich und damit ihr Geschäftsmodell immer wieder an veränderte Bedingungen anzupassen. Der letzte Punkt jedoch – die Auswirkungen der und die neuen Konkurrenzen durch die digitale Transformation – erfordert nicht mehr eine Anpassung, nichtm ehr die Optimierung, nicht merh nur „das Alte besser machen“. Es erfordert die wirklich innovative Neuausrichtung des Geschäftsmodells. Im St. Galler Management-Modell wird hier explizit zwischen Optimierung (als Anpassung des Bestehenden) und Innovation (als echte Neuerfindung) unterschieden.

Zwar ist nicht abzustreiten, dass tradierte, soziale Organisationen ebenfalls in der Lage sind, völlig neue Geschäftsmodelle „aus heiterem Himmel“ zu entwickeln und zu etablieren. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch eher gering. Es bedarf vielmehr der Auseinandersetzung mit entsprechenden Fragen, mit der eigenen Organisation, mit der Mission und der zukünftigen Strategie. Dabei ist die Frage, woher die Organisation kommt, erfolgsversprechend. Dazu zwei (plus x) Beispiele aus meiner jüngeren Vergangenheit:

Beispiel 1: In der Diskussion mit einer Organisation, die 1991, direkt nach der Wende, für Senior*innen gegründet wurde, die aufgrund der Umbrüche im ostdeutschen Arbeitsmarkt in die Arbeitslosigkeit bzw. den nicht freiwilligen Vorruhestand gerutscht waren, ergab sich, dass genau dieser Fokus im Jahr 2021 wieder zukunftsweisend ist. So ist davon auszugehen, dass die Arbeitslosigkeit gerade bei den weniger gut ausgebildeten Menschen mittleren und höheren Alters aufgrund der Auswirkungen der Pandemie steigen wird. Hinzu kommen die Auswirkungen einer zunehmend digitalisierten Welt: Roboterisierung substituiert zunehmend die Tätigkeiten insbesondere (aber nicht nur) der weniger gut ausgebildeten Menschen. Beide Entwicklungen führen dazu, dass wir – so meine Prognose – immer mehr Menschen im Alter von 50+ sehen werden, die ihre Arbeit aufgrund der Pandemie verloren haben und aufgrund fehlender digitaler Skills keine neue Arbeit finden werden. Es mag sogar sein, dass wir uns diese Menschen als Gesellschaft „leisten“ könnten und unser Wohlstand nicht merklich sinken würde. Ob wir uns diesen Umgang mit Menschen jedoch leisten wollen und ob es menschenwürdig ist, dass diese Menschen ihrem Schicksal in der Selbstunwirksamkeit überlassen werden, ist mehr als fraglich.

Genau dies jedoch eröffnet völlig neue Perspektiven für den Verein in der Gestaltung der Angebote: Nicht mehr die zweifellos wichtigen Kurse Fahrradfahren, Schach und Häkeln und die Frage, wie diese digital gestaltet werden können, sind im Fokus, sondern die Bedarfe der Kernzielgruppe: Die Vermittlung digitaler Kompetenzen (welche genau?) und vor allem die Ermöglichung von Selbstwirksamkeitserfahrungen zeigen neue Angebotsoptionen auf. So kann der Schweißer oder Maschinenschlosser mit den Jugendlichen die Schwalbe reparieren oder die Schneiderin (oder der Schneider) kann mit den Kids, Jugendlichen oder wer sonst noch mag eigene Klamotten designen. Hier ließen sich die Verbindungen zu dem, was „New Work“ ausmacht, vertiefen, dazu dient der Beitrag aber nicht.

Das zweite Beispiel bezieht sich auf einen größeren Träger, der unterschiedliche Angebote im Bereich der Suchthilfe bereitstellt. Hier war ich vor einiger Zeit in der Strategieentwicklung (noch vor Corona…) eingebunden. Insbesondere dann, wenn es sich um eine etablierte Einrichtung handelt, ist es oftmals nicht leicht, die verständlicherweise recht umfassend formulierte Vision in greifbare Themen und Schritte herunterzubrechen, die als strategische Themen dienen. Als jedoch der Gründer der Organisation seine Beweggründe zur Gründung der Institution sehr anschaulich und emotional dargelegt hat, wurde regelrecht spürbar, welche Themen auch und gerade in Zukunft zu bearbeiten sind. Auch hier zeigt sich, dass der Fokus auf die Zielgruppe im Laufe der Jahre aus dem Blick zu geraten droht, dies aber Antrieb für die Gründung der Organisation ist. Kein*e Gründer*in einer sozialen Einrichtung – die ich bislang kennengelernt habe – geht diesen Schritt, um damit reich zu werden. Es geht immer um das Wohl bestimmter Zielgruppen.

Das dritte der beiden Beispiele 😉 bezieht sich auf die für mich gerade neue und spannende Arbeit mit Bildungseinrichtungen – konkret Volkshochschulen. Hier bin ich in mehreren Projekten eingebunden, in denen es um die Entwicklung völlig unterschiedlich großer Organisationen in Richtung (auch, aber nicht nur) digitale Zukunft geht. Und auch hier ist es spannend, nicht allein auf die Frage zu schauen, welche „digitalen Angebote“ denn aus dem Boden gestampft werden könnten. Vielmehr ist die Mission, also der Zweck der Institution in den Blick zu nehmen: Wozu sind Volkshochschulen angetreten? Wer ist Hauptzielgruppe? Wer könnten neue Zielgruppen sein? Und welche Angebote folgen daraus?

Und zu den konkreten Angeboten ist wichtig zu betonen, dass neue Angebote, personenbezogene Dienstleistungen, Bildungsprogramme oder was auch immer in der Kultur der Digitalität nicht zwingend digital sein müssen. Vielmehr sollte die Frage im Vordergrund stehen, wie das Angebot gestaltet ist: Gemeinsam mit den Nutzer*innen, offen, transparent, vielfältig, kollaborativ oder kreativ sind hier Stichworte, die für ein Verständnis einer digitalisierten Welt richtungsgebend sind.

Gelebte Kultur der Digitalität sozialer Organisationen

Und ganz konkret kann es bspw. für einen sozialen Träger auf dem Land Sinn machen, die Gebäude, die so oder so vorhanden sind, in einen Coworking-Space zu verwandeln oder Programme zu starten, die ältere Menschen mit tollen Kompetenzen in ihrer Selbstwirksamkeit stärken, indem sie jüngeren Menschen Häkeln, Schrauben, Kochen, Backen, Schreinern, Schweißen… beibringen. Vielleicht brauchen wir in der Gesellschaft der Zukunft Fähigkeiten, die wir in den letzten Jahren als „veraltet“ abgetan haben. Diese Herangehensweise ist „gelebte Digitalität“ im Gegensatz zur nächsten dollen App, die niemand wirklich braucht.

Du siehst: Es lohnt sich, zunächst zurückzublicken und dann daraus die Zukunft der kommenden Welt zu gestalten.