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Social Work Future Skills, oder: Welche Kompetenzen brauchen wir in der Zukunft?

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Puh, so viele englische Wörter, da wird einem ganz schwummrig. Aber im Zuge eines Workshops befasse ich mich gerade mit der Frage, welche Zukunftskompetenzen, welche Future Skills, für die Soziale Arbeit notwendig sind und wie es gelingen kann, diese zu entwickeln.

Hier will ich versuchen, meine Gedanken dazu etwas zu sortieren und Ideen zu generieren, die – aus meiner Sicht – zukünftig für die Soziale Arbeit relevant sind. Dazu werde ich auf die Diskussion rund um den Begriff der Future Skills eingehen, die Diskussionen zusammenführen und daran anschließend den Übertrag auf die Soziale Arbeit versuchen.

Hintergrund ist auch, dass mein Beitrag zu den „14 wichtigsten Kompetenzen für Soziale Arbeit und was das mit der Zukunft der Gesellschaft zu tun hat“ der mit Abstand meistgelesene Beitrag auf meinem Blog ist. Die Befassung mit den für Soziale Arbeit benötigten Kompetenzen scheint somit hoch relevant zu sein. Das könnte – so eine These – auch daran liegen, dass Sozialarbeiter_innen immer das Gefühl haben, „nichts so richtig“ zu können (was ich im Übrigen für ziemlichen Quatsch halte, im Gegenteil sogar).

Mit Blick auf die Future Skills ist schon zu Beginn darauf zu verweisen, dass die Diskussionen um Future Skills umfänglich und alles andere als einheitlich, empirisch gesichert und damit abschließend sind. Als weitere Herausforderung kommt hinzu, dass auch „die Soziale Arbeit“ kaum fassbar ist, da wir über eine Disziplin sowie Profession (really?) sprechen, die enorm ausdifferenziert ist.

Somit: Lass Dich auf eine Reise ein, die vielleicht spannend, vielleicht verwirrend und sicherlich nicht zu einem für alle gleichen Ziel führt. Es gilt vielmehr, immer wieder, in Schleifen, für Dich zu reflektieren, was in Zukunft für Dein Arbeitsfeld und Deine persönliche Entwicklung relevant werden wird. Denn – frei nach Tiger und Bär:

„Die Zukunft ist nie dort, wo man sich befindet.“

Future Skills – was ist das eigentlich?

„Future Skills werden definiert als Fähigkeiten, die in den nächsten fünf Jahren für das Berufsleben und/oder die gesellschaftliche Teilhabe deutlich wichtiger werden – und zwar über alle Branchen und Industriezweige hinweg.“

Dann ist alles klar, oder?

Nicht ganz, glaube ich, denn diese Definition oben ist „nur“ die Definition des Stifterverbands, die in einer gemeinsamen Arbeit mit McKinsey (you know, Konkurrenz von mir) entstanden ist. Das zeigt bereits ein Problem:

Future Skills werden vornehmlich aus der Perspektive von Unternehmen gedacht. „Was brauchen wir perspektivisch für Fähigkeiten unserer „Humanressourcen“, damit unser Laden weiter läuft?“ Der Stifterverband selbst schreibt, dass deren Arbeiten zu Future Skills davon ausgehen, dass „für Future Skills zwar bereits eine Reihe von Kompetenzkategorisierungen entwickelt wurden (…), aber die aktuellen Kompetenzbedarfe der deutschen Unternehmen dort bislang kaum adressiert sind.“

Schon in diesem Satz zeigt sich – neben der Unternehmensfokussierung – eine Paradoxie: Wenn die aktuellen Kompetenzbedarfe kaum adressiert sind, hat das wenig mit Future zu tun, oder übersehe ich etwas?

Die angesprochenen weiteren Kompetenzkategorisierungen im Bezug zu Future Skills finden sich übrigens unter anderem bei der OECD, dem World Economic Forum oder dem McKinsey Global Institute.

Zusammenfassend zeigt sich eine bunte Diskussion zum Thema, die immer kritisch zu beleuchten ist: Wer definiert hier was als Kompetenzen der Zukunft und vor allem: Warum?

Ach ja, „kritisch beleuchten“ würde ich vielleicht schon hier als eine der Future Skills bezeichnen:

Nur weil Klaus irgendwas im Internet gefunden hat, muss das nicht stimmen!

https://cdn.unitycms.io/images/4EvIaY2dK7kBB_Ik_1Oth0.jpg?op=ocroped&val=2001,2000,1000,1000,0,0&sum=6hhMv___zv4

Zur Komplexitätsreduktion in diesem Beitrag werde ich die folgende Definition von Future Skills von Ehlers (2020, 57) zugrundelegen:

Future Skills werden hier als Kompetenzen definiert, „die es Individuen erlauben in hoch emergenten Handlungskontexten selbstorganisiert komplexe Probleme zu lösen und (erfolgreich) handlungsfähig zu sein. Sie basieren auf kognitiven, motivationalen, volitionalen sowie sozialen Ressourcen, sind wertebasiert, und können in einem Lernprozess angeeignet werden.“

Aus dieser Definition folgend wird davon ausgegangen, dass sich unsere Welt auch in Zukunft nicht „einfacher“, sondern zunehmend dynamisch und damit komplexer entwickeln wird. Damit ist es kaum möglich, Kompetenzen als einmal gelernt und feststehend zu definieren. Die Entwicklungen verdeutlichen vielmehr die Notwendigkeit des kontinuierlichen Lernens (s.u.). Dies gilt auch und insbesondere für Fachkräfte der Sozialen Arbeit. .

Wesentlich in der obigen Definition erscheint mir der Begriff der Emergenz:

„Insbesondere solche Handlungskontexte, die hochemergente Entwicklungen von Lebens-, Arbeits-, Organisations- und Geschäftsprozessen aufweisen, benötigen Future Skills zur Bewältigung der Anforderungen. Emergenz definiert also die Trennlinie, die bisherige oder traditionelle Arbeitsbereiche und zukünftige Arbeitsbereiche voneinander abgrenzt.“

Emergenz ist erläuterungsbedürftig:

Emergenz sagt, dass aus Unordnung oder auch „aus dem Nichts“ selbstorganisiert neue und geordnete Strukturen in und von Systemen entstehen. Auf der Mikro-Ebene kann man sich das gut vergegenwärtigen, wenn man an die Begegnung von zwei unbekannten Menschen denkt: Aus ihrem „jeweils individuellen Verhaltens-Repertoire (das wiederum durch „Persönlichkeit“, „Lebenserfahrung“ etc. beeinflußt wird)“ (Klick) bildet sich selbstorganisiert ein für dieses Paar spezifisches Interaktionsmuster heraus, das beobachtet, beschrieben und rekonstruiert werden kann. Das Interaktionsmuster ist aber „weder durch die individuellen vorherigen Verhaltensweisen noch durch Gesellschaft, Kultur etc. allein bestimmt“ (ebd.).

Auf der Organisationsebene zeigt sich, dass eine Unterdrückung von der Möglichkeit zur Emergenz, bspw. durch rigide Führung von oben, durch Verhinderung von Diversität, durch Nachbesetzung von Stellen durch Personen mit immer gleichen Eigenschaften etc., es dazu kommen kann, dass Fortschritt, Lernen und Innovation der Organisation nicht mehr möglich sind. Man „schmorrt im eigenen Saft“, ohne neue Entwicklungen.

Auf individueller Ebene ist bezogen auf die Future Skills hervorzuheben, dass es innerhalb dieser emergenten Handlungskontexte um die Lösung komplexer Probleme und die Notwendigkeit geht, handlungsfähig zu bleiben und nicht in „Schockstarre“ zu verfallen. Handlung und Problemlösung stehen vor dem Erwerb von „Fachwissen“:

„In Bezug auf Fachkompetenz und Wissensbestände zeigt die Future Skills Studie, dass sich in vielen Organisationen immer mehr die Erkenntnis durchsetzt, dass die Fähigkeit (…) zur Selbstinitiative, also dem Nachgehen und Umsetzen der (…) Impulse und Ideen und die damit eng verbundene Selbstkompetenz eine gleichwertige, wenn nicht vielleicht sogar wichtigere Rolle spielt als das Fachwissen“ (Ehlers, 2020, 16).

Der Blick auf die Arbeitsfelder Sozialer Arbeit zeigt, dass Emergenz und damit die Neubildung von Strukturen und Mustern in Systemen nicht nur Alltag ist (bspw. in der Begegnung der Sozialarbeiter_innen mit immer neuem Klientel), sondern sogar als Zweck Sozialer Arbeit definiert werden kann. Als Beispiel gilt es in der Gemeinwesenarbeit, die Voraussetzungen zu schaffen, dass sich neue Strukturen innerhalb der Quartiere (selbstorganisiert) gestalten können.

Aber jetzt etwas konkreter:

Welche Future Skills gibt es?

Noch einmal: Hintergrund dieser Ausführungen sind die Überlegungen ausgehend von der „NextSkills Studie“ , die Ehlers in dem o.g. Buch darlegt (vgl. näher ebd., 31ff). Ich nutze die Ausführungen von Ehlers auch vor dem Hintergrund, dass Beloch (2020, 73) diese als „in hohem Maße anschlussfähig für die Soziale Arbeit“ sieht.

Die Ergebnisse der Studie kommen übergreifend zu drei Dimensionen, anhand derer die Future Skills strukturiert werden (ebd., 61):

  1. „Individuell-entwicklungsbezogene Future Skills, die sich auf die Entwicklungsfähigkeit der eigenen Person beziehen, hier individuell-entwicklungsbezogene Kompetenzen genannt,
  2. solche Future Skills die sich auf den Umgang mit bestimmten Gegenständen, Arbeitsaufgaben und Problemstellungen beziehen, hier individuell-objektbezogene Kompetenzen genannt, und
  3. solche Future Skills, die sich auf den Umgang mit der sozialen, organisationalen und institutionellen Umwelt beziehen, hier als organisationsbezogene Kompetenzen bezeichnet.“

Im Folgenden werde ich die Kompetenzen aufgrund des damit einhergehenden Aufwands nicht in der Tiefe beschreiben (vgl. dazu Ehlers, 2020, 63ff), sondern zunächst nur auflisten und die kurze Erläuterung aus der tabellarischen Übersicht von Ehlers (ebd., 94ff) einsetzen, um sie dann im nächsten Schritt übergreifend in Verbindung zur Sozialen Arbeit zu setzen.

Kompetenzfeld I: individuell-entwicklungsbezogene Future Skills

Subjekt-entwicklungsbezogene Kompetenzen umfassen die Fähigkeiten im eigenen Professions- Umfeld subjektiv handlungsfähig und aus sich heraus, selbstgesteuert lernen und sich entwickeln zu können. Dabei spielen eine hohe Autonomie, Selbstkompetenz, Selbstwirksamkeit und Leistungsmotivation eine wichtige Rolle.

  • Future Skill Profil #1: Lernkompetenz

Lernkompetenz ist die Fähigkeit und Bereitschaft zum Lernen, insbesondere zum selbstgesteuerten Lernen. Sie erstreckt sich auch auf metakognitive Fähigkeiten.

  • Future Skill Profil #2: Selbstwirksamkeit

Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung und das Selbst-)Bewusstsein dafür, die zu bewältigenden Aufgaben mit den eignen Fähigkeiten umsetzen zu können, dabei Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen treffen zu können.

  • Future Skill Profil #3: Selbstbestimmtheit

Selbstbestimmungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit, im Spannungsverhältnis von Fremd- und Selbstbestimmung produktiv zu agieren und sich Räume zur eigenen Autonomie und Entwicklung zu schaffen, sodass die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse in Freiheit und selbstbestimmt angestrebt werden kann.

  • Future Skill Profil #4: Selbstkompetenz

Selbstkompetenz ist die Fähigkeit, eigene persönliche und berufliche Entwicklung weitgehend unabhängig von äußeren Einflüssen zu gestalten. Dazu gehören Teilkompetenzen wie zum Beispiel selbständige Motivation, Zielsetzung, Planung, Zeitmanagement, Organisation, Lernfähigkeit und Erfolgskontrolle durch Feedback, aber auch Cognitive Load Management und eine hohe Eigenverantwortlichkeit.

  • Future Skill Profil #5: Reflexionskompetenz

Reflexionskompetenz umfasst die Bereitschaft und Fähigkeit zur Reflexion, also die Fähigkeit, sich selbst und andere zum Zweck der konstruktiven Weiterentwicklung hinterfragen zu können sowie zugrundeliegende Verhaltens-, Denk- und Wertesysteme zu erkennen und deren Konsequenzen für Handlungen und Entscheidungen holistisch einschätzen können.

  • Future Skill Profil #6: Entscheidungskompetenz

Entscheidungskompetenz ist die Fähigkeit, Entscheidungsnotwendigkeiten wahrzunehmen sowie mögliche alternative Entscheidungen gegeneinander abzuwägen, eine Entscheidung zu treffen und diese auch zu verantworten.

  • Future Skill Profil #7: Initiativ- und Leistungskompetenz

Initiativ- und Leistungskompetenz ist die Fähigkeit zur Selbstmotivation sowie der Wunsch, etwas beizutragen. Beharrlichkeit und Zielorientierung formen die Leistungsmotivation. Zusätzlich spielt ein positives Selbstkonzept eine Rolle, sodass Erfolge und Misserfolge in einer Weise attribuiert werden, die nicht zur Senkung der Leistungsmotivation führen.

  • Future Skill Profil #8: Ambiguitätskompetenz

Ambiguitätskompetenz ist die Fähigkeit Vieldeutigkeit, Heterogenität und Unsicherheit zu erkennen, zu verstehen und produktiv gestaltend damit umgehen sowie in unterschiedlichen Rollen agieren zu können.

  • Future Skill Profil #9: Ethische Kompetenz

Ethische Kompetenz umfasst die Fähigkeit zur Wahrnehmung eines Sachverhalts beziehungsweise einer Situation als ethisch relevant einschließlich ihrer begrifflichen, empirischen und kontextuellen Prüfung (wahrnehmen), die Fähigkeit zur Formulierung von einschlägigen präskriptiven Prämissen zusammen mit der Prüfung ihrer Einschlägigkeit, ihres Gewichts, ihrer Begründung, ihrer Verbindlichkeit und ihrer Anwendungsbedingungen (bewerten) sowie die Fähigkeit zur Urteilsbildung und der Prüfung ihrer logischen Konsistenz, ihrer Anwendungsbedingungen und ihrer Alternativen (urteilen).

Kompetenzfeld II: Individuell objektbezogene Future Skills

In einer zweiten Gruppe von Kompetenzen befinden sich sogenannte individuell-objektbezogene Fähigkeiten. Dies sind Fähigkeiten, die sich darauf beziehen in Bezug auf bestimmte Gegenstände, Themen und Aufgabenstellungen kreativ, agil, analytisch und mit hohem Systemverständnis zu agieren, auch unter hochgradig unsicheren und unbekannten Bedingungen.

  • Future Skill Profil #10: Design Thinking-Kompetenz

Design Thinking-Kompetenz ist die Fähigkeit in einem gegebenen Kontext und in Bezug auf einen bestimmten gegebenen Gegenstand (Objekt) kreativ Veränderungen anzustreben, Rahmenbedingungen und Anforderungen des jeweiligen Kontexts wahrzunehmen und zu analysieren, daraus Ideen zu generieren und Handlungen abzuleiten. Dabei spielen Interdisziplinarität, die Fähigkeit zum Perspektivwechsel und Flexibilität in der Lösungssuche sowie Offenheit verschiedenen Ansätzen gegenüber einer besonders wichtigen Rolle.

  • Future Skill Profil #11: Innovationskompetenz

Innovationskompetenz ist die Fähigkeit und Bereitschaft zu experimentieren, und dabei kreativ Neues und vorher Unbekanntes zu schaffen, indem Assoziation, Dekonstruktion und Konstruktion genutzt werden.

  • Future Skill Profil #12: Systemkompetenz

Systemkompetenz ist die Fähigkeit und Bereitschaft, einzelne Phänomene als einem größeren System zugehörig zu erkennen, Systemgrenzen und Teilsysteme sowohl zu identifizieren als auch sinnvoll zu bilden, die Funktionsweise von Systemen zu verstehen und aufgrund der Kenntnis der Veränderungen einzelner Systemkomponenten Vorhersagen über die weitere Entwicklung des Systems zu machen sowie deren Umsetzung und Anwendung in verschiedenen Situationen und Kontexten. Dazu gehört auch die Fähigkeit sich an Systembedingungen anpassen zu können, um in einem System in gewünschtem Maße agieren zu können.

  • Future Skill Profil #13: Digitalkompetenz

Digitalkompetenz ist die Fähigkeit, digitale Medien zu nutzen, produktiv gestaltend zu entwickeln, für das eigene Leben einzusetzen und reflektorisch analytisch ihre Wirkungsweise zu verstehen sowie die Kenntnis über die Potenziale und Grenzen digitaler Medien und ihrer Wirkungsweisen.

Kompetenzfeld III: Organisationsbezogene Future Skills

In einer dritten Gruppe befinden sich Kompetenzen, die sich auf den Umgang mit der sozialen, organisationalen und institutionellen Umwelt beziehen. Hierzu gehören Fähigkeiten wie Sinnstiftung und Wertebezogenheit, die Fähigkeit, Zukünfte gestaltend mitzubestimmen, mit anderen zusammenzuarbeiten und zu kooperieren und in besonderer Weise kommunikationsfähig, kritik- und konsensfähig zu sein.

  • Future Skill Profil #14: Sensemaking

Sensemaking (Sinnstiftung) beschreibt den Prozess, mit dem Menschen, den über die Sinne ungegliedert aufgenommenen Erlebnisstrom in sinnvolle Einheiten einordnen. Je nach Einordnung der Erfahrung kann sich ein unterschiedlicher Sinn und damit eine andere Erklärung für die aufgenommenen Erlebnisse ergeben. Es ist insbesondere die Fähigkeit, in unterschiedlichen (organisationalen) Kontexten einerseits Strukturen und Werte zu erkennen und andererseits Erfahrungen und Wahrnehmungen produktiv und positiv in für sich sinnvolle Bedeutungen zu gliedern.

  • Future Skill Profil #15: Zukunfts- und Gestaltungskompetenz

Zukunftskompetenz ist die Fähigkeit mit Mut zum Neuen, Veränderungsbereitschaft und Vorwärtsgewandtheit die derzeit gegebenen Situationen in andere, neue und bisher nicht bekannte Zukunftsvorstellungen weiterzuentwickeln und diese gestalterisch anzugehen.

  • Future Skill Profil #16: Kooperationskompetenz

Kooperationskompetenz ist die Fähigkeit zur Zusammenarbeit in Teams, auch interkulturell, in Präsenzinteraktion oder durch Zuhilfenahme von Medien, innerhalb oder zwischen Organisationen, Zusammenarbeit so zu gestalten, dass bestehende Differenzen in Gemeinsamkeiten überführt werden können. Dabei spielen soziale Intelligenz, Offenheit und Beratungskompetenz eine wichtige Rolle.

  • Future Skill Profil #17: Kommunikationskompetenz

Kommunikationskompetenz umfasst neben sprachlichen Fähigkeiten auch Diskurs-, Dialog- und strategische Kommunikationsfähigkeit, um in unterschiedlichen Kontexten und Situationen situativ angemessen erfolgreich kommunikativ handlungsfähig zu sein.

Social Work Future Skills

Und? Hast Du die Kompetenzen „durchgearbeitet“? Spannend, oder?

Für mich insbesondere spannend, wenn man den unmittelbaren Bezug herstellt zu der Frage:

„Wo stehen wir in der Sozialen Arbeit in Bezug auf diese Kompetenzen?“

Für mich gibt es ein auf mehreren Ebenen sehr differenziertes Bild, das ich hier nur zusammenfassend wiedergeben kann:

Was fehlt?

Kritisch anzumerken ist, dass die für die Soziale Arbeit handlungsleitende Perspektive der Nutzer_innen im Future Skills Modell von Ehlers kaum berücksichtigt wird.

Einzig aus „Future Skill Profil #10: Design Thinking-Kompetenz“ lässt sich der in meinen Augen in den Sozialen Berufen dringend benötigte und ausbaufähige Perspektivwechsel hin zur Orientierung an den Bedarfen der Nutzer_innen oder, anders formuliert, hin zur Orientierung am „Willen anstatt am Wunsch“, wie Hinte im Konzept der Sozialraumorientierung ausführt (vgl. Hinte, 2019), ableiten.

Das ist nicht nur hinsichtlich der operativen Arbeit notwendig (bspw. Entwicklung von Angeboten unter Einbezug der Nutzer_innen), sondern auch hinsichtlich der politischen Lobbyarbeit bspw. der Wohlfahrtsverbände, die immer im Sinne der Nutzer_innen und nicht basierend auf dem eigenen Systemerhalt erfolgen sollte (und oft auch erfolgt).

Die Soziale Arbeit ist #FutureProfession

Auf den ersten Blick erscheinen die aufgezählten Future Skills überfordernd: „Das jetzt auch noch?“

Der zweite Blick zeigt jedoch, dass es sich bei den skizzierten Future Skills um Kompetenzen handelt, die sich als überfachliche und damit personale und sozial-kommunikative Kompetenzen definieren lassen: Es geht vornehmlich nicht um die Aneignung neuer Fachkompetenzen in einem spezifischen Feld. Vielmehr geht es übergreifend um die Aneignung von überfachlichen Sozial- und Selbstkompetenzen (vgl. näher dazu hier) für zukünftiges und damit – logisch – unbekanntes Handeln.

Die überfachlichen Sozial- und Selbstkompetenzen lassen sich als für profesionelles sozialarbeiterisches Handeln essentiell bewerten. So sind bspw. Fähigkeiten wie Kooperationsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Konfliktmanagement oder die Fähigkeit, die Gefühle, Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen (Empathie) wesentlich auf Ebene der Sozialkompetenzen wesentlich für die Soziale Arbeit. Auf Ebene der Selbstkompetenzen tauchen Fähigkeiten wie die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, die Fähigkeit, sich auf veränderte Umstände einzustellen, die Reflexionsfähigkeit, um u.a. eigene Stärken und Schwächen einschätzen können oder auch Kreativität hinzu, die ebenfalls aus der professionellen Sozialen Arbeit nicht wegzudenken sind.

Ohne in die Tiefe gehen zu können lässt sich damit behaupten (und diesen Begriff nutze ich sehr bewusst), dass Sozialarbeiter_innen bereits eine gute Grundlage auch in Bezug auf die Future Skills mitbringen.

Beloch (2020, 73) kommt zu einer ähnlichen Auffassung, wenn er unter Bezugnahme des Modells von Ehlers, jedoch mit explizitem Fokus auf die Digitalisierung, schreibt, dass „das Studium der Sozialen Arbeit mit der Vermittlung von klassischen Schlüsselkompetenzen bereits einen wichtigen Beitrag zur Vorbereitung auf die Digitalisierung“ leistet.

Nicht umsonst schreibe ich immer wieder gerne von der #futureprofession, wenn es um die Soziale Arbeit geht. Hier sei erneut auf den Beitrag zu den 14 wichtigsten Kompetenzen für Soziale Arbeit verwiesen.

Spoiler: Diese Kompetenzen sind es, die im Beitrag angesprochen werden:

  1. Zuhören können
  2. Sich in andere einfühlen können (Empathie)
  3. Mit anderen kooperieren können (Teamfähigkeit)
  4. Über sich und sein Arbeit reflektieren können (Reflexionsfähigkeit)
  5. Konflikte austragen können (Konfliktfähigkeit)
  6. Wissen, wo man wie, welche Ressourcen mobilisieren kann
  7. Sich schnell auf neue Situationen einstellen können
  8. Widersprüche aushalten können
  9. Sich entscheiden können (Entschiedenheit)
  10. Kritisch denken
  11. Sich distanzieren können
  12. Sich gut in Rechtsfragen auskennen
  13. Humor haben und einsetzen
  14. Über viel Fachwissen verfügen

Da zeigen sich schon einige Parallelen zu den obigen Future Skills, oder?

Noch etwas professioneller ausgedrückt schreibt Völter (2022, 45):

„Vom Grundsatz her könnten Sozialarbeitende aufgrund der Entstehungsgeschichte und der Wissensbestände ihrer Disziplin besonders gut auf die verunsichernden gesellschaftlichen Bedingungen der Postmoderne resp. der Risikogesellschaft (Beck, 1986) eingehen, nämlich kreativ und selbstreflektiert, ethnografisch, fall- und biografieorientiert. Sozialarbeitende sollten diesbezüglich selbstbewusst wissen, und auch dies gehört im Kern zur Professionalisierung dazu, dass ihre Anwendung einzelner Instrumente und Methoden nicht unilinear zum gewünschten Ziel und Erfolg führt (Luhmann, Schorr, 1982, nannten das: „Technologiedefizit“).

Und doch bleiben einige Aspekte offen und entwicklungsbedürftig, die ich im Folgenden kurz skizzieren will:

Ausruhen? Auf keinen Fall!

Man könnte aufgrund der Ausführungen zu den bereits vorhandenen Sozial- und Selbstkompetenzen in der Sozialen Arbeit schnell zum Schluss kommen, dass wir uns getrost zurücklehnen und die Zukunft schon entspannt auf uns zukommen lassen könnten.

Das ist aber bei Weitem nicht der Fall.

Allein die kurzen Statements aus Personalverantwortlichen in der sozialen Praxis, die darauf hinweisen, dass die Studierenden „nach dem Studium erstmal bei uns ausgebildet werden müssen“, zeigen den enormen Entwicklungsbedarf.

Die Ausbildung von Kompetenzen im Zuge der Digitalisierung hinkt an Hochschulen hinterher (auch wenn es inzwischen einige wirklich gute Entwicklungen gibt). Und wenn man den Weg weiter von der Digitalisierung hin zur Entwicklung von Kompetenzen für eine „Kultur der Digitalität“ geht, wird es zunehmend einsamer. Und:

Digitalisierung und Digitalität ist mit Blick auf die Zukunft bei Weitem nicht alles. Nicht umsonst taucht die Digitalkompetenz nur in Future Skill Profil #13 explizit auf. Future Skills ist mehr als Digitalkompetenz.

Die von Ehlers aufgeführten Kompetenzen lassen sich eine nach der anderen in den Blick nehmen und mit der Realität in der Sozialen Arbeit abgleichen.

Beispielhaft ist zu fragen, ob wir in der Branche die Fähigkeit und Bereitschaft haben, zu experimentieren und dabei kreativ Neues und vorher Unbekanntes zu schaffen, indem Assoziation, Dekonstruktion und Konstruktion genutzt werden (Innovationskompetenz)? Haben wir die Fähigkeit mit Mut zum Neuen, Veränderungsbereitschaft und Vorwärtsgewandtheit die derzeit gegebenen Situationen in andere, neue und bisher nicht bekannte Zukunftsvorstellungen weiterzuentwickeln und diese gestalterisch anzugehen (Zukunfts- und Gestaltungskompetenz)? Und so weiter, und so fort…

Und ja, manche Menschen in der Sozialen Arbeit haben diese Kompetenzen, ganz klar, aber es gilt, unsere Branche, das Sozialwesen, zukunftsfähig aufzustellen, damit die Beschäftigten auch in Zukunft ihre Arbeit möglichst gut, sinnstiftend und im Sinne der Verantwortung für Menschen und Gesellschaft machen können.

Future Skills in der Sozialen Arbeit ist doppelte Verantwortung

Ach ja, a propos Verantwortung für Menschen und Gesellschaft:

Wir beschäftigen uns ja nicht nur mit uns selbst. Oben hatte ich kurz angesprochen, dass der Fokus auf die Zielgruppe in den Future Skills nicht umfassend genug angesprochen wird.

Aber Soziale Arbeit hat ja immer einen „Bildungsauftrag“: Wenn es in der Sozialen Arbeit darum geht, „gesellschaftliche Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen“ zu fördern, wie es in der Definition Sozialer Arbeit sehr passend heißt, ist es Pflicht der Beschäftigten in der Sozialen Arbeit die Menschen auf dem Weg in eine wie auch immer geartete Zukunft zu begleiten.

Future Skills sind damit nicht nur für uns als Profession relevant, sondern auch mit Blick auf unsere Zielgruppen:

Wie gelingt es, die uns anvertrauten Menschen auf dem Weg zur Erlangung von Future Skills zu begleiten, damit diese auch in Zukunft autonom und selbstbestimmt leben können?

Der in der Definition Sozialer Arbeit formulierte Auftrag an die Soziale Arbeit sollte doch Anreiz genug sein, sich selbst mit Future Skills zu befassen?

Organizational Future Skills, oder: Strukturen zur Entwicklung von Future Skills

Abschließend will ich aber noch einen Aspekt aufgreifen, der nicht unerwähnt bleiben sollte:

So schreibt Beloch in seinem Fazit (2020, 73), dass „individuelle Kompetenzanforderungen nie losgelöst von den strukturellen Bedingungen, in denen die Individuen agieren, betrachtet werden“ dürfen.

Anders formuliert: Die Entwicklung von Future Skills kann und darf nicht allein den Menschen in der Sozialen Arbeit überlassen werden. Vielmehr braucht es auch strukturelle Rahmenbedingungen, innerhalb derer Future Skills entwickelt werden können.

Konkret geht es bei den strukturellen Bedingungen um die sozialen Organisationen: Solange soziale Organisationen nicht selbst ihre Zukunftsfähigkeit in den Blick nehmen und die Organisationsentwicklung aktiv und orientiert an der Wertschöpfung der Organisation gestalten, ist es müßig, von dem Mitarbeiter_innen zu verlangen, dass sie sich doch mal „innovativ, agil, open minded“ verhalten und an ihrem „Mindset“ arbeiten sollen. Die Verlagerung struktureller Probleme innerhalb von Organisationen auf einzelne Menschen kann und wird nicht gelingen. Dieses Vorgehen ist nicht nur übergriffig, sondern widerspricht zudem allen Erkenntnisses des Funktionierens sozialer Systeme.

Es gilt somit, „organizational future skills“ (netter Begriff, ich lasse mir den patentieren…) zu gestalten, was alle Aspekte zeitgemäßer Organisationsentwicklung umfasst. Hervorheben will ich aber den Aspekt der Ermöglichung von „New Learning“ bzw. die Ausbildung von „New Learning Ecosystems“ in und von Sozialen Organisationen. Hier aus Platzgründen nur der Hinweis auf einen Beitrag zu „New Learning in der sozialen Arbeit“.

Die Ermöglichung von Strukturen für New Learning braucht jedoch auch die Entwicklung politischer Rahmenbedingungen, die die Entwicklung von „Organizational Future Skills“ ermöglichen. Aufgegriffen habe ich den Aspekt in einem Beitrag, in dem ich die zwei gegensätzlichen Funktionslogiken von sozialen Organisationen auf der einen und den Kostenträgern auf der anderen Seite beschrieben habe: Soziale Organisationen sind darauf angelegt und angewiesen, Komplexität gestalten, immer wieder neu, schnell und „agil“ im besten Sinne agieren zu müssen. Hingegen agieren Kostenträger sicherheits- und kontrollorientiert. Sie „fokussieren in ihren Strukturen und Handlungsweisen auf Rechtmäßigkeit und Berechenbarkeit bei hoher Zuverlässigkeit, Effektivität und Effizienz“ (Klick).

Ohne die Möglichkeit, dass die Leistungsträger neue Wege gehen können und dürfen und diese neuen Wege auch refinanziert bekommen, wird eine zukunftsfähige Ausrichtung der Sozialen Arbeit nur unter großem Aufwand gelingen.

Ende und Anfang

Noch mal kurz:

Die Soziale Arbeit verfügt bereits über enorme Ressourcen und Kompetenzen zur Gestaltung der Zukunft.

Und gleichzeitig gilt es, den Fokus auf die Entwicklung von Future Skills explizit zu richten. Dies nicht nur aus dem Grund, die eigene Handlungsfähigkeit auch perspektivisch sicher zu stellen, sondern insbesondere für die Nutzer_innen Sozialer Arbeit.

Zur Entwicklung von Future Skills reicht es jedoch nicht, auf die Verantwortung jeder_s Einzelnen zu setzen. Vielmehr braucht es „Organizational Future Skills“ sowie „Social Systems Future Skills“. Damit gelingt auch dieses New Work – innerhalb Sozialer Organisationen und in der Gesellschaft als Ganzes.

Unabhängig davon aber plädiere ich dafür, dass es dringend Zeit ist, sich auf den Weg zu begeben – jede_r Einzelne, die Ausbildungsstätten für Soziale Arbeit sowie die darüber hinausgehend Politik und die von Sozialer Arbeit tangierten Funktionssysteme. Long way to go!

Aber die Beschäftigung mit den Möglichkeiten der Zukunft ist unglaublich spannend, macht Spaß und ist deutlich zielführender als das ewige Gejammer darüber, was warum wie nicht geht. Und ich gehe für mich davon aus, dass ich mich vertieft damit befasse, wie es bestmöglich gelingen kann, Future Skills zu entwickeln. Dranbleiben lohnt sich 😉


P.S.: Und wie gelingt es Dir, Deine Future Skills zu entwickeln? Wo siehst Du Chancen und Möglichkeiten in (Organisationen) der Sozialen Arbeit? Und wo steht Deine Organisation in Bezug auf „Organizational Future Skills“? Lass doch gerne einen Kommentar hier…

Quellen:

  • Beloch, F. (2020): Digital Literacy, Future Skills und Co. – Kompetenzprofile in einer digitalisierten Sozialen Arbeit. Unveröffentlichte Masterthesis, Münster.
  • Ehlers, U.-D. (2020): Future Skills, Zukunft der Hochschulbildung – Future Higher Education. Wiesbaden, Springer.
  • Hinte, W. (2019): Sozialraumorientierung – Grundlage und Herausforderung für professionelles Handeln. In: Fürst, Roland; Hinte, Wolfgang (Hrsg.): Sozialraumorientierung. Ein Studienbuch zu fachlichen, institutionellen und finanziellen Aspekten. Wien. S. 9 – 28.
  • Völter, B. (2022): Die Soziale Arbeit als zukunftsweisende Wissenschaft und Profession. In: Rüve, G., Altvater, P. (2022, Hrsg.): Strategische Entwicklung von Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. HIS-Institut für Hochschulentwicklung e. V., Hannover. S. 42 – 50.

Der New Work Gap, oder: Warum wir miteinander reden müssen!

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Im letzten Werkraum Zukunft, der dem Thema Jahresrück- und -ausblick gewidmet war, haben wir uns intensiv mit Fragen der Digitalisierung in der Pandemie auseinandergesetzt:

Wir haben übergreifend gesprochen: Wie gelingt Digitalisierung? Woher kommen Mittel zur Gestaltung der Digitalisierung? Und wir sind konkret abgetaucht: Gelingen hybride Veranstaltungen und wenn ja, wie? Wie akzeptiert ist Blended Counseling und warum zählt die Perspektive der Berater_innen nicht so sehr wie die Perspektive der Nutzer_innen? Wie lassen sich auch Blended Consulting Projekte in der Organisationsentwicklung neu und zielführend gestalten?

Worüber reden wir genau?

Diese und mehr Fragen haben eine grundlegende Herausforderung aufgezeigt, die (nicht nur) mit Fragen gelingender Digitalisierung einhergehen:

  • Worüber reden wir genau?
  • Wer versteht was genau unter dem Begriff der Digitalisierung?
  • Und wie kann es gelingen, ein gemeinsames Verständnis dessen herzustellen, um das es geht? Mehr noch:
  • Wie kann sich die Gesellschaft (gibt es sowas eigentlich?) hinsichtlich ihrer enorm weit auseinandergehenden digitalen Kompetenzen – dem digital gap – annähern?

Der New Work Gap

Die letzte Frage lässt sich erweitern auf grundlegende Herausforderungen unserer Gesellschaft, und nein:

Unsere Gesellschaft ist nicht gespalten. Vielmehr schreit ein kleiner Teil der Gesellschaft laut, weil er auf einfache Antworten auf hoch komplexe Fragen hofft. Diese einfachen Antworten kann es aber nicht geben. Und ich will hier nicht über irgendwelche Impfdebatten sprechen…

Aber: Es ist festzustellen, dass es Entwicklungen gibt, die enorm weit auseinandergehen:

Digitale Vorreiter entwickeln selbstfahrende Autos und haben seit Jahren ihre Organisation, für die sie arbeiten, nicht mehr von innen gesehen, wohingegen andere Bereiche der Gesellschaft und der Organisationen auf Teufel komm raus an analoger Präsenz festhalten und damit notwendige Entwicklung verhindern – der schon angesprochene digital gap.

Diesen gap gibt es aber auch in vielen anderen Bereichen:

So stelle ich in meiner eigenen Arbeit regelmäßig fest, dass es alles andere als selbstverständlich ist, sich mit „New Work“, mit Arbeits- und Lebenswelten der Zukunft zu befassen.

Das ist ein new work gap oder new work divide, wenn man so will…

In seiner je eigenen Blase herrscht die Vorstellung, dass alles so bleiben kann, wie es die letzten 30 Jahre war und man bestärkt sich gegenseitig, dass es so ist, wie es ist. Logisch bin ich davon überzeugt, dass dem nicht so ist, damit verdiene ich ja mein Geld 😉

Aber worauf will ich hinaus?

Denkräume gestalten, um Zukunft zu entwickeln

Ich will darauf hinaus, dass es Räume und Zeiten braucht, in denen wir uns aufeinander verständigen, neue Ideen entwickeln, miteinander in Kontakt kommen, Dialoge führen. Wir brauchen die Verständigung, um die gaps unserer Gesellschaft zu schließen.

Sabine spricht im Werkraum Zukunft ihren Wunsch für das Jahr 2022 aus:

Sie will Denkräume, um reflektieren zu können, was wirklich neu gedacht und dann auch gemacht werden muss. Eigentlich logisch: Wir können und werden – hoffentlich – nicht dahin zurück gehen, wo wir vor der Pandemie standen. Wir werden uns hoffentlich weiterentwickelt haben – nicht nur, was die Nutzung digitaler Tools oder irgendwelche New Work Ideen, sondern was unsere Gesellschaft betrifft.

Ich kann mich der Idee der Denkräume nur anschließen:

Es braucht Raum, um sich in den unterschiedlichen, oben skizzierten Feldern gesellschaftlicher und organisationaler Entwicklung zu verständigen:

  • Über was reden wir, wenn wir Thema XY ansprechen?
  • Was ist der Status Quo und wo wollen wir hin?
  • Wie könnte es dort, in dieser Zukunft, aussehen?
  • Und was müssen wir tun, damit wir die positive Zukunft gestalten?

Denn, so viel ist klar:

„Die Zukunft kann man am besten voraussagen, wenn man sie selbst gestaltet.“

Alan Kay

Slack, oder: Wir brauchen Fettpolster

Aber Denkräume zum Schließen der gaps brauchen Ressourcen. Zeit zum Denken braucht – genau – Zeit und Menschen, die sich auf neue Gedanken, Wege, Ideen und Unsicherheit einlassen.

Jedoch ist mit Blick auf Organisationen im Sozial- und Gesundheitswesen in der Pandemie festzustellen, dass keine freien Ressourcen, sogenannte Slack Ressources, vorhanden sind und waren, um Mehrbelastung abzufedern geschweige denn zum Neudenken und -machen anzuregen.

Unter Slack sind organisatorische „Fettpolster“ zu verstehen:

„Eine Armee hält sich Ersatzteile für Panzer auch dann vorrätig, wenn kein militärischer Konflikt bevorsteht. An zentralen Bahnhöfen unterhalten halten staatliche Verkehrsbetriebe Pools von Technikern, die komplizierte Fehlerquellen beseitigen können, auch wenn deren Qualifikationen nur selten nachgefragt wird. Ein Landkreis erklärt sich bereit Krankenhausbetten zu finanzieren, die nicht permanent gebraucht werden, um auf eine Katastrophe oder eine Pandemie eingestellt zu sein.“ so Stefan Kühl.

Noch einmal:

In Sozialen Organisationen fehlen diese Fettpolster. Soziale Organisationen agieren am Limit und viel weiter. Die Burnoutstatistik im AOK Fehlzeitenreport sagt alles: Wir sind Burnout-Spitzenreiter!

Overhead-Fettpolster

Aber die fehlenden Fettpolster zeigen sich nicht nur in der operativen Arbeit „am Menschen“, wo der Fachkräftemangel unsere Gesellschaft noch richtig hart treffen wird.

Fehlender Slack zeigt sich auch auf den Management-Ebenen der Organisationen: In Organisationen der Sozialen Arbeit sind keine Mittel zur Finanzierung eines angemessenen Overheads vorhanden, der in der Lage ist, die Zukunft der Organisationen zu gestalten.

Und nein, mit „angemessenem Overhead“ meine ich nicht das Business-Theater und die sinnlose Aufblähung von Abteilungen, die die Beschäftigung der Organisationen mit sich selbst fördern. Ja, natürlich braucht es Controlling und QM, aber bitte nicht als Fettpolster.

Wir brauchen vielmehr Slack verstanden als Ressourcen für Menschen und Möglichkeiten, die nicht in der operativen Arbeit untergehen. Wir brauchen Menschen und Möglichkeiten, um Zukunft zu denken, anzustoßen und zu gestalten – genau:

Wir brauchen Denkräume.

Als negatives Beispiel für fehlenden Overhead sozialer Organisationen sind die meisten Stabsstellen zum Thema Digitalisierung projektfinanziert. Während privatwirtschaftliche Organisationen den oder die CDO einstellen, ist in vielen, vor allem den kleinen und mittleren Organisationen, nach drei Jahren Schluss, Ende im Gelände, Schicht im Schacht mit Digitalisierung.

Wer Digitalisierung so denkt, hat eine zeitgemäße Kultur der Digitalität nicht im Ansatz verstanden.

Das muss sich ändern, dringend. Und ja, das ist ein Plädoyer an die Politik, in die Ressourcenausstattung sozialer Organisationen zu investieren.

Miteinander reden

Dazu aber – ich komme zum Miteinander reden zurück – ist wiederum gemeinsames Verständnis von Kostenträgern und Leistungserbingern erforderlich, um verstehen zu können, wer welche Herausforderungen zu bewältigen hat.

In einem der letzten Beiträge habe ich geschrieben, dass sich „die Codes und Funktionsweisen von Sozialen und Bildungsorganisationen (…) radikal von denen der Sozialleistungsträger und für Bildung zuständigen Amtsstrukturen [unterscheiden]. Die einen sind im Kern auf die Gestaltung von Komplexität, die anderen auf die regelbasierte Abarbeitung von (gesetzlichen) Vorgaben, Plänen und die Kontrolle der Einhaltung von Regeln ausgerichtet.“

Das passt (noch) nicht zusammen. Die Logiken der Systeme agieren diametral entgegengesetzt. Um zusammen Ressourcen für die Gestaltung der Zukunft zu generieren, muss es zunächst Zuhören, Verständigung geben. Denn Veränderung braucht Ressourcen. Und diese kommen in sozialen Organisationen nunmal nicht von den „Kunden“, sondern sind im Wesentlichen öffentliche Mittel.

Wenn wir aber wollen, dass unsere Gesellschaft über ein zukunftsfähiges, nicht nur system-, sondern lebensrelevantes Gesundheits- und Sozialwesen verfügt, müssen wir in die Entwicklung der Organisationen investieren. Denn klar ist:

Egal welche Veränderung, für die keine Mittel vorhanden sind und die mal eben so nebenbei gemacht werden soll, ist zum Scheitern verurteilt.


P.S.: Der nächste Werkraum Zukunft findet am 20.01.2022 statt. Hier kannst Du Dich zum Newsletter anmelden, um informiert zu bleiben.

P.P.S.: Interessant bzgl. des Zuhörens sind die vier Arten des Zuhören von Otto Scharmer.

Vor New Pay in der Sozialwirtschaft kommt New Anerkennung! Ein paar Gedanken…

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Der folgende Beitrag bezieht sich auf die Blogparade New Pay, die von Nadine Nobile, Stefanie Hornung und Sven Franke initiiert wurde.

Die Drei stellen verschiedene, mehr als spannende Fragen, die sich um das Thema Gehalt, Geld, Bezahlung, Anreize und vieles mehr in einer neuen Arbeitswelt drehen. Ich habe lange überlegt, wie ich die Fragestellungen im Kontext der Sozialwirtschaft aufgreifen kann, habe dazu bereits einen Beitrag geschrieben und lieber nicht veröffentlicht und will jetzt hiermit versuchen, zumindest einige Gedankengänge aus der Perspektive der Sozialwirtschaft mit einzubringen.

Warum aber fällt es mir so schwer, das Thema New Pay in Bezug auf die Sozialwirtschaft zu bearbeiten? 

How to deal with the Digitalisierung

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Das Thema Digitalisierung kommt zunehmend in der Sozialwirtschaft an. Die großen Wohlfahrtsverbände beschäftigen sich damit ebenso wie Verbände auf den „unteren Ebenen“ (Landesebene, Ortsverbände etc.). Und auch in den Organisationen selbst stellen sich – Gott sei Dank – zunehmend Fragen, wie mit der Digitalisierung umgegangen werden kann (und muss).

Können und dürfen Informationen zum Kindergartenfest per WhatsApp versendet werden? Welche Prozesse können wir in Organisation XY digitalisieren? Und brauchen wir überhaupt eine Strategie, die sich mit diesem Thema befasst? Ach ja, und irgendwie geht es auch um die Menschen, oder? 

Brauchen wir Social Innovation Labs?

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Wenn man sich mit Fragen der Innovationsfähigkeit von Organisationen befasst, stößt man unweigerlich auf Innovation Labs. Teilweise sind dies – insbesondere in produzierenden Unternehmen – F+E-Abteilungen, also Abteilungen, die für die Forschung und Entwicklung neuer Produkte zuständig sind. Teilweise sind dies auch sog. „Innovation Labs“ oder „Innovation Hubs„. Der kreativen Namensgebung sind da keine Grenzen gesetzt. Mit Blick auf soziale Organisationen, aber auch mit Blick auf die meisten Verbände der freien Wohlfahrtspflege findet man diese „Abteilungen“ nicht. Aber: Brauchen nicht auch soziale Organisationen entsprechende Abteilungen, Labs, Hubs? 

Warum Selbstorganisation zu einer verbesserten Einkommenssituation in sozialen Organisationen führt

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Ich habe den Beitrag, in dem ich New Work als elitären Scheiß bezeichnet habe, veröffentlicht.

Spannend zu sehen war, wie sich der Beitrag zeitverzögert im Netz verbreitet hat. Insbesondere nachdem über Twitter Menschen in die Diskussion zum Artikel einbezogen wurden, die – aus meiner subjektiven Sicht – als „New Work Koryphäen“ bezeichnet werden können (namentlich Thomas Sattelberger), nahm die Kiste Fahrt auf. 

New Social Work – eine Skizze

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Die aufmerksamen LeserInnen meines Blogs bekommen meine Irrungen und Wirrungen mit: Was ist der Fokus meines Blogs? Wo soll es hingehen, damit ich nicht doch irgendwann Fashion-Blogger werden muss, wie es einmal ein kurzer Gedanke war… Das Thema New Work und die Übertragung der Denk- und Handlungsweisen der New-Work-Bewegung auf die Soziale Arbeit beschäftigt mich ja schon seit Beginn des Blogs. Aber irgendwie blieb es – für mich vor allem – immer noch irgendwie sehr unspezifisch, was denn das leider oftmals als Buzzword verwendete Wort „New Work“ in Verbindung mit Sozialer Arbeit eigentlich ausmacht. Hiermit will ich den Versuch einer Einordnung einer „New Social Work“ liefern, die dann auch – hoffentlich – für meine weitere Arbeit an dem Blog handlungsleitend sein wird.

Neue Organisationsformen in der Sozialwirtschaft

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Manager wollen nicht mehr so weitermachen wie bisher. Mitarbeiter haben schon lange keine Lust mehr, was uns durch die Gallupbefragungen immer wieder vor Augen gehalten wird. Sind das nur Probleme, die Profit-Organisationen haben? Woran liegt es eigentlich? Und: was kann man tun? Ich denke, einfache Lösungen oder ein mehr des Bisherigen können nicht zielfūhrend sein. Es braucht völlig neuartige Organisationen bzw. Organisationsformen!

Aktuelle Probleme der Sozialwirtschaft

Wie die digitale Kommunikation die Kultur in Organisationen der Sozialwirtschaft verändert!

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Wie weit ist Ihre Organisation, wenn Sie an digitale Kommunikation denken? Was ist digitale Kommunikation überhaupt? Und warum sind die Fragen gerade mit Blick auf die Kultur in Organisationen der Sozialwirtschaft so wichtig?

Ob Sie im Beitrag Antworten finden, weiß ich nicht.

Aber:

[Tweet „In Zukunft wird es aber vielmehr auf das Stellen von Fragen ankommen ;-)“]