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Wie gelingt gute Zusammenarbeit im Team?

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In (nicht nur) sozialen Organisationen arbeiten wir meistens als Teams zusammen. Das wird meist unhinterfragt vorausgesetzt. Und selbst als „Solopreneur“, wie ich mich gerade verstehe, ist gute Zusammenarbeit mit anderen Menschen mehr als wichtig. Teamfähigkeit ist einer der wohl meistgefragten „Skills„, die in Stellenausschreibungen gefordert werden. Aber die Frage im Titel wird dadurch noch lange nicht beantwortet: Wie gelingt eigentlich gute Zusammenarbeit im Team? Dazu findest Du hier einige Ergebnisse einer Studie, die Google – bekannt unter dem Project Aristotele – durchgeführt hat.

Wie steht es um die Zusammenarbeit in Deinem Team?

Zu Beginn aber: Wie bewertest Du die folgenden fünf Fragen zur Zusammenarbeit in Deinem Team für Dich auf einer Skala von 1 (trifft nicht zu) bis 5 (trifft voll zu): 

  • „Wenn ich im Team einen Fehler mache, wird mir das nicht übelgenommen.“
  • „Wenn meine Kolleg*innen sagen, dass sie etwas tun, halten sie sich auch daran.“
  • „Wenn wir im Team eine Entscheidung zu treffen haben, wissen wir, wie uns das gemeinsam am Besten gelingt. Wir haben einen effektiven Entscheidungsfindungsprozess.“
  • „Die Arbeit, die ich für mein Team mache, ist bedeutungsvoll für mich.“
  • „Ich verstehe, wie die Arbeit unseres Teams zum Erfolg unserer Organisation beiträgt.“ 

Natürlich kannst Du die Fragen auch gemeinsam mit Deinem Team beantworten. Lass doch mal nen Kommentar hier, was herausgekommen ist 😉

Mit der Beantwortung der Fragen erhältst Du einen ersten Überblick darüber, wie es um die Zusammenarbeit in Deinem Team steht. 

Was ist eigentlich ein Team?

Ich werde auf diese Frage hier nicht vertieft eingehen, aber sie ist trotzdem wichtig, denn – wie einleitend geschrieben – gehen wir fast immer davon aus, dass dort, wo mehrere Menschen zusammenarbeiten, automatisch ein „Team“ arbeitet.

Es macht aber mindestens Sinn, zwischen Teams und Arbeitsgruppen zu unterscheiden.

  • Arbeitsgruppen lassen sind durch ein geringes Maß an gegenseitiger Abhängigkeit kennzeichnen. Sie basieren auf einer Organisations- oder Führungshierarchie (Abteilung). Arbeitsgruppen treffen sich ggf. regelmäßig, um Informationen zu hören und auszutauschen – you know die regelmäßig stattfindenden Teamsitzungen
  • Teams sind hingegen in hohem Maße voneinander abhängig – sie planen die Arbeit, lösen Probleme, treffen Entscheidungen und überprüfen den Fortschritt im Rahmen eines bestimmten Projekts. Und am allerwichtigsten: Die Teammitglieder brauchen einander, um die Arbeit zu erledigen.

Tiefergehende Ausführungen zum Unterschied von Teams und Arbeitsgruppen finden sich bspw. hier und hier.

Für soziale Organisationen ergeben sich daraus einige Fragestellungen:

  • Seid ihr ein Team? Braucht ihr einander, um die Arbeit zu erledigen? Braucht ihr die verschiedenen Kompetenzen der Menschen im Team? Braucht es die Interdisziplinarität und die unterschiedlichen Fähigkeiten? Nicht umsonst habe ich das Bild der Feuerwehr für den Beitrag verwendet…
  • Oder erledigt jede*r von Euch seine Aufgaben, ohne auf andere Menschen angewiesen zu sein? Ist die interdisziplinäre Zusammensetzung vielleicht schön und hilfreich, aber nicht notwendig? Könnt ihr, wenn eine Person das Team verlässt, die Aufgabe nicht mehr zufriedenstellend erledigen und braucht es entsprechend jemanden mit zumindest ähnlichen Fähigkeiten? Oder macht ihr nicht einfach weniger von dem, was ihr ohnehin macht?

Das Projekt von Google konzentrierte sich auf Teams und damit auf Gruppen mit wirklich voneinander abhängigen Arbeitsbeziehungen. Entsprechend sind die Ergebnisse zu werten…

Gute Zusammenarbeit bei Google

Vorab: Das Project Aristotle von Google ist nicht neu.

Von 2012 bis 2014 wurden etwa 180 Google-Teams untersucht, „um Muster zu finden, die zeigen, warum einige Teams scheitern, während andere Bestleistungen erreichen“ (Wikipedia). Die im Rahmen des Projekts untersuchten Teams bestanden aus drei bis fünfzig Personen (mit einem Durchschnittswert von neun Mitgliedern).

Die Ergebnisse der Studie sind gleichwohl spannend (und je mehr ich mich mit Zusammenarbeit in Teams befasse, werden sie immer spannender):

Der Erfolg der Teams und damit die gute Zusammenarbeit hing nicht an der Zusammensetzung oder dem Führungsstil der Vorgesetzten („Der Fisch stinkt vom Kopf her…“).

Es ging auch nicht darum, dass ein bestimmter Persönlichkeitstyp in den Teams vorherrschend war („Wir brauchen nur die richtigen Menschen!“) ebensowenig wie darum, dass die Teammitglieder bestimmte berufliche Hintergründe hatten.

Und interessanterweise hing der Erfolg der Teams auch nicht daran, ob diese selbstbestimmt agierend, mit wenigen Hierarchien oder – ganz traditionell – streng „top down“ geführt waren. 

Relevant für gute Zusammenarbeit im Team war vielmehr, wie die Teammitglieder miteinander umgingen:

In guten Teams kamen alle zu Wort, der Umgang miteinander war respektvoll, geprägt von Sicherheit und Verlässlichkeit. Klarheit und Struktur war relevant sowie ein Empfinden von Sinn und Selbstwirksamkeit.

Eigentlich gar nicht so schwer, oder? 

Wie steht es um die Zusammenarbeit in Deinem Team?

Wenn Du den Status Quo des Stands der Zusammenarbeit in Deinem Team tiefer erforschen willst, kannst Du auch folgende Frageliste nutzen (die von Google als Leitfaden zur Verfügung gestellt wird, um die Effektivität der Zusammenarbeit zu bewerten):  

Psychologische Sicherheit

  • Fühlen sich alle Teammitglieder wohl, wenn sie miteinander sprechen und gemeinsam Ideen entwickeln?
  • Haben alle im Team das Gefühl, dass sie auch Fehler machen dürfen?

Verlässlichkeit

  • Wenn Teammitglieder sagen, dass sie etwas erledigen werden, tun sie es dann tatsächlich?

Struktur und Klarheit

  • Kennen die Teammitglieder die Ziele des Teams und wissen, wie sie erreicht werden sollen?
  • Haben alle im Team das Gefühl, Eigenverantwortung zu tragen und eigene Projekte zu haben?

Sinn

  • Wird die Arbeit im Team auf Grundlage von Fähigkeiten und Interessen verteilt?
  • Gibt die Arbeit allen im Team ein Gefühl der persönlichen und beruflichen Erfüllung?

Selbstwirksamkeit

  • Haben alle im Team das Gefühl, dass ihre Arbeit bedeutsam ist?
  • Sehen die Teammitglieder, dass ihre Arbeit etwas zum Besseren verändert?

Entwicklungsfelder für gute Zusammenarbeit

Aus den Antworten auf die Fragen lassen sich Entwicklungsfelder aufspüren, mit denen ihr Eure Teamarbeit gestalten könnt:

  • Was könnt ihr tun, um zu besseren Ergebnissen in den einzelnen Bereichen zu kommen?

Dazu empfehle ich immer ein experimentelles, auf Hypothesen basierendes Vorgehen:

  1. Macht die Ergebnisse der Befragung oben transparent (Pinnwand, Whiteboard…).
  2. Leitet aus den Ergebnissen möglichst viele Handlungsoptionen als Hypothesen ab: „Wenn wir XY tun würden, würde sich Z verbessern!“
  3. Einigt Euch auf eine (oder ein paar wenige) Hypothesen, die ihr testen wollt (Priorisierung bspw. durch Bepunktung der Hypothesen).
  4. Legt die Rahmenbedingungen für den Test fest: Wie lange wollt ihr was genau verändern? Wann überprüft ihr die Ergebnisse mithilfe einer Retrospektive? Woran genau macht ihr fest, dass sich etwas geändert hat?
  5. Feiert den Erfolg, passt die Vorgehensweise an oder beendet einfach den Versuch. Dann könnt ihr direkt die nächste Hypothese testen.

Was macht gute Zusammenarbeit für Dich aus? 

  • Was ist richtig gute Zusammenarbeit für Dich? 
  • Welche Strukturen und Rahmenbedingungen müssen aus Deiner Sicht gegeben sein, damit Zusammenarbeit gelingt? 
  • Welche Eigenschaften und Fähigkeiten müssen die Teamkolleg*innen aus Deiner Sicht mitbringen, damit Zusammenarbeit im Team funktioniert? 

Du kannst Deine Antworten gerne hier direkt in die Kommentare schreiben! Dann haben wir alle was davon 😉


P.S.: Wenn Du Lust hast, die Zusammenarbeit in Deinem Team zu stärken, können wir gerne mal sprechen. Hier kannst Du einfach einen Termin mit mir ausmachen.

Werte und Prinzipien, oder: Warum ihr mehr als ein Leitbild braucht!

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Jede Organisation braucht ein Leitbild. Diese Aussage wird vermutlich jede*r unterschreiben? Dabei ist unklar, was genau unter einem Leitbild zu verstehen ist. Ich definiere Leitbild umfassend als Kombination aus Vision, Mission, Werten und Strategien einer Organisation. Mein Verständnis eines Leitbilds geht damit über lustige Sprüche am Eingang oder die irgendwo herunterladbare PDF hinaus. Ein Leitbild sollte vielmehr der Kern einer Organisation sein, der definiert, wozu die Organisation angetreten ist (Vision und Zweck), anhand welcher Werte und Prinzipien sie wie arbeiten will und was konkret die Organisation heute und in Zukunft umsetzen will (Strategie). Da sich insbesondere Werte und Strategien, aber auch die Vision ändert, ist meine Leitbilddefinition lebendig.

Leider leben Leitbilder leidlich…

Wenn Organisationen überhaupt ein Leitbild entwickelt haben, ist schon viel gewonnen. Wenn sich das Leitbild dann noch an dem skizzierten Aufbau von Vision, Mission, Werten und Strategien orientiert, ist es noch besser.

Die Herausforderung besteht jedoch in der Übersetzung des „global formulierten“ Leitbilds auf die Abteilungen, Teams bzw. in komplexen Organisationen der sozialen Arbeit in die Unterorganisationen. Erst dann wird es für die Mitarbeiter*innen und hoffentlich auch für die Nutzer*innen wirklich lebendig und entfaltet seine Wirkung in der Organisation (Leitbilder wirken übrigens auch auf der Schauseite der Organisation und haben einen Nutzen für die Außenwirkungen, vgl. bspw. Kühl, 2016).

Das Leitbild der Gesamtorganisation hat damit grobe Orientierungsfunktion. Und selbst auf dieser Ebene: Kennst Du das Leitbild Deiner Organisation? In welcher Organisation ist das Leitbild wirklich präsent?

Strategie wird über Objectives and Key Results lebendig

Bezogen auf Übersetzung der Strategie auf die Teamebene gibt es inzwischen Methoden und Frameworks, die sicherstellen sollen, dass auch auf Teamebene tatsächlich an der Strategie und nicht an irgendwas gearbeitet wird. Das Management-Framework „Objectives and Key Results“ (OKR) habe ich hier beschrieben.

Ein schöner Beitrag dazu findet sich auch im Blog von Sebastian Ottmann, in dem wir (Christian Müller, Sebastian Ottmann und ich) über „Social Objectives and Key Results (SOKRs)“ geschrieben haben.

Das Framework OKR klärt in der Gesamtorganisation, was bis wann von wem bearbeitet wird bzw. werden sollte, um die Vision der Organisation zu erreichen.

Unklar bleibt aber, wie die Zusammenarbeit erfolgen soll. Denn die im Leitbild der Gesamtorganisation global formulierten Werte sind noch nicht greifbar, lebendig und übersetzt auf den Alltag der Abteilungen, Teams und der einzelnen Menschen im Unternehmen.

Von globalen Werten zu Prinzipien der Zusammenarbeit

Hier hilft es, die global formulierten Werte heranzuziehen und diese in Prinzipien für die gemeinsame Arbeit zu spezifizieren.

Um es konkret zu machen ein Beispiel aus einem Leitbild eines großen, konfessionellen Komplexträgers der Sozialwirtschaft mit mehr als 3000 Mitarbeiter*innen. In dessen Leitbild heißt es unter anderem:

„Wir leisten unseren Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung.“

Das ist unmittelbar einleuchtend und in der heutigen Zeit angesichts des Klimawandels unabdingbar. Aber was heißt der Wert der ökologischen Nachhaltigkeit, der im Leitbild der Gesamtorganisation dieser Aussage zugrunde liegt, für den Alltag in einem Team – bspw. in der Jugendhilfe?

Denkbar wäre jetzt, gleiche Vorgaben für alle Teams zu beschließen, die den Umgang mit den Ressourcen regeln: „Abends ab 20 Uhr sind die Heizungen zu drosseln!“ oder „Die Raumtemperatur muss zwischen 20 und 22 Grad liegen!“ wären zwar denkbare, aber ziemlich absurde Regeln. Schon hier fällt auf, dass solche Regeln ziemlicher Quatsch wären.

Wenn es im Winter richtig kalt wird, macht es Sinn, die Heizungen vielleicht nach 20 Uhr anzulassen und die Raumtemperatur kann auch durch die Sonneneinstrahlung beeinflusst werden, wodurch die Regel noch nicht mal in alleiniger Macht der Mitarbeiter*innen liegt.

Regeln und Vorgaben sind unflexibel und oftmals unpassend zur Situation.

Es braucht vielmehr Prinzipien der Zusammenarbeit, die einfach, verständlich und gleichzeitig  handlungsleitend  für die Entscheidungen im Team sind. Denkbar wäre hier bspw., im Team das Prinzip zu definieren

„Wir handeln so effizient wie möglich im Sinne der Jugendlichen!“

Damit ist zum einen klar, um wen es geht (die Nutzer*innen), zum anderen bleibt individueller Spielraum, selbstbestimmt zu entscheiden, was in der jeweiligen, sich immer wieder ändernden Situation so effizient wie möglich ist.

Heuristiken als Alternativen zu Prinzipien

Denkbar ist hier auch, anstatt der Prinzipien sogenannte Heuristiken anzuwenden. Darunter lassen sich Hilfestellungen verstehen, „die es erlauben, mit begrenztem Wissen und unter Zeitdruck Entscheidungen zu treffen.“ (vgl. https://newworkglossar.de/)

Die vier Werte im agilen Manifest sind bspw. als Heuristiken formuliert:

  1. Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
  2. Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
  3. Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
  4. Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans

Ausgesagt wird, dass der erste Teil der Aussage wichtiger ist als der zweite Teil (wobei der zweite nicht unwichtig ist).

Im ersten Wert „Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge“ wird betont, dass Individuen und Interaktionen höher gewertet werden als Prozesse und Werkzeuge. Entsprechend kann in unklaren Entscheidungssituationen hier Orientierung gefunden werden. Übrigens habe ich auch die 6 Thesen zur Zukunft Sozialer Arbeit als Heuristiken formuliert.

Werte und Prinzipien helfen, wirkungsvoll und selbstbestimmt zu handeln

Deutlich wird: Führungskräfte können nicht erwarten, dass Mitarbeiter*innen selbstbestimmt entscheiden, wenn völlig unklar ist, woran sich die Entscheidung orientieren soll. Diese Orientierung kann über Heuristiken oder Prinzipien gegeben werden, die auf Ebene der Teams Werte (im Beispiel Jugendhilfe der Wert der Nachhaltigkeit und im Beispiel agiles Manifest die agilen Werte) in handlungsleitende Prinzipien übersetzen. Erst mit dieser Orientierung kann wirkungsvoll und selbstbestimmt agiert werden.

Im Gegensatz zu meist durch die Vorgesetzten oder äußere Bedingungen (bspw. Brandschutzvorgaben) festgelegte Regeln ist es notwendig, Prinzipien in einem dialogischen Prozess im Team bzw. auf Ebene der unmittelbar Betroffenen auszuhandeln, um im jeweiligen Kontext wirksam zu werden.

Das gilt im Übrigen nicht nur für Organisationen, sondern auch für Gesellschaften, aber das ist ein anderes Thema…

Werte und Prinzipien dialogisch aushandeln

Wie auch auf Ebene der Gesamtorganisation macht es auf Teamebene Sinn, sich vom gemeinsamen Zweck des Teams („Wozu sind wir da? Warum existieren wir als Team in dieser Organisation? Was ist unser Zweck und Auftrag?“) über die gemeinsamen Werte (Welche Werte sind uns in unserer Zusammenarbeit wirklich wichtig?) hin zu den konkreten, aus der Strategie abgeleiteten Zielen und Aufgaben („Was ist die konkrete Aufgabe? Wer ist verantwortlich?“) vorzuarbeiten.

Herauskommen kann so etwas wie das „Teamleitbild“, der gemeinsame Leitfaden der Zusammenarbeit, sowas wie die „10 Prinzipien unserer Arbeit“ oder die Leitlinien von Team XY. Wichtiger als der Titel ist, die Prinzipien so einfach und schlank wie möglich zu halten, um den Spielraum der Mitarbeiter*innen nicht unnötig einzuschränken.

Prinzipien lebendig halten

Abschließend ist relevant, die Prinzipien der Zusammenarbeit zum einen möglichst präsent zu halten. In Teamsitzungen, Gesprächen unter Mitarbeiter*innen und Führungskräften ebenso wie in Gesprächen mit Klient*innen sollten die Leitlinien angewendet werden. Ansonsten besteht die Gefahr, ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie viele vergilbte Leitbilder vieler Organisationen: Zwar existent, aber alles andere als lebendig.

Zum anderen sind die Prinzipien nicht nur im Team zu entwickeln, sondern auch iterativ weiterzuentwickeln. Das Team sollte in bestimmten Abständen (bspw. einmal im Jahr) die Prinzipien selbst in den Blick nehmen und überlegen, ob sie noch Gültigkeit besitzen oder angepasst werden müssen.

Viele Leitbilder helfen, Diversität zu leben und Organisationskulturen sichtbar zu machen

Mit eigens formulierten „Leitlinien“ oder Teamleitbildern entsteht früher oder später ein enorm diverses „Biotop“ an lebendigen Werten und Prinzipien in der Organisation.

Die vielfältigen Unternehmenskulturen einer Organisation werden sichtbar.

Als Führungskraft gilt es, dies auszuhalten: Nein, wir müssen nicht alle gleich sein, es darf, kann, soll (und muss sogar) Unterschiede geben. Und mal ehrlich:

Diese Unterschiede gab es schon immer. Jetzt dürfen sie nur offensiv im Sinne der Organisation gelebt werden.

P.S.: Wie wäre es mit dem Prinzip, sich an die Vereinbarungen im Team zu halten? Dahinter steht der Wert der Verbindlichkeit. Ohne Verbindlichkeit, neudeutsch Committment, machen alle niedergeschriebenen Werte und Prinzipien keinen Sinn.

Besser wurschteln, oder: Wie gelingt erfolgreiche Selbstorganisation im Team?

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Viele Teams in und kleine soziale Organisationen als Ganzes „wurschteln“ so vor sich hin. Zum einen kenne ich das aus eigenen Arbeitserfahrungen in kleinen Agenturen (Grüße an dieser Stelle) und aus der Arbeit in Teams der stat. Jugendhilfe (auch hier Grüße 😉 Zum anderen lassen viele Berichte von Bekannten und Freund*innen in sozialen und Bildungseinrichtungen den „Wurschtel-Schluss“ zu. Dabei – das vorweg – klingt „wurschteln“ irgendwie negativ, aber so ist es überhaupt nicht gemeint. Wurschteln kann – gut gemacht – zu echter Selbstorganisation im Team führen.

Was ist „wurschteln“?

Unter „wurschteln“ versteht der Duden (ja, das Wort steht im Duden) „in einem gewissen Trott und ohne rechten Plan vor sich hin arbeiten„. Das ist spannend, vor allem der zweite Teil: „…ohne rechten Plan vor sich hinarbeiten“! Und genau darum geht es: Es gibt in vielen Teams und (kleinen) Organisationen keinen „rechten Plan“, an den man sich akribisch hält. Arbeit findet in dem Fall vielmehr „ungeplant“ statt, ein Wort, das in unserer Arbeitskultur nicht unbedingt auf Gegenliebe stößt.

An dieser Stelle kommt mir wieder die Natur in den Sinn: Ich bin mir ziemlich sicher, dass die auch so vor sich hinwächst, ohne rechten Plan. Pflanzen, Blumen, Wälder, Tiere, Sträucher usw. entwickeln sich nicht anhand eines Plans, sondern evolutionär, je nachdem, was gerade ansteht. Es steht nicht die Frage im Vordergrund, was „geplant“ was und „umgesetzt werden muss“, sondern das, was notwendig ist, was jetzt gebraucht wird. Und ohne in die Tiefe gehen zu können zeigt sich das „Wurschteln“ aus Perspektive der Systemtheorie in der Selbstreferentialität sozialer Systeme: Diese handeln nicht aufgrund externer Umwelteinflüsse, nicht aufgrund der gewollten Steuerung, nicht aufgrund der Umsetzung eines Plans, sondern selbstorganisiert, eigenständig und eigenverantwortlich aus sich selbst heraus.

Übertragen auf Arbeit in Teams ergibt sich daraus die sehr zeitgemäße Organisationsstrategie „Do, what’s needed!

Wie geht „wurschteln“?

Ich begleite aktuell einen kleinen sozialen Träger (Ein Team, 7 Mitarbeiter* innen), der mit der Frage an mich herangetreten ist:

„Wir arbeiten als Team irgendwie basisdemokratisch. (Wie) können wir damit zukünftig überleben?“

Zur Erläuterung der Struktur: Wir sprechen von einem kleinen Verein, dessen operative Arbeit von einem Team geleistet wird, das sich aus Menschen unterschiedlichen Alters zusammensetzt, die alle über eine ähnliche formale Qualifikation verfügen (Psychologie und Soziale Arbeit). Bislang war es nicht notwendig, über die notwendigen gesetzlichen Anforderungen hinaus (es braucht eine Geschäftsführung auf dem Papier) eine wie auch immer geartete „Hierarchie“ zu etablieren (was in der Größe auch gegen jeden Menschenverstand verstoßen würde).

In den Vorgesprächen zeigte sich, dass das Team die Art, wie die Zusammenarbeit bislang gestaltet ist, enorm positiv empfunden und als Bereicherung gesehen hat. Gleichzeitig kam jedoch auch die Angst heraus, mit der Art der „basisdemokratischen“ Zusammenarbeit im Team „irgendwie nicht mehr zeitgemäß“ zu sein und keine neuen Mitarbeiter* innen zu finden (es geht perspektivisch auch um Mitarbeitergewinnung). Im Angesicht zunehmender Konkurrenz, vielfältiger werdender Themenstellungen (bspw. auch das Thema Digitalisierung des Vereins) und gesetzlicher Anforderungen war die Gefahr der Überlastung der Organisation zunehmend spürbar.

Wie aber lässt sich angesichts der Rahmenbedingungen die vom Team als „basisdemokratisch“ bezeichnete Art der Zusammenarbeit zeitgemäß gestalten? Geht das überhaupt?

Wurschteln positiv belegen

Der Blick auf die Art der Zusammenarbeit im beschriebenen Team zeigt mir einerseits die unter dem evolutionären Vorgehen bzw. die unter „Was ist Wurschteln“ beschriebene Haltung: Das Team macht das, was notwendig ist. Anstehende Aufgaben werden „auf dem kurzen Weg“ besprochen und dann wird gehandelt. Es wird offen, transparent und sehr authentisch kommuniziert. Meist ergeben sich auch gute Ergebnisse.

Dem Team zu spiegeln, dass die Art, wie sie arbeiten, im Kern die Art zeitgemäßer Zusammenarbeit ist, die Organisationen „dynamikrobust“, wie Gerhard Wohland sagt, oder auch „komplexitätssensibel“, wie Maria Herrmann hier im Podcast sagt, macht, war enorm befreiend. Als These zusammengefasst:

„Wir brauchen keine Hierarchien und müssen auch nicht grundlegend anders arbeiten!“

What, How, Why, oder: Erst die Arbeit, dann die Visionen

Jede*r kennt wahrscheinlich den „Golden Circle“ von Simon Sinek. Darin plädiert Sinek dafür, zunächst das „Why“, das Wozu oder die Mission (manche sagen auch Purpose 😉 zu bestimmen. Davon ausgehend ist dann das How, also Werte und Prinzipien der Zusammenarbeit und der Organisation und dann das „What“, das konkrete Produkt, die konkrete Tätigkeit zu bestimmen.

Bei Interesse lohnt sich immer noch das folgende Video:

Simon Sinek – Start With Why – TED Talk Short Edited

Für Neugründungen macht das von Sinek beschriebene Vorgehen mehr als Sinn. Aber für die Arbeit in und mit bestehenden Teams erachte ich die umgekehrte Reihenfolge sinnvoller. Entsprechend sind wir im beschriebenen Team vorgegangen:

What first!

Zuerst haben wir die aktuellen Tätigkeiten der handelnden Personen beschrieben. Wer macht eigentlich was im Team? Das geht wunderbar online (ich arbeite mit Zoom und Conceptboard).

Die entstandene Übersicht an (digitalen) Klebezetteln mit den Aufgaben der einzelnen Teammitglieder haben wir dann zu ähnlichen, zusammengehörigen Aufgaben geclustert. Schon allein dabei ergaben sich spannende Erkenntnisse: „Ja, das mache ich doch auch!“ oder „Eigentlich könnten wir das doch zusammenlegen?!“ waren immer wieder auftauchende Aussagen.

Schritt drei war dann die Definition von „Mandaten“ (warum ich lieber von Mandaten als von Rollen spreche, muss ich mal erläutern. Gemeint ist aber das Gleiche). Unter einem Mandat lassen sich Aufgabenbündel verstehen, die jeweils einen bestimmten Zweck erfüllen und aus verschiedenen Tätigkeiten bestehen. Mandate können damit unterschiedliche „Größen“ aufweisen. Teammitglieder können mehrere Mandate übernehmen (oder auch nur ein Mandat). Damit sind Mandate etwas anderes als „Stellenprofile“, die einen Menschen auf eine Stelle reduzieren. Mandate hingegen werden im Team anhand der Kompetenzen (können) und der Motivation (wollen) der Menschen basierend auf einem Auswahlverfahren vergeben. Mandate haben jeweils einen spezifischen Namen, die sich aus den Aufgabenclustern ergeben (dabei ergeben sich lustige Mandatstitel, bspw. Finanzministerin, Evaluator…).

An der Übersicht der sich ergebenden Mandate zeigt sich die aktuelle, reale Aufgabenstruktur der Organisation bzw. des Teams. Anstatt also zu überlegen, wie die Strukturen aussehen sollten, wird davon ausgegangen, wie ganz real gearbeitet wird.

Das „Was“ des Golden Circle liegt damit sehr greifbar vor dem Team.

How second!

Gleichzeitig ergeben sich über die Zusammensetzung der Mandate, über deren Struktur und Aufbau erste Hinweise auf das „Wie“ und die damit zusammenhängenden Werte und Prinzipien der gemeinsamen Arbeit.

Hinzu kommt, dass jetzt, nach der Sammlung der Aufgaben, der Raum gerichtet ist, um sich gemeinsam auf die Suche nach den Werten der Zusammenarbeit zu begeben, da schon bei der Sammlung der Aufgaben viele Diskussionen aufgekommen sind, die in den Vordergrund stellen, warum dies oder jenes so oder so getan wurde, wer warum welche Aufgaben übernommen hat und wo Redundanzen und Unstimmigkeiten herrschen. Damit ist es einfacher, sich bewusst zu werden, warum und wozu was in der Organisation und im Team getan wird.

Why third!

Außerdem ergibt sich der aktuelle Zweck, die Mission oder von mir aus auch der Purpose aus den konkreten Tätigkeiten in der Verbindung zu den Werten und Prinzipien. Der „Purpose“ ist damit nichts „abgehoben Ausgedachtes“, wie es oftmals in Leitbildern der Fall zu sein scheint. Der Zweck ist vielmehr ganz real an den aktuellen Gegebenheiten, Aufgaben und Notwendigkeiten orientiert.

Und wenn wir nicht mehr versuchen, die Zukunft der Organisation zu erzwingen, sondern sich diese evolutionär entwickeln kann, erwächst ein deutlich klareres Commitment der Teammitglieder zur Ausrichtung der Organisation.

Start with What! Oder: Selbstorganisation im Team ist Arbeit

Ich bin gespannt, ob die Ideen zu „Start with What“ auf Eure Resonanz treffen. Damit sieht zumindest der „Golden Circle“ nicht mehr ganz so golden aus 😉 Gerade die Arbeit in bestehenden Organisationen und die Arbeit im Team sollte sich daran ausrichten, was getan wird. Daraus ergibt sich häufig ein „Wie“ und das „Wozu“, da erfolgreiche Arbeit auch immer die Nutzer*innen der Leistungen im Blick hat und nicht im leeren Raum existiert.

Ich hoffe damit, dass in dem kurzen Beitrag deutlich wurde, dass gelingende Selbstorganisation im Team und in kleinen Organisationen kein Hexenwerk ist, keine esoterischen Selbstfindungstrips verlangt und auch keine neuen Stufen irgendwelcher Mindsets zu erklimmen sind.

Selbstorganisation im Team ist vielmehr die sehr handfeste Auseinandersetzung mit dem, was getan wird. Selbstorganisation im Team ist das, was Arbeit ist.

Denn darum geht’s:

Do, what’s needed.