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Mein OKR-Set bis Dezember 2023

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What??? Ein OKR-Set und das bis Dezember 2023 bzw. bis zum Ende des Jahres? Manchen OKR-Profis wird es wahrscheinlich die Haare aufstellen, aber ich muss irgendwie realistisch an meine Entwicklungen rund um IdeeQuadrat rangehen. Denn:

Mein Alltag frisst mich auf.

Und – so zumindest mein Verständnis von OKR – der Alltag gehört nicht in die OKR. Die OKR sind dafür da, meine strategischen Entwicklungen voranzutreiben.

Das kann man anders sehen, je nach Autor:in und Verständnis. Für mich zeigt sich aber, dass es überhaupt wichtig ist, meine Strategie – in kleinen Schritten – zu verfolgen (entsprechend gab es schon länger keine wirkliche Strategieplanung). Ich muss kleinere Brötchen backen, als ursprünglich geplant. Aber besser kleine als keine Brötchen.

Vielleicht stehst Du aber gerade vor der Frage, wovon ich überhaupt spreche? OKR??? OKR ist das Framework, das ich zur Strategielplanung und -umsetzung nutze (bzw. zu nutzen versuche). OKR heißt Objectives and Key Results. Und hier findest Du nähere Infos dazu, falls es Dich (vielleicht auch für Deine Organisation) interessiert.

Vorab noch einmal eine kurze Darlegung, wie ich meine OKR für mich strukturiere.

Meine Struktur der OKR

In meiner letzten Strategieplanung und den Veröffentlichungen dazu (hier ein Einblick) findest Du noch die Überlegung, meine Objectives nach Fokusbereichen zu untergleidern.

Fokusbereiche waren a) New Social Work (mein Kerngeschäft bzw. meine Aktivitäten und Angebote rund um die Organisationsentwicklung sozialer Organisationen, außerdem Fragen zum Geschäftsmodell, Marketing, Wertversprechen und Co.), b) New Social Learning (Aktivitäten zum Aufbau von offenen und internen Weiterbildungsangeboten), die ich mit IdeeQuadrat realisieren will), c) New Social Projects (Angebot zur Begleitung von Organisationen bei der Entwicklung, Umsetzung und Evaluation von Projekten und neuen Dienstleistungen und d) Private (meine persönliche Entwicklung im Rahmen der Selbständigkeit). Zu jedem Bereich habe ich versucht, jeweils ein Objective mit entsprechenden Key Results zu definieren.

Kurz: Das System hat nicht funktioniert. Es war zu viel, neben Arbeit, Familie und dem, was sich irgendwie Leben nennt.

Entsprechend werde ich mich bis Ende des Jahres auf ein OKR-Set fokussieren und darüber versuchen, mich zu beschränken und realistisch zu bleiben. Denn, das haben die letzten Wochen eindrücklich bewiesen:

„Leben ist das, was passiert, während Du andere Pläne machst.“

OKR-Set August – Dezember 2023

Objective: Ich habe einen vollständig automatisierbaren Online-Kurs entwickelt und eingeführt.

KR1: Abschluss der Entwicklung und Bereitstellung aller Kursmodule bis zum festgelegten Stichtag.

KR2: Sicherstellung einer positiven Nutzererfahrung (UX) durch die Durchführung von Usability-Tests mit mindestens 10 potenziellen Teilnehmern und einer Bewertung von mindestens 4 von 5 Punkten.

KR3: Implementierung einer automatisierten Test- und Qualitätskontrollstrategie, um sicherzustellen, dass der Kurs reibungslos funktioniert und Fehler minimiert werden.

KR4: Bereitstellung einer klaren und verständlichen Anleitung für die Teilnehmer, um sicherzustellen, dass sie den Kurs problemlos nutzen können.

Und jetzt bin ich sehr gespannt, wie es mit IdeeQuadrat zum Ende des Jahres aussieht, ich werde berichten…


P.S.: Im Beitrag zu den Objectives and Key Results findest Du auch ein OKR Canvas, das ich zur Entwicklung auch meines OKR-Set genutzt habe.

Selbstbestimmt und effizient Lernen, oder: Warum Microlearning in Organisationen der Sozialen Arbeit wichtig wird!

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Es ist eine echte Floskel: In einer sich ständig verändernden und komplexen Welt gewinnt lebenslanges Lernen eine immer größere Bedeutung! Lernen ist eine der bedeutsamsten Future Skills. Dies gilt nicht nur „auch“, sondern insbesondere für Organisationen der Sozialen Arbeit: Die Mitarbeiter:innen sind kontinuierlich gefordert, sich mit komplexen sozialen Herausforderungen und kontinuierlich Neuem auseinandersetzen. Für das „einzige Kapital“ sozialer Organisationen – die Mitarbeiter:innen – ist es entsprechend notwendig, Lern- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu nutzen. Hinzu kommt, dass traditionelle Lernmethoden zunehmend von modernen, selbstgesteuerten Lernmöglichkeiten abgelöst werden, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen besser entsprechen. Und außerdem geht es nicht nur um die Mitarbeiter:innen: Auch die Organisationen haben Weiterbildungsbedarfe, ausgelöst durch bspw. rechtliche oder organisatorische Veränderungen, die über kleine, schnelle, bedarfsgerechte Lernmöglichkeiten bedient werden können. Aber wie sieht zeitgemäßes und bedarfsgerechtes Lernen, wie sieht „New Learning“ in sozialen Organisationen aus? In diesem Blogbeitrag erfährst Du, was Microlearning ist und warum Microlearning in Organisationen der Sozialen Arbeit Vorteile bringt. Außerdem findest Du Ideen für Inhalte, die „Microlearning-kompatibel“ sind.

Was ist Microlearning?

Microlearning, auch Mikrolernen genannt, bezeichnet das Lernen in kleinen Einheiten und kurzen Schritten. Dabei werden kompakte Lerneinheiten bzw. -module erstellt, die auf das Wesentliche reduziert sind und ein einzelnes, klar abgegrenztes Lernziel oder für die Mitarbeiter:innen relevantes Thema behandeln. Diese Lernmodule sind wirklich kurz – so kurz wie für den Inhalt möglich – und konzentrieren sich auf die Vermittlung nur einer sehr spezifischen Kompetenz bzw. auf die Beantwortung nur einer sehr spezifischen Frage.

Charakteristika von Microlearning:

Im Folgenden findest Du einige allgemeine Charakteristika von „Micro-Learning-Angeboten“:

  • Kompakte Lerneinheiten: Microlearning bricht das Lernmaterial in kleine, leicht verdauliche Bestandteile herunter. Anstatt lange Lernsitzungen zu absolvieren, nehmen Lernende in kurzer Zeit komprimierte Wissensportionen auf.
  • Fokussiertes Lernziel: Jede Microlearning-Einheit verfolgt ein spezifisches Lernziel, das klar und präzise definiert ist. Dadurch wird das Lernen gezielt und effizient gestaltet.
  • Zeit- und ortsunabhängig: Microlearning ermöglicht es den Lernenden, möglichst flexibel zu lernen, wann und wo es ihnen am besten passt. Die Lerneinheiten können über verschiedene Medien wie PC, Smartphone, Tablet oder auch – sofern inhaltlich sinnvoll – in Präsenz vor Ort abgerufen bzw. absolviert werden.
  • Vielfältige Lernformate: Microlearning nutzt verschiedene Formate wie Texte, Videos, interaktive Elemente oder Quizfragen, um das Lernerlebnis abwechslungsreich und ansprechend zu gestalten. Microlearning vor Ort sind entsprechend kurze Einheiten, die zu einem bestimmten Thema in der Organisation angeboten werden.
  • Gezielte Wiederholungen: Durch wiederkehrende Microlearning-Einheiten und Quizfragen wird das Wiederholen von Inhalten gefördert, um das langfristige Behalten zu unterstützen und die benötigten Kompetenzen dann abzurufen, wenn sie wirklich gebraucht werden.

Vorteile von Microlearning:

  • Bessere Aufmerksamkeit: Durch die kurzen und prägnanten Lerneinheiten können Lernende ihre Aufmerksamkeit besser auf das Thema konzentrieren und sind weniger anfällig für Ablenkungen.
  • Effizientes Lernen: Microlearning ermöglicht schnelles und gezieltes Lernen. Es spart Zeit, da Mitarbeiter:innen nicht lange aus dem Arbeitsprozess herausgenommen werden müssen.
  • Flexibilität: Lernende können selbst entscheiden, wann und wo sie lernen möchten. Dies fördert die Selbstorganisation und Eigenverantwortung beim Lernen.
  • Selbstwirksamkeit: Kurze Lerneinheiten sind schneller „durch Erfolg gekrönt“, als lange Workshopeinheiten zu einem bestimmten Thema. Daraus resultieren schnellere Lernerfolge, die wieder „Spaß am Lernen“ vermitteln.
  • Entwicklung einer Lernkultur: Die kontinuierliche Nutzung sinnvoller, die Selbstwirksamkeit steigernder Lernmöglichkeiten kann zu einer „Lernkultur“ in der Gesamtorganisation führen, denn: Die Verhältnisse bestimmen das Verhalten.
  • Besseres Wissensmanagement: Das kompakte Format von Microlearning-Einheiten erleichtert das „Organisieren und Verwalten“ des erlernten Wissens.

Microlearning in Organisationen der Sozialen Arbeit:

Der Fachkräftemangel stellt die aktuell größte Herausforderung für Soziale Organisationen dar. Der Fachkräftemangel in Verbindung mit sich dynamisch verändernden Themenstellungen – Digitalisierung allgemein, KI, IT-Sicherheit, sozial-ökologische Nachhaltigkeit, Demokratiekrise… – vergrößern diese Herausforderung jedoch massiv: Der Wandel der Organisationen muss gelingen bei sich gleichzeitig verringernden Möglichkeiten nachhaltigen Lernens durch weniger und häufig wechselndes Personal.

Stefan Gesmann bringt es auf den Punkt: „Angesichts der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Feld der Sozialen Arbeit werden sich Leitungskräfte zukünftig noch weniger erlauben können, die betriebliche Weiterbildung ungesteuert nebenherlaufen zu lassen“ (Gesmann, 2022, 170).

Entsprechend kann Microlearning auch und gerade in sozialen Organisationen echte Vorteile bieten:

  • Zeit- und kosteneffizient: Traditionelle Lernformen können zeitaufwendig und damit kostenintensiv sein. Mit Microlearning können Mitarbeiter:innen neue Inhalte in kurzen, flexiblen Einheiten erlernen, ohne ihren Arbeitsablauf (zu) stark zu beeinträchtigen. Dies spart Zeit und ermöglicht den Mitarbeiter:innen, „parallel zum Job“ zu lernen.
  • Flexibilität: Soziale Arbeit braucht Flexibilität. Mitarbeiter:innen müssen oft schnell auf neue Situationen reagieren. Microlearning bietet die Möglichkeit, benötigtes Wissen „just-in-time“ abzurufen, sei es in der Arbeitsstelle, im Home Office oder unterwegs.
  • Individuelles Lernen: Jede:r Mitarbeiter:in hat unterschiedliche Wissensstände und (Lern-)Bedürfnisse. Mit Microlearning können (relativ) einfach individuelle Lernpfade gestaltet werden, die den jeweiligen Anforderungen gerecht werden und eine maßgeschneiderte Weiterbildung ermöglichen.
  • Nachhaltiges Lernen: Kurze und prägnante Lerneinheiten fördern das bessere Behalten von Informationen. Die Möglichkeit, Inhalte in kleinen Häppchen zu wiederholen, stärkt das Langzeitgedächtnis und sorgt für nachhaltiges Lernen.

Chancen von Microlearning in Organisationen der Sozialen Arbeit:

Ich habe mir gerade eine Cajon gekauft (so eine Trommelkiste). Ich will damit meinen Sohnemann beim Gitarre spielen begleiten. Aber ich kann es nicht. Was also tun? YouTube-Videos schauen im Sinne meines eigenen Lernens. Dadurch erhoffe ich mir die Chance, ein Instrument zu lernen. Aber welche Chancen bietet Microlearning in Organisationen der Sozialen Arbeit?

  • Praxisnähe: Microlearning-Module können sich auf praktische Situationen im Arbeitsalltag der Sozialen Arbeit konzentrieren. Mitarbeiter:innen können spezifische Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die ihnen in ihrer täglichen Arbeit unmittelbar dann, wenn Fragen und Herausforderungen auftreten, zugutekommen.
  • Weiterentwicklung der Mitarbeiter:innen: Durch den einfachen Zugang zu relevantem Wissen und die Möglichkeit, schnell und einfach aktuell notwendige Kompetenzen im Sinne von Future Skills zu erwerben, können Mitarbeiter:innen ihre eigenen Kompetenzen kontinuierlich verbessern und sich den Anforderungen einer sich wandelnden Organisation und übergreifend einer sich wandelnden Gesellschaft anpassen.
  • Multimodalität: Microlearning vereint idealerweise verschiedene Medien wie Texte, Videos, Podcasts oder interaktive Lernmaterialien. Daraus resultiert ein Lernerlebnis, das auf die individuellen Lernbedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter:innen abgestimmt und damit vielfältig und ansprechend ist. Nur so gelingt der Kulturwandel hin zu einer echten Lernkultur.

Inhalte für Microlearning in Organisationen der Sozialen Arbeit

OK, die Chancen und Vorteile sind klar und (so meine Meinung, natürlich 😉 ziemlich einleuchtend. Aber was, also welche Inhalte können im Format des Microlearnings vermittelt werden? Um die Spannung nicht zu groß werden zu lassen: Ehrlich gesagt sind nahezu alle Arten von Inhalten für Microlearning geeignet. Vor allem aber lassen sich sich schnell und ressourcenschonend aktuelle Inhalte aufbereiten und den Mitarbeiter:innen zur Verfügung stellen. Wichtig ist aber, dass die Inhalte klar strukturiert und in kurze, leicht verdauliche Einheiten aufgeteilt werden. Die Inhaltsvielfalt ermöglicht es, Microlearning als vielseitiges und effektives Lernformat in verschiedenen Bereichen der Aus- und Weiterbildung einzusetzen. Aber etwas konkreter:

  • Wissenshäppchen: Komplexe Themen können in kleine, leicht verständliche Wissenshäppchen aufgeteilt werden. So können einzelne Konzepte oder Fakten in kurzer Zeit vermittelt werden. Zu denken ist hier bspw. an rechtliche Änderungen (BTHG, KJSG, Grundlagen aus den SGB usw.).
  • Fertigkeiten und Soft Skills: Praktische Fertigkeiten und Soft Skills, wie z.B. Kommunikationstechniken, Zeitmanagement oder Präsentationsfähigkeiten, lassen sich gut in kurzen Lerneinheiten trainieren. Zu denken ist – vor allem auf Ebene der Führungskräfte – auch an Skills zur Verhandlungsführung, zur Führung von Hilfeplangesprächen.
  • Informationen zu definierten Prozessen: Die dominierende Informalität sozialer Organisationen (What??? Hier lesen… 😉 in Verbindung mit dem Fachkräftemangel erfordert zunehmend die Definition von klaren Prozessen über Anforderungen und Arbeitsabläufe. Neue oder veränderte Prozesse können sehr gut über Microlearning-Einheiten verdeutlicht werden.
  • Methoden rund um Führung und Teamentwicklung: Auch wenn Methoden nicht alles sind, helfen kleine Ideen und Anregungen, bspw. zu Methoden der Teamentwicklung, im Alltag schon weiter. Und selbst im Führungsalltag auftretende Fragen lassen sich (sofern passend) in kleinen Einheiten vermitteln.
  • Serviceinformationen: Informationen über neue Dienstleistungen können in kurzen Lerneinheiten präsentiert werden, um (neue) Mitarbeiter:innen (oder auch die Nutzer:innen) schnell auf den neuesten Stand zu bringen. Das ist bspw. rund um das „Onboarding“ bzw. die Einarbeitung von neuen Mitarbeiter:innen hoch interessant und ressourcenschonend.
  • Sicherheits- und Compliance-Schulungen: Richtlinien, Verfahren und Sicherheitsbestimmungen können in kurzen, wiederkehrenden Einheiten vermittelt werden, um das Bewusstsein der Mitarbeiter:innen zu schärfen. Neben Arbeitsschutz oder Datenschutz fallen mir hier insbesondere Schulungen rund um die IT-Sicherheit ein.
  • Sprach- und Vokabeltraining: Fremdsprachen oder Fachterminologie lassen sich ebenfalls gut in kurzen Lernmodulen üben, um die Lernenden kontinuierlich und zum Beginn einer neuen Tätigkeit mit neuen Vokabeln zu versorgen.
  • Mini-Simulationen: Kleine Simulationen oder Fallstudien können verwendet werden, um reale Situationen nachzubilden und die Entscheidungsfindung der Lernenden zu fördern.

Ohne hier zu tief auf die (umfangreichen) Gestaltungsmöglichkeiten einzugehen, macht es Sinn, in den Lerneinheiten Reflexionsfragen oder Feedback-Möglichkeiten am Ende einer Lerneinheit einzubinden, um die Möglichkeit zu schaffen, das Gelernte zu überdenken und den Lernfortschritt zu bewerten.

Noch einmal: Nahezu alle Arten von Inhalten eignen sich für Microlearning – auch in Organisationen der Sozialen Arbeit. Wichtig ist nur, dass sie klar strukturiert und in kurze, leicht verdauliche Einheiten aufgeteilt werden – die Inhalte, nicht die Organisationen. Wobei…?

Aber – das erklärt sich wohl von selbst – Microlearning ist nicht die Lösung für alle Lernnotwendigkeiten. Die Vermittlung von breitem, grundlegenden Wissen zu einem Thema fällt darunter, da die kleinen Lerneinheiten per Definition darauf fokussieren, jeweils genau ein Problem zu lösen bzw. jeweils eine Frage zu beantworten. Es reicht auch nicht, einfach jeden Kurs oder jede Weiterbildung in Mikro-Lerneinheiten umzuwandeln, indem man den Kurs einfach in kleinere Stücke zerlegt. Die Unterteilung größerer Kurse und Lerneinheiten macht vielleicht Sinn, um Informationen in kleinen „Learning Nuggets“ zu organisieren. Der aufgeteilte Inhalt des Kurses muss aber immer mit dem Rest des Lerninhalts kombiniert werden, um einen sinnvolles Lernen zu ermöglichen. Die Strategie hinter Microlearning besteht jedoch daraus, für sich unabhängige Lerneinheiten zu gestalten, die auf einen einzigen Zweck ausgerichtet sind.

Fazit:

Für das Phrasenschwein: In Organisationen der Sozialen Arbeit ist lebenslanges Lernen essenziell, um den vielfältigen sozialen Herausforderungen gerecht zu werden.

Aber Spaß beiseite: Microlearning kann hier eine effektive und zeitgemäße Lernmethode darstellen, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen und den Weiterbildungsbedarfen der Organisation entgegenkommt!

Hinzu kommt, dass uns neben aller Effektivität heute und zukünftig nichts anderes übrig bleibt: Wir müssen die Effizienz in den Blick nehmen, auch wenn dieser Begriff nicht so wahnsinnig beliebt ist in der Sozialen Arbeit. Wir benötigen effiziente Möglichkeiten, Lernen und damit „Personalentwicklung“ zu ermöglichen.

Abschließend nur noch ein kurzer Blick auf die schon erwähnte Kulturentwicklung: Diese funktioniert – sehr kompakt ausgedrückt – nicht durch Appelle an eine andere Haltung („Wir sind ab morgen innovativ und kreativ, damit das klar ist!“). Kulturentwicklung funktioniert über die kontinuierliche Anpassung der Verhältnisse, der Strukturen und Abläufe in der Organisation oder dem Team.

Gerade die Gestaltung einer positiven Lernkultur kann mithilfe der Einführung von Microlearning wunderbar gefördert werden. Ach ja, oben hatte ich geschrieben, dass sich selbst im Führungsalltag auftretende Fragen (sofern passend) in kleinen Einheiten vermitteln lassen. Dies finde ich gerade für neue und angehende Führungskräfte spannend, die einen Rollenwechsel vom Teammitglied hin zur Teamleitung vornehmen. Denn Rollenwechsel geht mit der Entwicklung der eigenen Identität einher. Und die Entwicklung der eigenen Identität funktioniert nicht durch ein zweitägiges Führungskräfteseminar, sondern durch eine kontinuierliche Beschäftigung mit den im Alltag auftretenden Herausforderung.


Gibt es in Deiner Organisation entsprechende Möglichkeiten, in kleinen Einheiten selbstbestimmt zu lernen? Schreib dazu doch nen Kommentar oder schick mir gerne eine Mail!


Quellen:

Danke, oder: Weihnachtsretro 2022

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Mit dem letzten Beitrag im Jahr 2022 will ich Dir einfach nur Danke sagen! Und ja, ich will auch einmal auf das Jahr 2022 – also zurück – schauen. Aber zuerst einmal:

Danke!

Danke dafür, dass Du meine Beiträge liest. Und noch mehr Danke dafür, dass wir (je nach Leser_in) zusammen gedacht, gelacht, gemacht haben. Für mich ist das großartig, an vielen Stellen sogar unglaublich.

Warum?

Das will ich im Folgenden anhand einer kleinen Retrospektive des Jahres 2022 erläutern. Und nein, ich will nicht auf die herausfordernden Seiten des Jahres blicken – gerade weil die Probleme uns von allen Seiten anspringen.

Denn in einem Weihnachtsgruß (danke an dieser Stelle an alle Weihnachtsgrüßler_innen) stand der Satz

„Resignation ist keine Option!“

Aber los jetzt, wie war das oder besser: mein Jahr 2022?

Was war richtig gut?

Punkt 1: Das Jahr aus Perspektive von IdeeQuadrat.

Ja, wir reden in good old Germany nicht über Geld und Du wirst hier auch nicht mehr erfahren als die Tatsache, dass es mir gelungen ist, meine Familie auch mit selbständiger Arbeit nicht verhungern zu lassen. Das ist natürlich völlig untertrieben: Es war ein geschäftlich gutes Jahr (wenn wir mal das Finanzamt außen vorlassen…). Und das ist, vor allem wenn ich an den Beginn des Jahres denke, unglaublich. Dazu aber später mehr.

Dass es ein gutes Jahr war resultiert natürlich aus Dir, aus Euch, aus den Menschen, mit denen ich zusammen arbeiten durfte. Und die Menschen waren wirklich immer richtig gut.

Jede*r, mit dem ich zusammenarbeiten durfte, hatte das Bedürfnis, Dinge in die Hand zu nehmen, die eigene Organisation zu entwickeln, andere Menschen über Veranstaltungen zu inspirieren, dazu anzuregen, über den Tellerrand des mehr als herausfordernden Business as Usual hinauszuschauen.

Richtig gut war auch die Entscheidungen, eigene, kleine Online-Workshops durchzuführen. Auch darüber habe ich viele neue Menschen kennengelernt und konnte hoffentlich einige Ideen weitertragen, die dann in der eigenen Organisation Wurzeln schlagen und zu echter Entwicklung führen.

Und richtig gut ist es, jetzt einige Tage innehalten zu können und nicht zu arbeiten 😉

Was habe ich gelernt?

Ich habe gelernt…

…wie unfassbar großartig die Arbeit ist, die in vielen Einrichtungen und Organisationen trotz herausfordernder Bedingungen geleistet wird.
…dass es 2022 leider besser war, das Auto anstatt den Zug zu nehmen.
…dass es nicht reicht, Veränderung einseitig zu betrachten, sondern immer das komplexe, zu verändernde System mit allen Facetten mitgedacht werden muss.
…besser meinen eigenen, dunklen Seiten und tief verborgenen Ängsten begegnen zu können, ohne gleich wegzurennen.
…mehr Vertrauen in mich und die Menschen um mich herum zu haben.

Ich habe das Jahr 2022 mit dem Versuch einer Vorausschau, mit meiner Strategie 2025 gestartet, die unter dem Titel „Verführungen am äußeren Rand der Panikzone“ stand.

Dazu lässt sich zusammenfassend sagen, dass ich 2022 Gott sei Dank aus der Panikzone in die Lernzone gelangt bin. Nein, die Lernzone ist nicht meine Komfortzone.

Und das ist gut so.

Was hat mir gefehlt?

2022 hat mir schon an manchen Tagen das Vertrauen in mich und meine Entscheidung gefehlt. Ich habe mich selbständig gemacht. Krasser Scheiß! Von vielen Menschen habe ich gehört, wie mutig das gewesen wäre.

Ich habe dann immer geantwortet, dass der Grat zwischen Mut und Wahnsinn ziemlich schmal ist – vor allem dann, wenn man nicht nur für sich da ist, sondern für eine Familie mit drei Kindern Verantwortung trägt.

Gefehlt hat mir an manchen Stellen Unterstützung dahingehend, dass es so viele große Themen zu bearbeiten gibt, die aber allein nicht angegangen werden können, da die zeitlichen Ressourcen dafür fehlen. Zum einen heißt es hier Abstand nehmen und sich auf den eigenen Circle of Influence zu fokussieren.

Zum anderen bleiben Gedanken, Ideen, Visionen, wie IdeeQuadrat sinnvoll, gut und sicher wachsen und sich entwickeln kann.

Und noch ein ähnlicher, aber übergreifender Aspekt, der mir gefehlt hat:

In meinem letzten Newsletter habe ich mich über die bei Kund_innen fehlenden Ressourcen für wirklich nachhaltige Veränderung aufgeregt.

Um aber von der Funktionsoptimierung zum Prozessmusterwechsel (vgl. Kruse, 2020, 24ff), zum Neuen, zu innovativem Handeln gelangen zu können, braucht es Mut zum Risiko. Es gilt, die Unsicherheit in Phasen der Instabilität auszuhalten. Prozessmusterwechsel gelingen dann, wenn Systeme in aus der Stabilität in „kritische Instabilität“ (vgl. ebd., 61) versetzt werden und von dort aus Neugestaltung stattfinden kann (der Beginn der Pandemie war ein gutes Beispiel).

Um die Phasen der Unsicherheit, der kritischen Instabilität auszuhalten und bewältigen zu können, sind jedoch wiederum Ressourcen notwendig, wenn gleichzeitig zur Neugestaltung der „Laden am Laufen gehalten“ werden soll. Und diese Ressourcen fehlen angesichts der zu 120% ausgelasteten Systeme, sozialen Organisationen, Einrichtungen an vielen Stellen.

Das ist nur zum Teil eine Frage der Prioritäten der Mittelverwendung der Organisationen. Es ist vor allem eine Frage der angemessenen Finanzierung sozialer Dienstleistungen. Diese muss es ermöglichen, einen angemessenen Overhead für wirksame Personal- und Organisationsentwicklung bereitzustellen.

Abschließend hat mir mit Blick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen (immer noch) gefehlt, dass unsere Branche angemessen in der öffentlichen Wahrnehmung berücksichtigt wird. Angesichts der Polykrisen unserer Zeit und der Möglichkeiten der Sozialwirtschaft, in diesen Krisen echte Lösungen zu bieten, ist das dramatisch.

Die fehlende Aufmerksamkeit ist sicherlich ein hausgemachtes Problem: Politische Kommunikation, Selbstvermarktung, „einen auf dicke Hose machen“ liegt uns nicht unbedingt und wird auch im Studium nicht vermittelt. Die Sozialwirtschaft tut Gutes, redet aber nicht darüber.

Und dann kommen „Social Entrepreneurs“, deren Beitrag zur Innovation sozialer Dienstleistungen ich in keinster Weise in Abrede stellen will, die aber mit „einfachen Lösungen“ wunderbar an die Politik andocken können. Politik braucht kurze Antworten, Politik braucht Lösungen, die medienwirksam „rausgehauen“ werden können. Da passen komplexe, systemische Herangehensweisen nicht so geil (wahrscheinlich ein Wort, das niemand mehr nutzt, außer so GenXler).

Hier müssen wir in Zukunft nachlegen.

Wonach sehne ich mich?

Ich will diesen letzten Punkt nicht vertieft besprechen. So müsst ihr Euch darauf einstellen, auch einen Beitrag zum Ausblick für 2023 zu lesen. Das kommt dann aber im Januar 😉

Nur ein paar Gedanken:

Angesichts des oben Geschriebenen sehne ich mich 2023 nach mehr Vertrauen in meine Entscheidungen.

Und ich sehne mich danach, meine „Work-Life-Balance“ besser in den Griff zu bekommen. Darin, im Ausgleich, im Finden der guten Mitte zwischen Anspannung und Entspannung, in der Verbindung aus Ying und Yang war ich noch nie gut. In der Selbständigkeit ist das nicht unbedingt von Vorteil 🙂

Ich sehne mich auch danach, Ideen, Möglichkeiten, Gedanken, Methoden, Herangehensweisen, Fragen zu den mich beschäftigenden Themen tiefer durchdenken zu können. So habe ich gelernt – ein Punkt für oben – das es einen Unterschied gibt zwischen Arbeit und bezahlter Arbeit. Ich liebe es, zu schreiben, zu denken, zu verbinden, zu recherchieren, um darüber zu Antworten zu kommen, die auf den ersten Blick nicht offensichtlich waren. Hier würde ich gerne mehr reingehen.

Und jetzt sehne ich mich danach, abzuschalten, rauszukommen, Family und Weihnachten zu genießen, die Rauhnächte zu erleben und das, was war, loszulassen, offen zu werden, mich wieder zu sammeln und auf das Neue zu fokussieren.

Habt eine gute Zeit, gesegnete Weihnachten, einen guten Start ins Jahr 2023! Und noch einmal:

Danke!

P.S.: Die Grafik oben ist von meiner Tochter, K1 😉

Quellen

Kruse, Peter, Andreas Greve, und Frank Schomburg. Next practice – erfolgreiches Management von Instabilität: Veränderung durch Vernetzung. 9., um Ein Geleitwort erweiterte Auflage. Offenbach: GABAL, 2020.

Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft, oder: Hört auf, zu suchen (und was stattdessen sinnvoll ist)!

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Was hat der Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft mit dem Klimawandel gemeinsam?

Aus meiner Sicht mindestens zwei Dinge:

Zum einen ist beides alles andere als ein neues Problem! Wir wissen spätestens seit dem Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ aus dem Jahr 1972 (50jähriges Jubiläum – herzlichen Glückwunsch), dass und auch was da auf uns zukommt (die Erwähnung des Sommers 2022 spare ich mir mal). Und genauso wissen wir seit Jahren, was in Bezug auf den Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft auf uns zukommt: Der demographische Wandel ist nicht neu. So liegt die Geburtenrate seit den 1970er Jahren unter der Sterberate. Was das bedeutet sehen wir heute in fast allen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit. Ich selbst habe bereits 2017 einen Beitrag zum Thema hier verfasst (den ich heute so nicht mehr verfassen würde). Deutlich fundierter ist aber bspw. diese Promotion von Dr. Anja Warning, die sich bereits im Jahr 2012 mit dem „Fachkräftemangel und Fachkräfteengpässe in Deutschland: Befunde, Ursachen und Handlungsbedarf“ auseinandergesetzt hat.

Zum anderen haben wir nichts, zumindest nichts Wesentliches dagegen getan – nichts gegen die Klimakatastrophe und nichts gegen den Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft. Bei beidem hätte es Lösungen gegeben. Der Umstieg auf erneuerbare Energien hätte nicht seit gestern (hat er?), sondern spätestens seit den 80er Jahren Priorität haben müssen. Genauso hätte es seit den 80er Jahren Bemühungen geben müssen, unser Sozialsystem und damit die sozialen Organisationen (und alles was damit zusammenhängt) umzugestalten. Haben wir nicht gemacht, beides. Und der Versuch, jetzt, hoppladihopp, etwas gegen den Klimawandel zu tun, ist zum Scheitern verurteilt.

Genauso ist der Versuch, den Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft mal eben so zu beseitigen und neue Fachkräfte für die Soziale Arbeit zu bekommen, zum Scheitern verurteilt.

Nur ein Beispiel: Da nehmen Komplexträger mit mehreren Tausend Beschäftigten viel Geld in die Hand, um ausländische Fachkräfte zu gewinnen (eine mögliche Strategie). Konkret fliegen mehrere Mitarbeiter:innen in der Welt herum, um als Ergebnis 3 (in Worten: drei) neue Fachkräfte aus irgendeinem afrikanischen Land zu uns zu holen. Das Ganze macht aus Schauseitenperspektive Sinn („Schaut mal, wir tun was! „). Aus Effizenzgesichtspunkten ist es:

Quatsch!

Worauf ich hinaus will? Ganz einfach:

Wir sollten aufhören, so zu tun, als könnten wir den Klimawandel „abwenden“ genauso wie wir aufhören sollten, viel Hoffnung (und Ressourcen) in Gewinnung neuer Fachkräfte zu investieren.

Nein, damit will ich nicht sagen, dass es – mit Blick auf das Klima – keinen Sinn macht, politische Entscheidungen für die Zukunft (der Menschheit, nicht der Welt) zu treffen, Kartoffeln regional einzukaufen und weniger Auto zu fahren. Im Gegenteil: Ich sehe keine wirklich großen, politischen Initiativen geschweige denn Entscheidungen, die wirklich langfristig etwas an der Klimasituation verändern würden. Diese wären dringend notwendig.

Genauso wenig will ich sagen, dass – mit Blick auf den Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft – jetzt alle Stellenausschreibungen beendet werden und soziale Organisationen nicht mehr an ihrer Arbeitgebermarke arbeiten sollten oder wir uns nicht mehr weiter um eine Steigerung des gesellschaftlichen Ansehens (und damit der Bezahlung) der Gesundheits- und Sozialberufe bemühen müssen.

Aber kurz- und mittelfristig: No Chance!

Da sind einfach keine Fachkräfte mehr. Unterstrichen wird dieser „Eindruck“ bspw. auch durch die aktuelle Studie von Hickmann und Koneberg (2022) „Die Berufe mit den aktuell größten Fachkräftelücken“:

Das Bild zeigt die aktuelle Situation. Mit ein wenig „Blick nach vorne“ wird die Situation nicht besser, wie bspw. diese Studie hier darlegt, die bis zum Jahr 2026 die Fachkräftesituation in den Blick nimmt – und zwar für die Sozialen Berufe sehr sicher. Hier mal die Top-5 der Top-30 Engpassberufe bis 2026 basierend auf der verlinkten Studie:

Wir sollten endlich damit aufhören, darüber zu lamentieren, dass es keine Fachkräfte gibt. Absurd wird das Lamentieren übrigens dann, wenn – Stichwort quiet quitting – darüber gejammert wird, dass die neue Generation nicht mehr 100% unter den aktuellen Bedingungen arbeiten will – also 120 %.

Ja, ist doch logisch…

Und auch wenn es etwas pessimistisch klingt sollten wir uns darüber freuen, dass der Sommer 2022 der kälteste Sommer mit Blick aus der Zukunft war. Und genauso sollten wir uns darüber freuen, dass die Fachkräftesituation aktuell so gut ist, wie nie mehr in den nächsten Jahren.

(Wenn wir uns schon gerade freuen, ein weiterer lustiger Aspekt: Die Bundesregierung verspricht – neben der Absurdität des Rechts auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder im Jahr 2026 – in ihrer „5-Punkte-Strategie“ zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, die Möglichkeiten zur Kinderbetreuung weiter auszubauen! Kein Witz…).

Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft: Neu denken (und machen)

Die (kleine) Freude sollten wir zum Anlass nehmen, anstatt permanent am Status Quo zu hängen, damit zu beginnen, Alternativen zu dem zu entwickeln, wie wir aktuell Soziale Arbeit und Soziale Organisationen denken und strukturieren, um bestmögliche Soziale Arbeit leiten zu können.

Das klingt einfacher, als es im komplexen Alltag und unter den gesetzlichen Rahmenbedingungen ist, keine Frage.

Aber es ist notwendig.

Für mich ergeben sich sehr konkrete Ansatzpunkte bezogen auf den Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft, die aus organisationaler Perspektive für eine Soziale Arbeit der Zukunft und damit für eine #NewSocialWork angegangen werden können. Diese Punkte habe ich in den folgenden 8 Thesen zusammengeführt:

These 1: Qualität vor Quantität stellen!

Auf den ersten Blick klingt es hart:

Wir werden zukünftig nicht mehr alle Angebote und Dienstleistungen aufrecht erhalten können, wenn wir dazu nicht mehr eine ausreichende Anzahl an Mitarbeiter:innen haben. Wir werden Angebote einstellen müssen. Das wird auch dazu führen, dass Mitarbeiter:innen das, was sie bislang getan haben, nicht mehr tun können. Und es wird auch dazu führen, dass Nutzer:innen bislang vorgehaltene Angebote nicht mehr wahrnehmen können. Es gilt, Abschied zu nehmen.

Auf den zweiten Blick aber ist Loslassen hilfreich:

So ist es normal, dass Angebote, Produkte und Dienstleistungen – genauso wie Organisationen – einem Lebenszyklus unterliegen. Bedarfe von Nutzer:innen verändern sich und damit verändert sich auch die Frage des Überlebens von Angeboten. Faxgerätehersteller ebenso wie Hersteller von Filmen für die analoge Fotografie wissen das. Und ja, es gibt immer noch einige Firmen, Schulen und Verwaltungen, die gerne analoge Fotos per Fax verschicken würden – geht aber eben nicht mehr.

Entsprechend gilt es, das Angebotsportfolio Sozialer Arbeit kritisch in den Blick zu nehmen und genau abzuwägen, ob die Leistungen in der bereitgestellten Art und Weise weiterhin angeboten werden müssen.

Haben nicht manche Projekte und Angebote die Reifephase überschritten und werden als tote Pferde weiter geritten?

Das Abwägen, ob Angebote sinnvoll sind oder nicht, kann und darf in sozialen Organisationen aber nicht allein an monetären Kennzahlen festgemacht werden. Soziale Organisationen sind – sofern sie ihren Auftrag ernst nehmen – mehr als Unternehmen, die ausschließlich auf Profit ausgerichtet sind.

Aus meiner Perspektive kommt hier die Frage der Wirkungsorientierung in den Fokus. Dazu schreibt Sebastian Ottmann sehr passend:

„In Zeiten von knappen Haushaltsmitteln und eventuell drohenden Kürzungen von Zuschüssen und Finanzierungen von Angeboten der Sozialen Arbeit wird es immer wichtiger, die Wirkung und Relevanz der Angebote und Leistungen der Sozialen Arbeit darzustellen.“

https://blog.soziale-wirkung.de/2022/07/13/relevanz-und-wirkung-angeboten-sozialen-arbeit-darstellen-sechs-tipps/

Wie gesagt: Nicht nur drohende Kürzungen der Mittel, sondern auch Mangel an Fachkräften erzwingen diesen Blick.

Kurz:

  • Welche Wirkung entfalten Ihre Angebote?
  • Und woran halten Sie trotzdem fest?

Ich kann hier nicht in aller Breite auf das Thema Wirkungsorientierung eingehen. Dazu ist meine dringende Empfehlung, den Blog von Sebastian in den Blick zu nehmen.

Und – im Vorgriff auf die nächste These – gilt es, „Exnovationskompetenz“ zu entwickeln. Exnovation, das Wort gibt es wirklich und es lohnt sich, sich einmal damit zu befassen (zum Beispiel über diesen Beitrag zum Thema Exnovation):

Was kann weg?

These 2: Innovationskompetenz entwickeln!

Das Abschmelzen des Angebotsportfolios, die Exnovation, allein kann aber nicht die Lösung sein.

Zwar ist weniger manchmal mehr, aber es gilt parallel, innerhalb (und vielleicht auch außerhalb) der (noch) herrschenden gesetzlichen Rahmenbedingungen neue, wirksame Ideen zum Leben zu erwecken und damit Innovationen zu ermöglichen.

Hierzu ein Blick in die Ergebnisse meiner im Jahr 2016 verfassten Master-Thesis, in der ich die Steigerung der Innovationskompetenz sozialer Organisationen explizit in den Blick genommen habe.

Darin definiere ich Innovation wie folgt:

„Unter einer Innovation wird die zielgerichtete Durchsetzung von neuen sozialen Dienstleistungen, wirtschaftlichen, organisationsstrukturellen und -prozessualen sowie sozialen Problemlösungen verstanden, die darauf ausgerichtet sind, die Unternehmensziele auf eine neuartige Weise zu erreichen.“

Deutlich wird, dass sich Innovation und damit die Steigerung der Innovationskompetenz nicht ausschließlich auf die Neuentwicklung von Angeboten bezieht, sondern explizit auch auf den Blick in die Organisation, auf Strukturen, Strategien, Prozesse und Fragen der Neuorganisation von Führung und Zusammenarbeit innerhalb der Organisationen. Innovation ist damit ganzheitlich zu betrachten.

Innovation ist aber nicht immer das Große, Bahnbrechende, Krasse und „Disruptive“. Innovation kann auch das kleine Neue sein, das, was Sie vielleicht als „normal“ erachten.

Hier gilt es, hinzuschauen, wahrzunehmen und neue Möglichkeiten für wirksame Angebote ebenso wie für die Neugestaltung von funktionalen Strukturen und Prozessen zu testen – „in der Hoffnung, dass es besser wird“ (Wolf Lotter).

  • Was haben Sie in den letzten Jahren neu gestaltet?
  • Warum ist das gelungen?
  • Und wie können welche Innovationen dazu führen, wirkungsvoller zu arbeiten?

Mir fällt in vielen Organisationen auf, dass diese zwar von Innovation sprechen und auch willig sind, neue Wege zu gehen. Einen Prozess jedoch, wie aus einer Idee eine Innovation werden kann, haben wenige Organisationen. Hier habe ich beschrieben, wie die 4 Schritte zu einem lebendigen Innovationsmanagement aussehen können.

These 3: Organisationen an ihrem Zweck orientieren!

Die Kernfrage in der Arbeit mit sozialen Organisationen ist für mich:

„Passen die Strukturen der Organisation zum Zweck, den die Organisation verfolgt?“

Damit stehen zwei Dinge im Fokus meiner Beratungstätigkeit:

  • Welchen Zweck verfolgt die Organisation?

Und

  • Welche Strukturen weist die Organisation auf?

Hinter den Fragen stehen dann verschiedene komplexe Zusammenhänge: Bezogen auf die Strukturen zeigt allein die Unterscheidung von formalen und informellen Strukturen die sich eröffnende Komplexität. Und die Frage nach dem Zweck ist in sich hochgradig ausdifferenzierenden pluralistischen Organisationen, die unterschiedliche Arbeitsfelder bedienen (Komplexträger), nicht einfach und für alle Bereiche der Organisationen gleich zu beantworten.

Entsprechend gilt es, den Zweck nicht nur auf Ebene der Gesamtorganisation (bspw. im Leitbild), sondern auch innerhalb verschiedener Organisationsbereiche, Abteilungen, Arbeitsfeldern und auch Teams zu definieren:

  • Wozu sind wir (als Organisation, als Abteilung, als Bereich, als Team) da?

Aus der Beantwortung ergibt sich die Suche nach den für die jeweilige Einheit bestmöglich passenden – funktionalen – formalen Strukturen.

Dabei kann es – als ein Beispiel – für die Organisation funktional sein, selbstbestimmt agierende Teamstrukturen einzuführen (die nicht weniger Strukturen aufweisen, aber andere!).

Es kann – bei entsprechendem Zweck – genauso funktional sein, zunächst die Prozesse der jeweiligen Einheit zu analysieren, zu straffen und hinsichtlich komplexer und komplizierter Prozesse zu unterscheiden. Darüber lassen sich dann u.a. Digitalisierungsoptionen finden, die – wenn gut gemacht – Ressourceneinsparungen und Arbeitserleichterungen ermöglichen.

Noch einmal: Die Strukturen sollten funktional sein!

Für soziale Organisationen gilt übergreifend:

  • Wo, an welcher Stelle, in welchem Bereich, in welcher Abteilung und in welchem Team arbeiten wir funktional im Sinne des Zwecks der Organisation?
  • Wo zeigt sich „Verschwendung“ im Sinne von dysfunktionalen Strukturen, Arbeitsschritten und Prozessen?
  • Wo existieren nicht funktionale Fettpolster (Slack), die an anderer Stelle dringend benötigt und wirkungsvoller eingesetzt werden können?

These 4: Qualität und Kultur durch Strukturen gestalten!

Mit Blick auf den Fachkräftemangel steht im Raum, dass eine Aufweichung der Zugangshürden in soziale Berufe (bspw. durch die Einstellung von fachfremd ausgebildeten Menschen, durch die Abschaffung der Notwendigkeit, die staatliche Anerkennung vorzuweisen) zu einer abnehmenden Qualität Sozialer Arbeit führt.

Bevor ich meinen Gedanken ausführe: Auch aus meiner Sicht ist es erstrebenswert, wenn in Sozialen Berufen ausschließlich Menschen mit der bestmöglichen Qualifikation arbeiten würden. Dies sehe ich als unbedingt empfehlenswert an, da es in vielen Bereichen (bspw. Kita) um unser wertvollstes Gut – um unsere Kinder – und ingesamt ganz einfach um Menschen geht.

Aber so bitter es ist: Die Fachkräfte fehlen. Oft wird inzwischen nicht mehr von Fachkräfte-, sondern von Arbeitskräftemangel gesprochen. Die Einstellung von fachfremden oder weniger gut ausgebildeten Fachkräften als Arbeitskräfte ist die notwendige Konsequenz, um Angebote aufrecht zu erhalten (sofern sinnvoll, siehe oben).

Es bleibt keine andere Wahl, als Mitarbeiter:innen einzustellen, die wir uns hinsichtlich ihrer fachlichen Kompetenzen nicht „gewünscht“ haben. Hinzu kommt, dass Sie Menschen – selbst wenn sie die fachlichen Qualifikation erfüllen würden – hinsichtlich ihrer „Haltung“ oder ihrem „Mindset“ niemals einstellen würden, wenn Sie die Wahl hätten.

Die Wahl haben Sie aber oft nicht (mehr).

Theoretisch ausgedrückt verlieren damit Personalentscheidungen, die neben den Konditional- und Zweckprogrammen sowie den Kommunikations- und Entscheidungswegen als Strukturtypus von Organisationen (vgl. bspw. Kühl, 2016) fungieren, ihre Wirkkraft.

Entsprechend ist es notwendig, explizit auf die Gestaltung funktionaler formaler Strukturen in Ihren Teams und Organisationen zu achten:

Wenn Sie die Qualität Ihrer Angebote mit den vorhandenen Mitarbeiter:innen (Fach- wie Arbeitskräften) aufrecht erhalten wollen, müssen Sie die formalen Strukturen sehr klar gestalten:

  • Wer ist für was zuständig?
  • Welche Schritte sind – bspw. bei einer Eingewöhnung in der Kita – unbedingt einzuhalten?
  • Wie sind die Arbeitszeiten ausgestaltet?
  • Wie sind Vertretungsregelungen?
  • Wie verlaufen die formalen Kommunikationswege?
  • Und so weiter…

Die festgelegten formalen Strukturen, Prozesse und Abläufe (Konditionalprogramme) müssen übrigens nicht in Stein gemeißelt werden. Vielmehr sollten die Vorgaben in regelmäßigen Zeitabständen (Iterationen) in den Blick genommen und verbessert werden:

  • Wo hakt es?
  • Was passt – was nicht?
  • Wo ergeben sich Schwierigkeiten?
  • Welche sinnvollen Änderungen können wir vornehmen?

Denn es geht nicht darum, möglichst viele formale Vorgaben zu machen.

Es geht darum, funktionale formale Vorgaben zu machen, die Orientierung für Mitarbeiter:innen – unabhängig von ihren fachlichen Kompetenzen – ebenso wie Sicherheit für die Nutzer*innen bzgl. der zu erwartenden Leistung im komplexen Alltag bieten.

Kleine Anekdote: Ich hatte vor Kurzem ein Gespräch, indem mein Gesprächspartner mit Blick auf den Fachkräftemangel von der „notwendigen „McDonaldisierung“ Sozialer Arbeit sprach. Auch wenn das Bild bei vielen sicher auf Skepsis stößt und der Vergleich an vielen Stellen hinkt:

McDonalds hat es geschafft, durch klare Prozesse und Strukturen, durch eindeutige Konditional- bzw. „Wenn – dann“ -Programme, eine verblüffend gleiche Qualität (ohne Wertung 😉 an egal welchem Standort anzubieten. Die Pommes schmecken überall gleich! Das gelingt nicht durch eine umfassende Ausbildung aller Mitarbeiter:innen, in der diese „auf die Spur gebracht werden“ oder durch die Vermittlung des „purpose“ von McDonalds. Das gelingt auch nicht durch Mitarbeiterbespaßungsprogramme und gratis Obst. Das gelingt durch die klare Vorgabe von Arbeitsschritten, durch eindeutige Konditionalprogramme bezogen auf das, was zu tun ist.

Aber – dazu später mehr – diese Konditionalprogramme („wenn – dann“) sind in Arbeitsfeldern Sozialen Arbeit aufgrund der immer individuellen Interaktionen nicht mal eben so zu gestalten.

These 5: Studium ebenso wie interne Aus- und Weiterbildung entwickeln

Angesichts der Schilderungen der anzunehmenden Entwicklungen der Personalsituation ist es notwendig, Studium, Aus- und Weiterbildung zu überdenken.

Ich bin großer Fan der generalistischen Ausbildung Sozialer Arbeit auf Bachelor-Ebene. Menschen in Sozialen Berufen brauchen den breiten Blick, das Systemdenken, die Vernetzungen… um das ganze Bild des Menschen und der Systeme, in denen Menschen leben, und nicht nur einen Teilbereich (Körper, Psyche…) oder ein einzelnes Funktionssystem (Recht, Politik, Wirtschaft, Medizin…) berücksichtigen zu können.

Sozialarbeiter:innen (ebenso wie Erzieher:innen) sind Spezialist:innen für das Generelle.

Das wird bspw. deutlich, wenn man die „Internationale Definition Sozialer Arbeit“ in den Blick nimmt, die Soziale Arbeit als Disziplin und Profession definiert, die gesellschaftliche Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen fördert (bzw. fördern will).

Dahinter steht ein Menschenbild, eine professionelle „Haltung“:

Wir sind nicht die Expert:innen für die Lösung der Probleme der Menschen. Wir stärken die Autonomie und Selbstbestimmung der Menschen und befähigen sie darin, „es selbst zu tun“.

Wenn jetzt aber zunehmend Menschen als Arbeitskräfte ohne die notwendigen Fachkompetenzen und ggf. auch ohne bzw. mit einer anderen professionellen Haltung als Mitarbeiter:innen in die Organisationen kommen, sind die Professionellen gefragt, neben den fachlichen Fragen dieses sozialarbeiterische Menschenbild, diese professionelle Haltung Sozialer Arbeit in der Organisation mit Blick auf die Nutzer:innen aufrechtzuerhalten.

Die Fachkräfte sind aber darüber hinaus gefragt, nicht nur die Nutzer:innen sozialer Dienstleistungen, sondern auch die neuen Mitarbeiter:innen darin zu befähigen, „es selbst zu tun“.

Diese Haltung zur Befähigung zu mehr Selbstbestimmung und Autonomie, die im Studium bezogen auf die Nutzer:innen bereits Standard ist (oder zumindest sein sollte), ist damit zum einen bereits im Studium auszuweiten auf die Haltung und auch auf Methoden und Kompetenzen zur Befähigung der neuen Mitarbeiter:innen in den Organisationen zu mehr Selbstbestimmung und Autonomie.

Damit werden alle Fachkräfte zugleich auch Führungskräfte, was im Studium deutlicher als bislang zu betonen ist. Es gilt, im Studium neben dem Fokus auf die Nutzer:innen sowie deren Lebenswelten einen Fokus auf Organisation, Leitung und Führung ebenso wie auf Organisations- und Personalentwicklung zu legen. Kurz:

Das Organisationsbewusstsein der Fachkräfte Sozialer Arbeit ist zu stärken.

Denn: Fachkräfte Sozialer Arbeit müssen zukünftig verstärkt aktiv „als Führungskräfte“ in die Personalentwicklung der Mitarbeiter:innen, die nicht Fachkräfte sind, in den organisationalen Alltag eingebunden werden.

Daraus folgt neben der Weiterentwicklung von Studium und Ausbildung (was ziemlich lange dauern kann) auch die Notwendigkeit der Entwicklung der Personalarbeit innerhalb der Organisationen Sozialer Arbeit:

Es gilt, auch innerhalb der Organisationen und mit Blick auf das vorhandene Personal deutlich stärker zu analysieren und zu gestalten, wie die Fachkräfte in die Entwicklung der neuen Mitarbeiter:innen eingebunden werden können. Damit, um dies noch einmal zu wiederholen, werden alle Fachkräfte Sozialer Arbeit zu Führungskräften.

Wenn diese Entwicklung aktiv von den Organisationen – bspw. über entsprechend gestaltete Führungskräfteentwicklungsprogramme – angegangen wird, kann daraus ein Potential zur Mitarbeiterbindung erwachsen:

Es ergeben sich neue Aufgaben für die Fachkräfte in der Entwicklung der Mitarbeiter:innen. In der Fachsprache geht es um „job enrichment“ und damit um die qualitative Erweiterung des Aufgabenspektrums der Fachkräfte.

These 6: Führung leben!

A propos Führung:

Das mit den Strukturen ist ja nett, oder? Und wahrscheinlich haben Sie als Führungskraft an der ein oder anderen Stelle klare Vorgaben, Regeln und Prozesse und damit formale Strukturen und Konditionalprogramme eingeführt, um die Rahmenbedingungen und Arbeitsabläufe transparent zu gestalten?

Diese Gestaltung der Rahmenbedingungen – die Arbeit an statt in der Organisation – ist – so meine Auffassung – bereits ein Kern von Führung:

  • „Welche Strukturen und Rahmenbedingungen braucht es, damit unsere Organisation, mein Team etc. bestmöglich arbeiten kann?“

Führung dient dazu, formal bindende, manchmal auch unpopuläre Entscheidungen über die Rahmenbedingungen der Arbeit zu treffen, von denen andere tangiert werden.

Sonst bräuchte es keine Führung.

Die erste Frage bezogen auf Führung lautet damit:

  • Trauen Sie und Ihre Führungskräfte sich, Entscheidungen zu treffen, von denen andere betroffen sind?

Selbstverständlich können (und sollten an vielen Stellen) diese Entscheidungen gemeinsam, partizipativ im Team und nicht nur im stillen Kämmerlein vorbereitet werden.

Das Treffen der Entscheidungen kann dann entweder über Sie als Führungskraft direkt – top down – erfolgen oder aber – sofern funktional für den Zweck – gemeinsam im Team.

Dazu bedarf es dann aber ein Wissen über kollektive Entscheidungsmethoden, damit kollektive Entscheidungen nicht in bekannten, für alle frustrierende Minimalkonsense (Plural von Konsens ist Konsense, hab ich extra nachgeschaut…) enden.

Aber noch einmal: Sie als Führungskraft tragen die Verantwortung.

Offen bleibt damit jedoch, ob die durch Sie oder im Team vereinbarten formalen Regeln verbindlich eingehalten werden.

In vielen Gesprächen mit Mitarbeiter:innen und Führungskräften erlebe ich diesbezüglich ein „Verbindlichkeitsproblem“ in sozialen Organisationen:

Zwar sind (kollektiv oder klassisch) Vorgaben und Strukturen definiert und entschieden worden. Diese Entscheidungen werden jedoch – aus unterschiedlichsten Gründen – von den Mitarbeiter:innen nicht eingehalten.

Hier ist wiederum Führung gefragt:

  • Ist Führung in der Lage, die auf den ersten Blick unangenehmen Gespräche im Team zu führen und anzusprechen, dass Vereinbarungen nicht eingehalten wurden?
  • Gelingt es, die notwendige psychologische Sicherheit im Team herzustellen, um thematisieren zu können, warum wer (in welcher Rolle) was nicht zur Zufriedenheit erledigt hat?

Dabei ist relevant, zwischen Menschen und den Rollen der Menschen in der Organisation zu unterscheiden:

Nicht „der Klaus als Mensch“ ist doof, weil er seine Aufgaben nicht einhält. Aber Klaus erfüllt die an ihn gestellten Anforderungen in seiner Rolle (als Mitarbeiter, Führungskraft, QMB…) nicht.

Entsprechend gilt es hier, wieder auf die formalen Strukturen zu schauen:

  • Warum ist aus Sicht der Rolle (von Klaus) sinnvoll, dass bestimmte Strukturen, Regeln und Vorgaben nicht eingehalten werden? Sind diese vielleicht nicht funktional?
  • Was braucht es von der und für die Rolle, damit die funktionalen Vorgaben eingehalten werden können?

Und in allerletzter Konsequenz braucht es auch Wege, die Nichteinhaltung von funktionalen Vorgaben zu sanktionieren. Denn Organisationen sind nicht dazu da, dass sich die Mitarbeiter:innen in ihnen wohlfühlen und „machen können, was sie wollen“.

Organisationen sind dazu da, einen bestimmten Zweck bestmöglich zu erfüllen. Wenn die dazu notwendigen Bedingungen nicht erfüllt werden, kann die Mitgliedschaft in der Organisation – wie gesagt: in letzter Konsequenz – auch beendet werden.

These 7: Im und am Maschinenraum arbeiten!

Thomas Michl schreibt in einem „Gedankenblitz“ über die Notwendigkeit der Brücke, den Maschinenraum der eigenen Organisation zu verstehen:

„In der Organisation ist der Maschinenraum der Ort, an dem die Wertschöpfung geschieht und die Arbeit getan wird, die die Organisation legitimiert. Die Brücke der Organisation tut gut daran, dies sich immer vor Augen zuhalten und wertzuschätzen, indem sie den Maschinenraum mit größtem Respekt und seine Bedürfnisse ernst nimmt behandelt.“

Für soziale Organisationen gilt dies in besonderem Maße, da im Maschinenraum keine Maschinen, sondern Menschen (in ihren jeweiligen Rollen) arbeiten. Anders ausgedrückt:

Im Zentrum sozialer Dienstleistungen stehen individuelle und damit kaum standardisierbare, in der Regel immaterielle Interaktionen, deren Produktion und Konsumtion meist standortgebunden zusammenfallen (vgl. Gesmann, Merchel: 2019, 69).

Daraus folgt, dass Standard- bzw. Konditionalprogramme („wenn – dann“) bezogen auf den Zweck, das „Wozu“ oder den Inhalt der Arbeit nur an wenigen Stellen funktional sind.

Das scheint sich auf den ersten Blick widersprüchlich zu den Ausführungen oben. Dort habe ich doch geschrieben, dass – aus unterschiedlichen Gründen – Konditionalprogramme hilfreich sein können? Und ja, sind sie auch:

Die Vorgabe von Konditionalprogrammen, von klaren Regeln und einzuhaltenden Standards ist wichtig, um das „Wie“ der Zusammenarbeit zu regeln.

Bezogen auf das „Wozu“ und das „Was“ und damit den Inhalt Sozialer Arbeit sind Konditionalprogramme (vorgegebene Prozesse) hingegen wenig zielführend.

Vielmehr kommt es darauf an, dass die Menschen den Zweck ihrer Arbeit kennen, möglichst gut zusammenarbeiten, die Herausforderungen sozialer Arbeit anerkennen und mit den Möglichkeiten der Gestaltung guter Zusammenarbeit von Menschen (in Teams oder Gruppen) vertraut sind.

Dies wird jedoch in unserer Branche oftmals einfach vorausgesetzt:

Wir gehen davon aus, dass Sozialarbeiter:innen schon irgendwie und irgendwoher wissen, wie gute Zusammenarbeit gelingt.

Und wir gehen davon aus, dass Leitungskräfte darin geschult wären, Teams in ihrer Zusammenarbeit zu (beg-)leiten. Wer Sozialarbeiter:in oder Erzieher:in ist, weiß dass doch, oder?

In meiner Arbeit mit Teams und Organisationen zeigt sich jedoch häufig, dass dies nicht immer der Fall ist.

Basics der Funktionsweisen sozialer Systeme, Basics in der Gestaltung von Teamarchitekturen, Basics in Führung und Leitung von Teams in den komplexen und herausfordernden Alltagssituationen sind nicht oder kaum vorhanden – was (siehe oben) auch nicht verwunderlich ist, da dies nur in geringem Umfang Teil der Ausbildung ist.

Aus diesem „Nichtwissen“ wiederum folgen Entscheidungen der Leitungskräfte, die – mit externem Blick mehr als nachvollziehbar – wunderbar dazu geeignet sind, jegliche Motivation der Teammitglieder zu zerstören.

Entsprechend gilt es, den Ort der sozialen Wertschöpfung, den Maschinenraum und damit die Arbeit in den Teams an der Basis viel genauer in den Blick zu nehmen:

  • Was ist Zweck der Arbeit?
  • Was passiert „an der Basis“?
  • Was brauchen die Mitarbeiter:innen an der Basis, um ihren Job möglichst gut erledigen zu können?
  • Wie gelingt es, den Zweck bestmöglich zu erfüllen?

Es gilt darüber hinaus, Führungskräfte in ihrer Arbeit zu begleiten und zu entwickeln.

  • Wie werden Ihre Führungskräfte in ihrer Arbeit begleitet?
  • Haben Sie Zeiten und Räume, in denen sich Führungskräfte über ihre Arbeit austauschen können?
  • Haben Sie funktionale Führungskräfteentwicklungsprogramme?

Es gilt außerdem, Teamentwicklungen zu begleiten, Architekturen und Strukturen für gute Zusammenarbeit zu entwickeln und alles daran zu setzen, dass die Motivation der Mitarbeiter:innen (und damit auch die Motivation der Führungskräfte) nicht zerstört wird.

Oder in den Worten von Thomas:

„Daher gilt: Ab in den Maschinenraum. Hingehen, Beobachten, aufmerksam Zuhören, Verstehen und Wertschätzen.“

Denn die Konsequenz bei Nichtbeachtung ist klar:

Die wenigen noch vorhandenen Mitarbeiter:innen suchen das Weite.

These 8: Banden bilden!

Abschließend noch ein über die eigene Organisation hinausgehender Blick:

Kooperation wird zwischen sozialen Organisationen recht groß geschrieben.

So sind viele Organisationen und Einrichtungen in Wohlfahrtsverbänden zusammengeschlossen. Kooperation und gegenseitige Zusammenarbeit fällt entsprechend leicht.

Hinzu kommt, dass soziale Probleme in den meisten Fällen nicht monokausal zu lösen, sondern komplex und damit aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und anzugehen sind. Soziale Organisationen arbeiten – genau – mit Menschen und die Kooperation auf inhaltlicher Ebene ist notwendig, um den Menschen wirklich zu helfen.

Kooperation endet jedoch häufig da, wo die inhaltliche Ebene verlassen wird und es entweder um Geld („Welcher Verband bekommt den Zuschlag für welche Leistung?“) oder um Fachkräfte geht.

Dass Mitarbeiter*innen von einem Arbeitgeber zum anderen wechseln, wird nicht gerne gesehen. Teilweise gibt es bereits explizit ausgeschriebene Stellen, die bspw. Pflegekräfte von anderen Unternehmen abwerben sollen.

Anstatt jedoch gegeneinander zu arbeiten und sich die Fachkräfte streitig zu machen, macht es vielmehr Sinn, miteinander auch auf Ebene der Arbeits- und Fachkräftegewinnung und -bindung zu arbeiten.

Damit meine ich, dass Soziale Organisationen aus ihrem eigenen Denkraum heraus- und über den Tellerrand blicken und sich mit anderen – entweder fachlich ähnlichen oder regional an einem Ort befindlichen – Organisationen zu „Fachkräftenetzwerken“ zusammenschließen.

Dahinter steht die Überlegung, dass Fachkräfte aus unterschiedlichsten (persönlichen und anderen) Gründen die Organisation verlassen. Wenn es aber gelingt, einen Wechsel in eine andere Organisation (sofern Wechsel gewünscht ist) innerhalb des Netzwerks zu ermöglichen, ist die Person nicht ganz raus, sondern verbleibt zumindest innerhalb des Netzwerks.

Die Möglichkeit, innerhalb eines Netzwerks zu wechseln, setzt jedoch voraus, dass eine Kultur innerhalb der eigenen Organisation herrscht, in der ein Wechsel des Arbeitsplatzes bzw. der Organisation nicht abgestraft wird, sondern als Chance zu Entwicklung (der Menschen und der Organisation) erlebt wird.

Anstatt also den:die wechselnden Mitarbeiter:in für den Wunsch zum Wechsel zu kritisieren und ihm:ihr Steine in den Weg zu legen, sollten Möglichkeiten geschaffen werden, auch den Gang aus der Organisation (und idealerweise in eine Organisation im Fachkräftenwetzwerk) positiv zu begleiten. Daraus folgt, dass Mitarbeiter:innen ja auch wieder zurückkommen können.

Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft – Fazit

Die in diesem viel zu langen Beitrag (Danke für Deine Zeit an dieser Stelle) angesprochenen Thesen – bezogen auf die Möglichkeit, dem Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft zu begegnen – sind sicherlich nicht vollständig. So bin ich bspw. nicht auf die Möglichkeit der „Ausweitung der Arbeitsmarktpartizipation“ durch Weiterbeschäftigung von älteren Mitarbeiter:innen eingegangen, was aber viele Organisationen bereits sehr erfolgreich umsetzen („Senior Experts“).

Auch bin ich nicht auf die Notwendigkeit eingegangen, über Lobbyarbeit das Image Sozialer Arbeit weiter zu verbessern – auch wenn ich davon überzeugt bin, dass es eines anderen Ansehens Sozialer Berufe in der Gesellschaft und damit perspektivisch eine bessere Bezahlung braucht.

Ich bin auch nicht darauf eingegangen, dass es – davon bin ich zunehmend überzeugt – ein Aufbrechen der Versäulung in den Sozialgesetzbüchern braucht, um zu einer generalistischen und damit zurück zu einer wirksamen Sozialen Arbeit zu gelangen (vgl. dazu den Podcast mit Patrick Ehmann zur Integrierten Sozialberatung).

Aber die Veränderung des Images und das Aufbrechen der Versäulung in den Sozialgesetzbüchern sind nicht unmittelbar durch die Organisationen selbst beeinflussbar.

Mir geht es in dem Beitrag jedoch um einen anderen Blick auf die Herausforderungen des Fachkräftemangels und auf die in sozialen Organisationen vorhandenen Möglichkeiten zur Begegnung des Fachkräftemangels und der „Mitarbeiterbindung“ (ich mag das Wort nicht, da ich zumindest als Mitarbeiter nicht ge-, sondern eher verbunden sein will).

Daran zu glauben, dass sich kurzfristig etwas an der Quantität der gut ausgebildeten Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt ändert, ist so aussichtsreich, wie daran zu glauben, dass wir den Welthunger mit fünf Broten und zwei Fischen beenden. Die wundersame Fachkräftevermehrung wird kurz- und mittelfristig nicht stattfinden.

Die Suche nach neuen Fachkräften, die im gleichen System die gleiche Arbeit machen, ist entsprechend hoffnungslos.

Vielmehr gilt es, die Gestaltungsmöglichkeiten, die Organisationen haben, zu nutzen. Und die Gestaltungsmöglichkeiten liegen vornehmlich in der Gestaltung ihrer Strukturen und Rahmenbedingungen, unter denen Soziale Arbeit innerhalb der je spezifischen Organisation geleistet wird. Es gilt, sinnvolle Organisationsentwicklung zu betreiben.


Puh, ganz schön lang geworden. Aber was sind Deine Gedanken zum Thema? Hinterlasse doch hier gerne einen Kommentar! Würde mich sehr freuen…

Und falls Du Lust hast, für Deine Organisation zu schauen, ob bspw. die Strukturen funktional, können wir gerne dazu sprechen. Hier kannst Du direkt einen – natürlich völlig unverbindlichen – Termin mit mir ausmachen.

Und hier kannst Du den Beitrag auch als PDF herunterladen.

Unternehmenskultur gestalten, oder: 19 Culture Hacks für soziale Organisationen

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Unternehmenskultur gestalten – das will irgendwie jedes Unternehmen und es ist auch was dran: So gibt es immer wieder Anfragen zur „Kulturentwicklung“, etwa mit den folgenden Wortlauten: „Unsere Kommunikationskultur ist schlecht!“ „Wir brauchen eine neue Kultur der Verbindlichkeit!“ „Wir haben keine gute Fehlerkultur!“ „Unsere Kultur der Zusammenarbeit passt nicht zu unserem Auftrag!“ Weitere Anfragen lauten auf die Entwicklung einer offenen Organisations- bzw. Unternehmenskultur, einer agilen Unternehmenskultur, auf die Entwicklung guter, starker, dialogischer oder whatever Unternehmenskultur. Aber was ist Unternehmenskultur eigentlich? Und wie geht Kulturentwicklung? Dazu findest Du hier Antworten, die Du schnell und einfach in Deiner Organisation umsetzen kannst. Denn dazu sind „Culture Hacks“ hilfreich. Aber der Reihe nach:

Was ist Unternehmenskultur?

Zu dieser Frage gibt es X-tausend Veröffentlichungen. Diese will und kann ich hier nicht vollständig wiedergeben. Entsprechend halte ich mich hier an die Ausführungen aus Wikipedia. Demnach beschreibt der Begriff Organisationskultur die Entstehung und Entwicklung kultureller Wertmuster innerhalb von Organisationen.

„Die Organisationskultur wirkt auf alle Bereiche des Managements (…). Jede Aktivität in einer Organisation ist auf Basis ihrer Kultur entstanden und dadurch kulturell beeinflusst. Das Selbstverständnis der Organisationskultur erlaubt es Organisationsmitgliedern, Ziele besser verwirklichen zu können. Außenstehende können durch diese Kenntnis die Organisation besser verstehen.“

Zur Komplexitätsreduktion hier die Definition von Unternehmenskultur von Edgar H. Schein:

Organisations- bzw. Unternehmenskultur zeigt sich demnach als „ein Muster grundlegender Annahmen – erfunden, entdeckt oder entwickelt von einer vorgegebenen Gruppe, während diese lernt mit den Problemen der externen Adaption und internen Integration umzugehen – die gut genug funktionierten, um [von dieser Gruppe] als gültig angesehen zu werden, und die deshalb neuen Mitgliedern vermittelt werden als richtige Methode der Wahrnehmung, des Denkens und des Fühlens bezüglich dieser Probleme.“ (1985, 9)

Schein entwickelte das Kultur-Ebenen-Modell, wonach sich Organisationskultur auf den folgenden drei Ebenen zeigt (aus Wikipedia):

  • „An der Oberfläche liegen die sichtbaren Verhaltensweisen und andere physische Manifestationen, Artefakte und Erzeugnisse. Beispiele sind Kommunikationsverhalten mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten, Logo, Parkplätze, Bürolayout, verwendete Technologie, das Unternehmensleitbild aber auch die Rituale und Mythen der Organisation.
  • Unter dieser Ebene liegt das Gefühl, wie die Dinge sein sollen; kollektive Werte sind beispielsweise „Ehrlichkeit“, „Freundlichkeit“, „Technik-Verliebtheit“, „spielerisch“, „konservativ“ usw. also Einstellungen, die das Verhalten von Mitarbeitern bestimmen.
  • Auf der tiefsten Ebene sind die Dinge, die als selbstverständlich angenommen werden für die Art und Weise, wie man auf die Umwelt reagiert (Grundannahmen). Diese Grundannahmen (engl. basic assumptions) werden nicht hinterfragt oder diskutiert. Sie sind so tief im Denken verwurzelt, dass sie von Mitgliedern der Organisation nicht bewusst wahrgenommen werden.“

Soweit, so gut.

Aber interessant ist ja vor allem die Frage, wie sich Unternehmenskultur gestalten lässt.

Wie lässt sich Unternehmenskultur gestalten?

Unternehmenskultur lässt sich „nicht (…) durch die Verkündigung neuer organisationskultureller Werte verändern“ (Kühl, 2018).

Anders ausgedrückt:

Das Ausrufen von einer „neuen Fehlerkultur“, die Durchführung eines Innovationsworkshops und die Hoffnung, dass am Montag alles innovativ wird oder die Festschreibung neuer Werte zur Verbesserung der Kommunikationskultur bringen – kurz – nix!

Was aber dann? Dazu bringt es Kühl auf den Punkt:

Der einzige Hebel des Managements, die Organisationskultur zu verändern, sind Veränderungen der Formalstruktur. Nicht so, wie es sich ein steuerungsbegeistertes Management vielleicht wünschen mag – nämlich, dass mit der Verkündigung der formalen Struktur auch gleichzeitig die passenden Veränderungen der Organisationskultur mitangeregt werden könnten, sondern vielmehr dadurch, dass jede Veränderung in den offiziellen Berichtswegen, jede Verkündigung eines neuen offiziellen Ziels, jede Einstellung, Versetzung oder Entlassung Auswirkungen auf die informalen Prozesse in den Bereichen, Abteilungen oder Teams hat.“

Das wiederum sagt, dass egal, was getan wird, alle Veränderungen, die die Formalstruktur betreffen, Auswirkungen auf die Kultur haben.

Unter der Formalstruktur lassen sind die expliziten, in der Regel verschriftlichten Vorgaben innerbetrieblicher Abläufe und Strukturen in einer vorgegebenen Ordnung zu verstehen. Das können z.B. die Definition der Arbeitsteilung, die Beschreibung der Prozesse und Arbeitsabläufe oder die Festlegung von Weisungsbefugnissen sein.

Unklar bei der Veränderung der Formalstruktur bleibt jedoch, welche Auswirkungen genau diese Entscheidungen und damit Veränderungen auf die Kultur haben.

Und daraus wiederum folgt, „dass jede Entscheidung zur Veränderung der formalen Strukturen auf der Seite der Organisationskultur nicht nur antizipierte und gewollte, sondern auch ungewollte Nebenfolgen mit sich bringt“ (ebd.).

Schwierig, oder?

Egal, was in der Organisation an der Formalstruktur geändert wird, hat irgendwelche Auswirkungen auf die Kultur der Organisation. Und da soll man als Führungskraft durchblicken, Entscheidungen treffen und entspannt bleiben? Gibt es keine Möglichkeit, Kulturveränderungen „sicher“ anzugehen?

Doch, gibt es, zumindest „halbwegs sicher“:

Culture Hacks!

Unternehmenskultur gestalten: 19 Culture Hacks (nicht nur) für soziale Organisationen

Culture Hacks lassen sich als kleinen Interventionen und Impulse definieren, die einfach, schnell und „sicher“ getan werden können, um eine positive, sich idealerweise verstärkende Veränderung der Formalstrukturen herbeizuführen.

Culture Hacking ist damit die bewusste Gestaltung, Umsetzung und Bewertung kleiner Maßnahmen, um einen positiven kulturellen Wandel in der Organisation herbeizuführen.

Jetzt aber los.

Hier folgen 17 Culture Hacks für die Gestaltung der Unternehmenskultur sozialer Organisationen, die ich aus der eigenen Arbeit und natürlich aus dem Netz zusammengetragen habe. An dieser Stelle ganz lieben Dank an Maike Kueper, die unter dem Link hier einen tollen Thread versammelt hat, der sich ebenfalls mit kleinen Interventionen auf die Kultur befasst. Lohnt sich…

#1: Besprechungen nur im Stehen

Nicht umsonst heißen Daily StandUps StandUps: Sie finden im Stehen statt. Damit soll ausgedehnten Beschwerdesitzungen vorgebeugt werden. Dazu müssen idealerweise alle Möbelstücke aus dem Raum entfernt werden. Denn wenn man sich nirgends anlehnen oder den Ellbogen aufstützen kann, kann man sich auch nicht bequem (bspw. im eigenen Gejammer) niederlassen.

#2: Harte Fragen

Es wird keine Teamsitzung beendet, bevor nicht jede_r drei wirklich schwierige, harte Fragen gestellt hat. Damit sind Fragen gemeint, die man sich normalerweise im informellen Raum an der Kaffeemaschine nach dem Ende der Sitzung gegenseitig unter den Mitarbeiter_innen stellt. Dies setzt psychologische Sicherheit voraus und erfordert auch von der Führungskraft die Bereitschaft, sich auf die schwierigen Fragen offen einzulassen.

#3: Keine verpflichtende Teilnahme an Teamsitzungen

In meinem letzten Beitrag habe ich von der Idee geschrieben, Teamsitzungen zu gestalten, zu denen die Menschen kommen dürfen und nicht müssen. Probier das doch mal bei Dir aus: Es ist kein Problem, wenn jemand nicht kommt. Wenn Teamsitzung einladungsbasiert gestaltet werden, stellst Du fest, ob sie wirklich sinnvoll sind. Alternativ denkbar ist auch, Meetings wie Barcamps zu gestalten und das Gesetz er zwei Füße walten zu lassen: Wenn es Dir nicht passt, stehe auf und gehe aus der Sitzung!

#4: Keine Sitzungen und Meetings

Etwas radikaler als der vorgenannte Hack ist es, einfach mal für eine bestimmte Zeit alle Sitzungen nicht stattfinden zu lassen und zu schauen, was passiert. Vielleicht können endlich mal alle wirklich arbeiten.

#5: Nutzer*innen einbeziehen

Wie wäre es, bei allen (!) zu treffenden Entscheidungen die Nutzer*innen Deiner Organisation, die Zielgruppe, einzubeziehen? Und ja, egal welche Entscheidung – bei allen!

#6: Tabus benennen

Installiere ein Whiteboard im Eingang Deiner Organisation und schreibe nur eine einzige Frage drauf: „Was ist das größte Tabu hier ?“ Und dann lege jede Menge PostIts und Stifte daneben. (Danke an Nicolas Korte für die Idee) Alternativ könntest Du auch die Frage draufschreiben: „Wenn du eine Sache hier ändern könntest, was wäre das?“

#7: DUzen

Keine Ahnung, wie es in Deiner Organisation gehandhabt wird, aber wie wäre es, einfach alle zu duzen – wie gesagt, zumindest für einen begrenzten Zeitraum?

#8: Menschen zum Lern Coffee einladen

Selbst getestet und für gut befunden: Kennst Du alle Menschen in Deiner Organisation? Naja, alle ist vielleicht etwas viel. Aber gestalte doch eine Einladung zu einem Leon Coffee und verteile diese an Menschen, von denen Du denkst, dass ein Austausch weiterhelfen kann. Leon Coffee kennst Du nicht? Dann schau doch mal hier. https://agile-verwaltung.org/2016/08/18/aus-der-agilen-methodenkiste-lean-coffee-kollegialer-wissensaustausch-leicht-gemacht/

#9: Barcamp veranstalten

Ja klar, etwas aufwendiger, aber warum muss die nächste Veranstaltung in Deiner Organisation so wie immer (Kaffee, Vorstand spricht, Pausen sind das Beste) ablaufen? Wie wäre es stattdessen mit einem organisationsinternen Barcamp?

#10: Menschen auf Barcamps schicken

Wenn es schon kein eigenes Barcamp ist, warum nicht einfach festlegen, dass jede*r im Team mindestens ein Barcamp pro Jahr besuchen muss? Ja, muss! Um zu erleben, welche Kraft die Ideen der vielen entfalten kann und wie singhaft es ist, mitzugestalten.

#11: 10% Arbeit an eigenen Projekten ermöglichen

Ja, ich weiß, in unserem Kontext ist das oft schwierig, da sowieso alle zu 110 % ausgelastet sind und freie Zeit schon mal gar nicht finanziert wird. Aber vielleicht gelingt es ja für einen begrenzten Zeitraum: Jede_r darf 10% seiner_ihrer Arbeit für eigene Ideen, Projekte oder auch für das eigene Lernen aufwenden, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Am Ende wird vorgestellt, wer sich mit was befasst hat.

#12: Montags keine Meetings

Oben hatte ich ja vorgeschlagen, gar keine Meetings zu machen. Aber wie wäre es, wenn zumindest ein Tag in der Woche meetingfrei wäre? Gerne in Verwaltungs-, Führungs- oder Referent_innenpositionen muss man neben den Meetings ja auch irgendwann mal arbeiten…

#13: Geld für die Kündigung

Wie wäre es, jedem_r Mitarbeiter_in 5.000 EUR anzubieten, wenn er oder sie sofort kündigt? Klingt komisch, bringt aber zum Nachdenken über die Passung zum Unternehmen… Ja, ich weiß, unter Bedingungen des Fachkräftemangels nicht so einfach. Und gleichzeitig ist es so, dass die Menschen in der Organisation die Kultur prägen, immer.

#14: Feheler feiern

Oben hatte ich was von Fehlerkultur geschrieben. Aber mal ernsthaft: Geben wir Fehler gerne zu? Eher nicht, oder? Wir sind es vielmehr gewohnt, dass Fehler mit Sanktionen geahndet werden, was dazu führt, dass man neue, vielleicht etwas riskante Dinge gar nicht erst angeht. Wie wäre es stattdessen, Fehler explizit zu belohnen (Fehler des Monats?) und – das ist wichtig – daraus zu lernen?

#15: Befassung mit dem Wie der Zusammenarbeit

Anstatt dauernd über das Was (Aufgaben, Zeiten, Telefondienst…) zu sprechen, eine Teamsitzung explizit zur Festlegung von Leitlinien der gemeinsamen Zusammenarbeit nutzen und das gemeinsame Wie der Zusammenarbeit festlegen. Diese Leitlinien immer wieder anpassen (bspw. bei MA-Wechsel).

#16: 1 – 2 – 4 – all in Teamsitzungen nutzen

Irgendwie ist es doch immer so, dass die Lautesten am meisten sprechen?! Dagegen hilft es, die Methode 1 – 2 – 4 – all aus den liberating structures zu nutzen und somit alle (!) Beteiligten zu Wort kommen zu lassen.

#17: Lesen

Jede*r im Team muss ein (Fach-)Buch im Monat lesen und darüber berichten. Was??? Es gibt Fachbücher? Ja, sogar für das Sozialwesen. Aber leider ist es so, dass Fachliteratur nach dem Studium kaum noch in die Hand genommen wird. Das solltest Du ändern. Und wer nicht gerne liest: Wie wäre es mit Podcasts oder Youtube-Videos, die dann gemeinsam reflektiert werden und deren Ideen für die gemeinsame Arbeit genutzt werden?

#18: Bewerbungsverfahren abschaffen

Oben hatte ich den Fachkräftemangel schon mal erwähnt. Dieser ist real in unserer Branche. Und wie wäre es vor dem Hintergrund, einfach auf die oft sinnlosen Bewerbungsverfahren zu verzichten und nur die notwendigsten Dokumente einzufordern? Und dann gemeinsam zu arbeiten und die Probezeit wirklich als Probezeit – für beide Seiten – zu verstehen?

#19: Die Mitarbeiter_innen nach weiteren Culture Hacks fragen

Yoah, warum eigentlich nicht? Da kommt sicherlich etwas Spannendes zustande. Und dann einfach mal ausprobieren, was wie wirklich wirkt…

Experimentieren, oder: Der Culture Hacking Prozess

Im letzten Punkt habe ich „einfach mal ausprobieren“ geschrieben. Ein Prozess, der Sicherheit im Neuen gibt, macht jedoch Sinn. Denn um Culture Hacks einzuführen und zu testen ist ein experimentelles, aber trotzdem geleitetes Vorgehen hilfreich. Das geht so:

Der erste Schritt ist, sich im Team für einen Culture Hack, den man für einen bestimmten Zeitraum testen will, zu entscheiden. Hier hilft ein hypothesenbasiertes Vorgehen: „Wenn wir XY testen, passiert Z!“

Dann wählt man idealerweise eine_n Beauftrage_n, die den Prozess organisiert und am Laufen hält.

Zum Prozess ist relevant, einen Zeitraum bzw. eine Häufigkeit der Durchführung des Hacks festzulegen. Der Zeitraum sollte nicht zu lang und nicht zu kurz sein. Bewährt haben sich Zeiträume zwischen einem und drei Monaten, so dass genug Lernmöglichkeiten bestehen, das Durchhalten möglich ist und nicht vorzeitig abgebrochen wird.

Relevant ist außerdem, dass Feedback und Rückmeldungen zur Intervention gesammelt und nicht direkt diskutiert werden. Denn dazu sind die Retrospektiven da:

In der Retrospektive wird dann geschaut, was gut lief und wo Schwierigkeiten aufgetreten sind. Wichtig ist hier die Teamentscheidung, ob man den Hack fortsetzen oder wieder einstellen will. Darauf folgt dann entweder der nächste Schritt oder eine Pause.

Übergreifend macht es dann Sinn, die Erkenntnisse und Erlebnisse im Sinne des Co-learnings in der Organisation weiterzutragen.

Zum Abschluss ist mir noch wichtig, dass es sich bei den hier skizzierten Hacks um Culture Hacks auf Teamebene handelt. Es lohnt sich aber auch, zu überlegen, was Du ganz individuell ändern kann, um Impulse zu setzen und Veränderung zu bewirken. Wie wäre es bspw. damit, jeden Tag jemandem ganz explizit Danke zu sagen und die Arbeit einer_s Kolleg_in zu wertschätzen? Oder noch einfacher: Setz Dich einfach mal in der nächsten Teamsitzung auf den Platz, an dem normalerweise der_die Chef_in sitzt… 😉


Und jetzt Du: Welche Hacks kennst Du noch? Welchen Hack willst Du bei Dir vielleicht sogar testen? Und wenn Du schon getestet hast: Welche Erfahrungen hast Du gemacht? Lass uns teilhaben an Deinen Erfahrungen.

Quellen:

  • Herget, J. (2021): Culture Hacks strategisch einsetzen – Mit gezielter Irritation zur gewünschten Unternehmenskultur. Springer. Download.
  • Kühl, S. (2018): Organisationskulturen beeinflussen (German Edition) (S.57). Springer Fachmedien Wiesbaden. Kindle-Version.
  • Schein, E.H. (1985): Organizational Culture and Leadership. A Dynamic View, San Francisco etc. (Jossey-Bass).

Mein OKR Set für das 2. Quartal 2022

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Ich wollte Euch ja auf dem Laufenden halten über die Entwicklungen zur Umsetzung meiner Strategie auf dem Weg in meine Selbständigkeit. Außerdem ist die Darlegung meines OKR Set ein Committment, eine höhere Verpflichtung für mich selbst (hoffentlich)… Zur Strategieumsetzung versuche ich, das Framework OKR – Objectives and Key Results – zu nutzen. Hier findest Du nähere Infos dazu, falls es Dich interessiert.

Vorab noch einmal eine kurze Darlegung, wie ich meine OKR für mich strukturiere.

Meine Struktur der OKR

Zur Erklärung der folgenden Struktur: Ich untergliedere meine Objectives nach den Fokusbereichen, die ich für IdeeQuadrat angehen will:

  1. New Social Work: Das betrifft mein Kerngeschäft. Konkret sind darunter meine Aktivitäten und Angebote zur Organisationsentwicklung zu verstehen, aber auch Themen und Ziele, die IdeeQuadrat allgemein betreffen (bspw. Geschäftsmodell, Marketing, Wertversprechen und Co.).
  2. New Social Learning: Das betrifft alle Aktivitäten zum Aufbau von offenen und internen Weiterbildungsangeboten, die ich mit IdeeQuadrat realisieren will. Ideen gibt es einige und im Zuge des 1. QT 2022 auch erste Umsetzungen, was mich sehr freut…
  3. New Social Projects: Das betrifft alles um mein zukünftiges Angebot zur Begleitung von Organisationen bei der Entwicklung, Umsetzung und Evaluation von Projekten und neuen Dienstleistungen wie bspw. der Begleitung bei der Entwicklung von eigenen Weiterbildungsformaten. Aller Voraussicht nach werde ich hier aus Ressourcengründen (noch) keine Priorität drauf legen (können).
  4. Private: Ich habe für mich noch einen Bereich „Private“ eingerichtet, der sich um meine persönliche Entwicklung im Rahmen der Selbständigkeit dreht. Denn, soviel steht fest: Selbständigkeit bedeutet vor allem die Übernahme von Eigenverantwortung und innere Auseinandersetzung mit den kleinen und großen Monstern in mir selbst, ohne mein sonstiges Privatleben komplett aus den Augen zu verlieren.

Zu jedem Bereich versuche ich jeweils ein Objective mit entsprechenden Key Results zu definieren. Hinzu kommen dann die Projekte, mit denen ich das Objective umsetzen und die Key Results erreichen will.

Ob das alles so gelingt und ob ich immer alle Objectives teile (vor allem zum 4. Punkt ;-), weiß ich noch nicht. Das ist meine unternehmerisch-künstlerische Freiheit, die ich mir herausnehme…

Fokus New Social Work

Objective 1: Das Wertversprechen von IdeeQuadrat ist klar definiert, so dass meine Kunden die Vorteile der Zusammenarbeit mit IdeeQuadrat unmittelbar erkennen.

Key Result 1: Ich habe meine Angebote aus den letzten zwei Jahren hinsichtlich des Kundennutzens ausgewertet.

Key Result 2: Ich habe mit mindestens drei Kunden gesprochen, warum sie meine Dienstleistung in Anspruch genommen haben.

Key Result 3: Ich habe mit mindestens drei Partner*innen gesprochen und deren Feedback eingeholt zu dem, was mein Wertversprechen ist.

Fokus New Social Learning

Objective 2: Über ein für meine Kunden passendes Angebot schaffe ich eine kontinuierlichere Einnahmesituation.

KR1: Ich analysiere mindestens drei Webseiten verschiedener Anbieter in meinem Kontext hinsichtlich deren Angebots.

KR2: Ich spreche mit mindestens drei Kund*innen über sinnvolle, längerfristige Angebote.

KR3: Ich entwickle und teste ein MVP.

Fokus New Social Projects

Das Objective bleibt auch im 2. QT 2022 noch offen…

Fokus Private

Objective 3: Es gelingt mir, Freiberuflichkeit, individuelle Bedürfnisse und Familie besser unter einen Hut zu bringen.

KR1: Ich nehme mir täglich eine Auszeit – zum Denken, Lesen, Schreiben, Bewegen…

KR2: Ich halte mir die Wochenenden möglichst frei von beruflichen Terminen.

KR3: Ich belebe ein Hobby.

Erkenntnisse zu meinem OKR Set für das 1. Quartal 2022

Welche Erkenntnisse lassen sich aus dem letzten Quartal (und damit 1. QT 2022) ableiten? Was habe ich gelernt? Das will ich am Ende immer kurz darlegen, um auch reflektieren zu können, was mit die Arbeit mit diesem OKR Set gebracht hat.

Kurz zusammengefasst bin ich enorm happy, wie das erste QT 2022 gelaufen ist. Damit hätte ich nicht gerechnet. Die anfänglichen Unsicherheiten haben sich durch Anfragen, Aufträge, spannende Gespräche, mein eigenes Learning und vieles mehr sicherlich nicht aufgelöst (was sie wohl nie tun werden), aber der Flow ist da. Und das ist ziemlich geil, wenn ich dieses Wort hier mal nutzen darf…

Gleichzeitig ist ein Learning für das aktuelle 2. QT 2022, dass ich mich öfter mit meinem Zielen befassen muss. Im Zuge meines Weekly Reviews will ich in Zukunft auch immer einen Blick auf mein OKR Set werfen, um festzustellen, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Denn im alltäglichen Doing, im operativen Gehuddel, gerät das große Ganze leicht aus dem Blick.

Außerdem ist Arbeit schön und gut (und für mich tatsächlich ein enorm wichtiger Teil in meinem Leben). Aber es ist nicht alles. Die alte „Work-Life-Balance“ (im Wissen, dass auch Work mein Life ist), geht schnell verloren, wenn man sich mit voller Kraft dem Beruf widmet. Leidenschaft heißt nicht umsonst Leidenschaft… Hier hoffe ich, in den kommenden Wochen und Monaten besser zu werden.

Jetzt bin ich sehr gespannt, wie es in drei Monaten aussieht, ich werde berichten…


P.S.: Im Beitrag zu den Objectives and Key Results findest Du auch ein OKR Canvas, das ich zur Entwicklung auch meiner OKR genutzt habe.

Und hier kannst Du Dich in den Newsletter eintragen, um die Entwicklung fast live und in Farbe zu verfolgen 😉

Mein OKR Set für das 1. Quartal 2022

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Ich wollte Euch ja auf dem Laufenden halten über die Entwicklungen zur Umsetzung meiner Strategie auf dem Weg in meine Selbständigkeit. Außerdem ist die Darlegung meines OKR Set ein Committment, eine höhere Verpflichtung für mich selbst (hoffentlich)… Zur Strategieumsetzung versuche ich, das Framework OKR – Objectives and Key Results – zu nutzen. Hier findest Du nähere Infos dazu, falls es Dich interessiert.

Bevor wir aber ins 1. Quartal 2022 starten, hier noch eine kurze Darlegung, wie ich meine OKR für mich strukturiere.

Meine Struktur der OKR

Zur Erklärung der folgenden Struktur: Ich untergliedere meine Objectives nach den Fokusbereichen, die ich für IdeeQuadrat angehen will:

  1. New Social Work: Das betrifft mein Kerngeschäft. Konkret sind darunter meine Aktivitäten und Angebote zur Organisationsentwicklung zu verstehen, aber auch Themen und Ziele, die IdeeQuadrat allgemein betreffen (bspw. Marketing).
  2. New Social Learning: Das betrifft alle Aktivitäten zum Aufbau von offenen und internen Weiterbildungsangeboten, die ich mit IdeeQuadrat realisieren will. Ideen gibt es einige, Umsetzungen noch nicht 😉
  3. New Social Projects: Das betrifft alles um mein zukünftiges Angebot zur Begleitung von Organisationen bei der Entwicklung, Umsetzung und Evaluation von Projekten und neuen Dienstleistungen wie bspw. der Begleitung bei der Entwicklung von eigenen Weiterbildungsformaten. Aller Voraussicht nach werde ich hier aus ressourcengründen (noch) keine Priorität drauf legen (können).
  4. Private: Ich habe für mich noch einen Bereich „Private“ eingerichtet, der sich um meine persönliche Entwicklung im Rahmen der Selbständigkeit dreht. Denn, soviel steht schon nach der ersten Woche des neuen Jahres fest, Selbständigkeit bedeutet vor allem die Übernahme von Eigenverantwortung und innere Auseinandersetzung mit den kleinen und großen Monstern in mir selbst.

Zu jedem Bereich versuche ich jeweils ein Objective mit entsprechenden Key Results zu definieren. Hinzu kommen dann die Projekte, mit denen ich das Objective umsetzen und die Key Results erreichen will.

Ob das alles so gelingt und ob ich immer alle Objectives teile (vor allem zum 4. Punkt), weiß ich noch nicht. Das ist meine künstlerische Freiheit, die ich mir herausnehme 😉

Fokus New Social Work

Objective 1: IdeeQuadrat ist als Anbieter professioneller Organisationsberatung im Kontext sozialer, kommunaler und Bildungsorganisationen regional bekannter

Key Result 1: Der Text auf meiner Website ist so angepasst, dass mein Angebot klar ersichtlich ist.

Key Result 2: Ich habe ein günstiges, produktähnliches Angebot für die Beratung kleiner sozialer Organisationen erarbeitet und veröffentlicht.

Key Result 3: Ich habe eine Marketing-Strategie erarbeitet, die explizit auf regionale soziale, kommunale und Bildungsorganisationen zugeschnitten ist.

Fokus New Social Learning

Objective 2: Neben individuellen Beratungsangeboten ist der Grundstein für buchbare „Produkte“ gelegt

KR1: Ein mögliches Produktportfolio (nicht nur Weiterbildungen) ist erstellt.

KR2: Die website ist so gestaltet, dass online Produkte (auch Weiterbildungen) angeboten werden können.

KR3: Eine erstes, digitales MVP ist konzipiert und wird angeboten.

Fokus New Social Projects

Das Objective bleibt noch offen, ich muss mich erst noch einspielen und schauen, dass ich in einen halbwegs lebendigen Arbeitsrhythmus komme…

Fokus Private

Objective 3: In meinem Leben herrscht Klarheit 😉

KR1: Ich weiß exakt, wie viele Steuern ich für die letzten beiden Jahre zahlen muss

KR2: Mein Schlaf hat sich soweit normalisiert, dass ich an mindestens vier Nächten in der Woche gut schlafe.

KR3: Ich gehe in der Regel morgens vor der Arbeit spazieren/laufen/radfahren.

Erkenntnisse zu meinem OKR Set für das erste Quartal 2022

Welche Erkenntnisse lassen sich ableiten? Was habe ich gelernt? Das will ich am Ende immer kurz darlegen, um auch reflektieren zu können, was mit die Arbeit mit diesem OKR Set gebracht hat. Das geht natürlich jetzt nur in der Vorausschau, da ich ja gerade erst anfange.

Ich habe oben die einzelnen Projekte, die ich zur Umsetzung der jeweiligen KR angehen will, noch nicht aufgeführt. Das hängt daran, dass ich diese zu Teilen erst noch erarbeiten muss. Und manchmal tue ich mir dann mit dem Fokus auf eine Sache schwer und veröffentliche lieber schon mal etwas… 😉

Mir ist aufgefallen, dass ich noch ein wenig an der klaren Vision und dem Zweck für IdeeQuadrat schleifen muss: Wo genau will ich hin und was genau ist der Zweck von IdeeQuadrat? Aktuell ist es noch etwas schwer greifbar. Das erschwert dann die Erstellung klarer OKR.

Außerdem muss ich noch an der Ausrichtung für das Jahr arbeiten: Macht es Sinn sog. MOALs, also „midterm goals“ zu erarbeiten, um das Jahr insgesamt in den Blick zu nehmen? Das muss ich für mich weiter testen.

Klar ist: In meiner Situation sind private nicht (ganz) von beruflichen OKR zu trennen. Das spiegelt sich in allem, was ich gerade tue, wieder. Für uns als Familie ist die Situation neu und wir werden eine zeitlang brauchen, um uns in dieser so oder so besonderen Zeit aufeinander einzuspielen…

Jetzt bin ich sehr gespannt, wie es in drei Monaten aussieht, ich werde berichten…


P.S.: Im Beitrag zu den Objectives and Key Results findest Du auch ein OKR Canvas, das ich zur Entwicklung auch meiner OKR genutzt habe.

Und hier kannst Du Dich in den Newsletter eintragen, um die Entwicklung fast live und in Farbe zu verfolgen 😉

Kollaboration im Team, oder: Wie Du Leitlinien für die Zusammenarbeit entwickelst

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Achtung, Achtung, nach den positiven Reaktionen auf den Beitrag habe ich einen kleinen Online-Workshop terminiert, in dem wir auf das Thema „Leitlinien für die Teamarbeit“ gesondert eingehen. Hier gibt’s mehr Infos!


Ich wurde zu meinem Beitrag zur Notwendigkeit von Leitlinien für die Zusammenarbeit im Team gefragt, wie denn konkret vorzugehen ist, um die Kollaboration im Team mit Leitlinien zu verbessern und was in den Leitlinien stehen sollte. Meine Erfahrungen dazu, mein Vorgehen und eine mögliche Gliederung mit entsprechenden Fragen, will ich hier für Dich beschreiben.

Dabei muss klar sein:

Es kann keine allgemeingültigen Leitlinien für Kollaboration im Team geben. Jedes Team ist anders, verfolgt andere Ziele, arbeitet orientiert an anderen Werten zusammen. Das ist nicht nur normal.

Das ist in einer komplexen Welt auch hochgradig sinnvoll, da steigende äußere Komplexität nur durch entsprechende innere Komplexität gestaltet werden kann. Klingt komisch, heißt aber nur:

Wenn von außen mehr und unterschiedliche Anforderungen kommen, muss es innerhalb der Organisation mehr und unterschiedliche Andockpunkte – Diversität und Selbstbestimmung – geben, um zweckgerichtet agieren zu können.

Warum Leitlinien für die Kollaboration in Team?

Bevor ich in die Entwicklung einsteige, nur kurz zur Wiederholung aus dem letzten Beitrag:

Viele Organisationen haben ein Leitbild, das jedoch auf Teamebene wenig lebendig ist: Die Übersetzung der globalen Werte auf Teamebene fehlt oder fällt zumindest schwer.

Gerade jedoch die gemeinsame Auseinandersetzung zur Frage, wie die Zusammenarbeit ganz konkret im Team gestaltet werden soll, die Festlegung von Werten und Prinzipien und das Committment auf gemeinsam definierte Regeln macht Sinn, um Orientierung in komplexen Situationen zu bekommen.

Ja, ich weiß: Festlegungen finden Menschen im sozialen Bereich nicht so prickelnd, es erleichtert aber wirklich die Arbeit…

Konkret macht sich der Nutzen von Leitlinien für die Zusammenarbeit im Team bspw. an Entscheidungsfragen fest, die in einer Pattsituation zu enden drohen:

„Sollen wir eher die Bedarfe der Mitarbeiter_innen oder eher die Bedarfe der Klient_innen berücksichtigen?“

Eine Festlegung in den Leitlinien, die besagt „Fokus Klientel mehr als Fokus Mitarbeiter“ würde diese Frage beantworten.

Noch ein Punkt: Gerade in Phasen von Homeoffice und Remote Work können Leitlinien auf Teamebene Orientierung geben. Und diese Orientierung – das haben wir vermutlich alle erlebt – ist enorm wichtig, wenn sich Teamarbeit und Kollaboration in die virtuelle Welt verlegt. Denkt also bei der Entwicklung Eurer Leitlinien – sofern nötig – die digitalen Settings direkt mit:

Wie kann virtuelle Zusammenarbeit in Eurem Team erfolgen? Welche Leitlinien braucht es dafür? Gibt es Unterschiede?

Der Prozess: Wie Du Leitlinien für die Kollaboration im Team entwickelst!

Grundsatz Partizipation

Ein eigentlich logischer Grundsatz vorab:

Leitlinien für die Zusammenarbeit im Team sind möglichst partizipativ im Team zu entwickeln. Die Beteiligung aller Teammitglieder (und manchmal sind das nicht so wenige Menschen) ist notwendig, um eine Verbindlichkeit zu den Leitlinien zu bekommen. Die „im Elfenbeinturm“ von der Teamleitung erarbeiteten Leitlinien sind oftmals das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind.

Dieser Grundsatz gilt übrigens auch für die Leitbilder der Gesamtorganisation: Die Einbindung von mehr Personen macht mehr Sinn, wenn man zu lebendigen Leitbildern kommen will.

Workshop analog oder digital

Sinnvoll für die Erarbeitung der Leitlinien hat sich ein Tagesworkshop bzw. Klausurtag herausgestellt, in dem sich die Teammitglieder auf die Aufgabe und Themenfelder (s.u.) wirklich konzentrieren können. Optimalerweise findet der Tag nicht in der eigenen Organisation, sondern an anregenden Orten in der Umgebung statt. Das öffnet den Raum und die Gedanken. Und ideal ist, den Tag von jemandem, der_die nicht Teammitglied ist, moderieren zu lassen.

On-Site Workshops, also analoge Veranstaltungen vor Ort sind aktuell aber eher schwierig – wegen Du weißt schon was. Außerdem sind die Ressourcen gerade für soziale Organisationen oft knapp. Hinzu kommt die Problematik, dass oftmals Klientel für 24h an 365 Tagen im Jahr zu betreuen ist und damit ein gemeinsamer Teamtag nicht möglich ist. Dann geht die Entwicklung auch online als Remote-Workshops (ein wenig Technik und eine funktionierende Internetverbindung vorausgesetzt).

Aktuell begleite ich einen Prozess, in dem wir in mehreren, kurzen Online-Settings Leitlinien für die Zusammenarbeit im Team peu a peu entwerfen. Das spart Ressourcen und ermöglicht die Einbindung auch der Teammitglieder, die zum aktuellen Zeitpunkt Dienst haben und nicht teilnehmen können.

Ach ja: Sollte eine externe Begleitung nicht möglich sein, macht es trotzdem: Denkbar ist ja, dass die einzelnen Themen, die ihr für Euer Team festlegt, von einzelnen Kolleg_innen als Entwürfe erarbeitet werden. Innerhalb der Teambesprechungen können die Themen dann diskutiert und zusammengeführt werden.

Eine denkbare Gliederung der Leitlinien

Noch einmal, weil es so relevant ist:

Es gibt keine Blaupause für Leitlinien. Jedes Team ist anders, arbeitet anders, hat andere Aufgaben und einen anderen Existenzzweck. Entsprechend sind die folgenden Aussagen beispielhaft! Nutzt diese als Anregungen und passt sie für euch und Euer Team an!

1. Mission/purpose des Teams

„Das englische Wort purpose, das in diesem Kontext auch im Deutschen genutzt wird, lässt sich übersetzen mit ‚Sinn und Zweck‘, Daseinszweck oder Bestimmung.“ (https://newworkglossar.de/warum-brauchen-organisationen-einen-purpose/) Mir reicht eigentlich der Begriff der Mission, der ebenfalls den Zweck beschreibt, aber im Begriff purpose kommt noch eine Zukunftsperspektive hinzu:
Stellt Euch also die Fragen:

  • Wofür existiert dieses Team?
  • Was ist sein Daseinsgrund?
  • Was ist sein Auftrag in der Organisation?

Die Antwort auf diese Fragen dient später als Nordstern, als Ausrichtung für Teamentscheidungen.

2. Wirkung und Ziele

Hier lauten mögliche Fragen:

  • Woran erkennt ihr, dass ihr gute Arbeit macht und als Team Wirkung erzeugt?
  • Welche Kriterien könnt ihr anlegen, um die Wirkung zu messen?

Ja, ich weiß, oftmals ist es nicht ganz einfach, die Wirkung personenbezogener, sozialer Dienstleistungen zu messen. Und trotzdem (oder gerade deshalb) braucht es eine Orientierung, ob und wie soziale Arbeit gut funktioniert. Schaut mal auf dem Blog von Sebastian Ottmann vorbei, da geht es genau um das Thema Wirkung. Von dort habe ich auch die Definition von Wirkung als „Eingetretene Veränderungen oder Stabilisierungen bei den Zielgruppen eines (…) Programms (…), die ursächlich auf dieses Programm zurückgehen.“ (Balzer & Beywl, 2015, S. 192) Balzer, L. & Beywl, W. (2015). evaluiert: Planungsbuch für Evaluationen im Bildungsbereich (1. Auflage.). Bern: hep verlag ag.)

3. Kommunikation

Hier wird es wieder sehr konkret:

  • Wann kommuniziert ihr?
  • Wann finden Teamsitzungen statt?
  • Über welche Tools kommuniziert ihr (vor allem in der digitalen Kommunikation)?
  • Finden Teamsitzungen in der Regel remote statt (warum nicht) oder analog?
  • Warum?

4. Dokumentation und Aufgaben

Im Zusammenhang mit der Kommunikation steht die Frage, wo getroffene Entscheidungen und Beschlüsse, aber auch andere Informationen festgehalten werden.

  • Wo finden sich welche Infos, die für die Teamarbeit wirklich wichtig sind?
  • Gibt es Protokolle?
  • Oder macht die Arbeit auf virtuellen oder analogen Whiteboards mehr Sinn?
  • Wo finden sich die Projekte, die ihr als Team angehen wolltet?
  • Wo lässt sich deren Status einsehen?

Und ganz ehrlich: Ich kenne einige Einrichtungen und Teams, in denen „vor sich hingewurschtelt“ wird. Es wird viel Zeit auf die Suche nach den richtigen Dokumenten verwendet, der Frust ist hoch, wenn Martin mal wieder in das falsche Dokument die richtigen Inhalte geschrieben hat und die Projekte, die wir als Team angehen wollten, kommen zum dritten Mal auf die Tagesordnung im Team… Das nervt nicht nur, das kostet auch richtig Geld und führt zur eine minderen Qualität Eurer Leistungen gegenüber der Klientel.

Abschließend: Macht die Leitlinien sehr konkret, mit Namen! Als Beispiel:

„Unsere Protokolle legen wir in der Dateiablage unter XXXX ab. Verantwortlich für eine transparente Dokumentation ist Claudia, vertreten wird sie von Klaus.“

5. Entscheidungen

Wieder im Zusammenhang mit den beiden vorherigen Aspekten stellt sich immer wieder die Frage in Teams, wie Entscheidungen getroffen werden. Klar, meist gibt es eine Teamleitung. Aber ist es sinnvoll, dass die Teamleitung alle Entscheidungen treffen muss? Sicher nicht. Hinzu kommt, dass die Personalsituation dazu führen wird, dass wir in vielen Arbeitsfeldern zukünftig zwangsläufig mit verstärkt selbstbestimmt arbeitenden Teams agieren müssen: Niemand will mehr die Leitungsposten übernehmen. Daraus folgt, dass es Leitlinien bedarf, wie welche Entscheidungen getroffen werden. Ich will hier nicht in die Tiefe gehen, Euch aber zwei Ressourcen an die Hand geben, die hilfreich sein könnten:

a) das „Delegation Board“ (schaut mal in diesen Artikel, der sehr schön das Vorgehensweise erklärt) und

b) das „Handbuch der Entscheidungen“, zu dem ihr hier mehr Infos finden könnt.

Kurz: Es gibt mehr und sinnvollere Möglichkeiten, gute Entscheidungen schnell im Team zu treffen als demokratische Abstimmungen, Konsens-Gelaber oder von oben durchgesetzte Anweisungen.

6. Verbindlichkeit

Hier geht es weg von der konkreten, hin zur Ebene der Werte, die ihr im Team leben könnt. Eng verbunden mit den Aspekten zuvor ist für mich der Punkt „Verbindlichkeit“, da Teamentscheidungen nur dann sinnvoll sind, wenn sich alle von der Entscheidung Betroffenen auch daran halten. Das macht es übrigens so sinnvoll, nicht nur die Teamleitung oder immer alle entscheiden zu lassen, wenn nicht immer alle und die Teamleitung schon gar nicht von der Entscheidung unmittelbar betroffen sind.

7. Entwicklung und Lernen

Das betrifft die Frage, wie ihr euch als Menschen und als Team entwickelt, lernt und bspw. auch mit Fehlern umgehen wollt. Aber auch Fragen, wer wie welche Fort- und Weiterbildungen wahrnehmen kann und soll, hängt hiermit zusammen.

8. Transparenz

Auch dieser Aspekt ist auf Ebene der Werte angesiedelt, spielt aber im Rahmen der zunehmend selbstbestimmten Entscheidungen in Teams eine wesentliche Rolle: Wir können nur dann gut arbeiten, wenn offen, ehrlich und transparent kommuniziert wird. Wissen darf nicht zum eigenen Vorteil zurück gehalten werden und Mitarbeiter_innen können die Wahrheit sehr gut vertragen (es sind immerhin erwachsene Menschen, die auch noch bezahlt werden…). Und die Wahrheit betrifft auch finanzielle Aspekte oder Kennzahlen der Organisation. Denn wenn es finanziell nicht gut läuft, wissen die Mitarbeiter das sowieso schon – oft vor den Führungskräften.

9. Und so weiter und so fort…

Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt:

  • Welche Werte sind Euch als Team wirklich wichtig? Und vor allem:
  • Wie gelingt es, diese Werte in konkrete, handlungsleitende Prinzipien zu übersetzen?

Das ist wichtig:

Leitlinien sind nur dann sinnvoll, wenn sie von der abstrakten Ebene zu ganz konkreten, umsetzbaren und Orientierung gebenden Leitplanken werden. Scheut euch nicht, Verantwortlichkeiten festzulegen und Namen in die Leitlinien zu schreiben. Erst dadurch ergibt sich „skin in the game“, erst dann tut es für mich weh, wenn ich meiner Aufgabe nicht nachkomme.

Leitlinien für die Kollaboration im Team sind „working papers“

Abschließend der erneute Hinweis:

Leitlinien bringen nichts, wenn sie zu Leidlinien werden, wenn sie vor sich hin gammeln und in irgendwelchen Schubladen vergilben.

Leitlinien für die Zusammenarbeit im Team sind sinnvoll, wenn wirklich mit ihnen gearbeitet wird, wenn sie Grundlage für die Teamsitzungen sind und – ganz wichtig – wenn sie regelmäßig (reicht jährlich???) angeschaut und überarbeitet werden.

Aber auch hier wieder: Wer ist für die Nutzung und Überarbeitung der Leitlinien verantwortlich? Wählt eine Person aus dem Team, die zuständig und verantwortlich ist. Auch, wenn es sich zunächst ungewohnt anfühlt!


P.S.: Nach den positiven Reaktionen auf den Beitrag habe ich einen kleinen Online-Workshop terminiert, in dem wir auf das Thema „Leitlinien für die Teamarbeit“ gesondert eingehen. Hier gibt’s mehr Infos!

P.P.S.: Habt ihr Leitlinien im Team? Gelingt die Arbeit damit? Und falls nicht: Habt ihr Lust, welche zu erarbeiten? Dann nehmt gerne Kontakt auf…

Werte und Prinzipien, oder: Warum ihr mehr als ein Leitbild braucht!

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Jede Organisation braucht ein Leitbild. Diese Aussage wird vermutlich jede*r unterschreiben? Dabei ist unklar, was genau unter einem Leitbild zu verstehen ist. Ich definiere Leitbild umfassend als Kombination aus Vision, Mission, Werten und Strategien einer Organisation. Mein Verständnis eines Leitbilds geht damit über lustige Sprüche am Eingang oder die irgendwo herunterladbare PDF hinaus. Ein Leitbild sollte vielmehr der Kern einer Organisation sein, der definiert, wozu die Organisation angetreten ist (Vision und Zweck), anhand welcher Werte und Prinzipien sie wie arbeiten will und was konkret die Organisation heute und in Zukunft umsetzen will (Strategie). Da sich insbesondere Werte und Strategien, aber auch die Vision ändert, ist meine Leitbilddefinition lebendig.

Leider leben Leitbilder leidlich…

Wenn Organisationen überhaupt ein Leitbild entwickelt haben, ist schon viel gewonnen. Wenn sich das Leitbild dann noch an dem skizzierten Aufbau von Vision, Mission, Werten und Strategien orientiert, ist es noch besser.

Die Herausforderung besteht jedoch in der Übersetzung des „global formulierten“ Leitbilds auf die Abteilungen, Teams bzw. in komplexen Organisationen der sozialen Arbeit in die Unterorganisationen. Erst dann wird es für die Mitarbeiter*innen und hoffentlich auch für die Nutzer*innen wirklich lebendig und entfaltet seine Wirkung in der Organisation (Leitbilder wirken übrigens auch auf der Schauseite der Organisation und haben einen Nutzen für die Außenwirkungen, vgl. bspw. Kühl, 2016).

Das Leitbild der Gesamtorganisation hat damit grobe Orientierungsfunktion. Und selbst auf dieser Ebene: Kennst Du das Leitbild Deiner Organisation? In welcher Organisation ist das Leitbild wirklich präsent?

Strategie wird über Objectives and Key Results lebendig

Bezogen auf Übersetzung der Strategie auf die Teamebene gibt es inzwischen Methoden und Frameworks, die sicherstellen sollen, dass auch auf Teamebene tatsächlich an der Strategie und nicht an irgendwas gearbeitet wird. Das Management-Framework „Objectives and Key Results“ (OKR) habe ich hier beschrieben.

Ein schöner Beitrag dazu findet sich auch im Blog von Sebastian Ottmann, in dem wir (Christian Müller, Sebastian Ottmann und ich) über „Social Objectives and Key Results (SOKRs)“ geschrieben haben.

Das Framework OKR klärt in der Gesamtorganisation, was bis wann von wem bearbeitet wird bzw. werden sollte, um die Vision der Organisation zu erreichen.

Unklar bleibt aber, wie die Zusammenarbeit erfolgen soll. Denn die im Leitbild der Gesamtorganisation global formulierten Werte sind noch nicht greifbar, lebendig und übersetzt auf den Alltag der Abteilungen, Teams und der einzelnen Menschen im Unternehmen.

Von globalen Werten zu Prinzipien der Zusammenarbeit

Hier hilft es, die global formulierten Werte heranzuziehen und diese in Prinzipien für die gemeinsame Arbeit zu spezifizieren.

Um es konkret zu machen ein Beispiel aus einem Leitbild eines großen, konfessionellen Komplexträgers der Sozialwirtschaft mit mehr als 3000 Mitarbeiter*innen. In dessen Leitbild heißt es unter anderem:

„Wir leisten unseren Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung.“

Das ist unmittelbar einleuchtend und in der heutigen Zeit angesichts des Klimawandels unabdingbar. Aber was heißt der Wert der ökologischen Nachhaltigkeit, der im Leitbild der Gesamtorganisation dieser Aussage zugrunde liegt, für den Alltag in einem Team – bspw. in der Jugendhilfe?

Denkbar wäre jetzt, gleiche Vorgaben für alle Teams zu beschließen, die den Umgang mit den Ressourcen regeln: „Abends ab 20 Uhr sind die Heizungen zu drosseln!“ oder „Die Raumtemperatur muss zwischen 20 und 22 Grad liegen!“ wären zwar denkbare, aber ziemlich absurde Regeln. Schon hier fällt auf, dass solche Regeln ziemlicher Quatsch wären.

Wenn es im Winter richtig kalt wird, macht es Sinn, die Heizungen vielleicht nach 20 Uhr anzulassen und die Raumtemperatur kann auch durch die Sonneneinstrahlung beeinflusst werden, wodurch die Regel noch nicht mal in alleiniger Macht der Mitarbeiter*innen liegt.

Regeln und Vorgaben sind unflexibel und oftmals unpassend zur Situation.

Es braucht vielmehr Prinzipien der Zusammenarbeit, die einfach, verständlich und gleichzeitig  handlungsleitend  für die Entscheidungen im Team sind. Denkbar wäre hier bspw., im Team das Prinzip zu definieren

„Wir handeln so effizient wie möglich im Sinne der Jugendlichen!“

Damit ist zum einen klar, um wen es geht (die Nutzer*innen), zum anderen bleibt individueller Spielraum, selbstbestimmt zu entscheiden, was in der jeweiligen, sich immer wieder ändernden Situation so effizient wie möglich ist.

Heuristiken als Alternativen zu Prinzipien

Denkbar ist hier auch, anstatt der Prinzipien sogenannte Heuristiken anzuwenden. Darunter lassen sich Hilfestellungen verstehen, „die es erlauben, mit begrenztem Wissen und unter Zeitdruck Entscheidungen zu treffen.“ (vgl. https://newworkglossar.de/)

Die vier Werte im agilen Manifest sind bspw. als Heuristiken formuliert:

  1. Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
  2. Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
  3. Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
  4. Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans

Ausgesagt wird, dass der erste Teil der Aussage wichtiger ist als der zweite Teil (wobei der zweite nicht unwichtig ist).

Im ersten Wert „Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge“ wird betont, dass Individuen und Interaktionen höher gewertet werden als Prozesse und Werkzeuge. Entsprechend kann in unklaren Entscheidungssituationen hier Orientierung gefunden werden. Übrigens habe ich auch die 6 Thesen zur Zukunft Sozialer Arbeit als Heuristiken formuliert.

Werte und Prinzipien helfen, wirkungsvoll und selbstbestimmt zu handeln

Deutlich wird: Führungskräfte können nicht erwarten, dass Mitarbeiter*innen selbstbestimmt entscheiden, wenn völlig unklar ist, woran sich die Entscheidung orientieren soll. Diese Orientierung kann über Heuristiken oder Prinzipien gegeben werden, die auf Ebene der Teams Werte (im Beispiel Jugendhilfe der Wert der Nachhaltigkeit und im Beispiel agiles Manifest die agilen Werte) in handlungsleitende Prinzipien übersetzen. Erst mit dieser Orientierung kann wirkungsvoll und selbstbestimmt agiert werden.

Im Gegensatz zu meist durch die Vorgesetzten oder äußere Bedingungen (bspw. Brandschutzvorgaben) festgelegte Regeln ist es notwendig, Prinzipien in einem dialogischen Prozess im Team bzw. auf Ebene der unmittelbar Betroffenen auszuhandeln, um im jeweiligen Kontext wirksam zu werden.

Das gilt im Übrigen nicht nur für Organisationen, sondern auch für Gesellschaften, aber das ist ein anderes Thema…

Werte und Prinzipien dialogisch aushandeln

Wie auch auf Ebene der Gesamtorganisation macht es auf Teamebene Sinn, sich vom gemeinsamen Zweck des Teams („Wozu sind wir da? Warum existieren wir als Team in dieser Organisation? Was ist unser Zweck und Auftrag?“) über die gemeinsamen Werte (Welche Werte sind uns in unserer Zusammenarbeit wirklich wichtig?) hin zu den konkreten, aus der Strategie abgeleiteten Zielen und Aufgaben („Was ist die konkrete Aufgabe? Wer ist verantwortlich?“) vorzuarbeiten.

Herauskommen kann so etwas wie das „Teamleitbild“, der gemeinsame Leitfaden der Zusammenarbeit, sowas wie die „10 Prinzipien unserer Arbeit“ oder die Leitlinien von Team XY. Wichtiger als der Titel ist, die Prinzipien so einfach und schlank wie möglich zu halten, um den Spielraum der Mitarbeiter*innen nicht unnötig einzuschränken.

Prinzipien lebendig halten

Abschließend ist relevant, die Prinzipien der Zusammenarbeit zum einen möglichst präsent zu halten. In Teamsitzungen, Gesprächen unter Mitarbeiter*innen und Führungskräften ebenso wie in Gesprächen mit Klient*innen sollten die Leitlinien angewendet werden. Ansonsten besteht die Gefahr, ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie viele vergilbte Leitbilder vieler Organisationen: Zwar existent, aber alles andere als lebendig.

Zum anderen sind die Prinzipien nicht nur im Team zu entwickeln, sondern auch iterativ weiterzuentwickeln. Das Team sollte in bestimmten Abständen (bspw. einmal im Jahr) die Prinzipien selbst in den Blick nehmen und überlegen, ob sie noch Gültigkeit besitzen oder angepasst werden müssen.

Viele Leitbilder helfen, Diversität zu leben und Organisationskulturen sichtbar zu machen

Mit eigens formulierten „Leitlinien“ oder Teamleitbildern entsteht früher oder später ein enorm diverses „Biotop“ an lebendigen Werten und Prinzipien in der Organisation.

Die vielfältigen Unternehmenskulturen einer Organisation werden sichtbar.

Als Führungskraft gilt es, dies auszuhalten: Nein, wir müssen nicht alle gleich sein, es darf, kann, soll (und muss sogar) Unterschiede geben. Und mal ehrlich:

Diese Unterschiede gab es schon immer. Jetzt dürfen sie nur offensiv im Sinne der Organisation gelebt werden.

P.S.: Wie wäre es mit dem Prinzip, sich an die Vereinbarungen im Team zu halten? Dahinter steht der Wert der Verbindlichkeit. Ohne Verbindlichkeit, neudeutsch Committment, machen alle niedergeschriebenen Werte und Prinzipien keinen Sinn.

Open Strategy in der Praxis – die fünf wichtigsten Fragen

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Vor einem Jahr habe ich einen Beitrag zum Thema „Open Strategy in der Sozialwirtschaft“ geschrieben. Das war eher ein Überblicksartikel. Hier erfährst Du, wie der Ansatz „Open Strategy in der Praxis“ aussieht und vor allem, welche fünf Fragen zu klären sind, um einen guten „Open Strategy Process“ zu designen.

Dazu gehe ich kurz auf die Frage ein, was eine Unternehmensstrategie ist, was den Open Strategy Ansatz so besonders macht und welche fünf wichtigsten Fragen in der Praxis für einen guten Open Strategy Process zu beantworten sind.  

Was ist eine Unternehmensstrategie?

Open Strategy, schön und gut, aber was ist (Unternehmens)Strategie überhaupt? Ohne in die Tiefe zu gehen ist die Frage nicht ganz trivial. So gibt es keine einfache, richtige Antwort. Ich fasse hier den Begriff Strategie in Anlehnung an Kühl (2016) als die Bestimmung von Zwecken einer Organisation, für die dann Mittel gesucht werden:

„Bei der Vorgabe, jedes Jahr ein Return on Investment von 15 Prozent zu erreichen, handelt es sich ebenso um ein Zweckprogramm, mit dem die Suche nach Mitteln mobilisiert wird, wie bei dem Befehl an einen Geldeintreiber der Mafia, bei Restaurants in einem Stadtviertel wöchentlich das Schutzgeld einzusammeln“

Kühl, 2016, 28

Was macht Open Strategy so besonders?

Ganz grob lässt sich Open Strategy als Strategieentwicklungsansatz definieren, der möglichst viele Interessengruppen der Organisation in die Strategieentwicklung einbezieht.

Der Ansatz ist die Abkehr von der Norm, dass Strategien immer von oben – dem oberen Management – zu entwickeln sind. Open Strategy wird zum inklusiven und transparenten Ansatz, bei dem möglichst alle, interne wie externe, Stakeholder der Organisation miteinbezogen werden.

Hinzu kommt, dass die Strategie nicht nur nach innen, sondern auch nach außen transparent dargestellt wird. So gelingt es, kontinuierlich Feedback der Umwelt aufnehmen zu können.

Bei diesem Ansatz agiler Strategieentwicklung sind mir vor allem die folgenden Aspekte positiv und gerade für soziale Organisationen, Bildungseinrichtungen, Verwaltungen und NPO enorm gewinnbringend aufgefallen:

  1. Das Interesse der Öffentlichkeit (Gesellschaft, Politik…) an den Entwicklungen der genannten „besonderen“, im Wesentlichen durch öffentliche Gelder finanzierten Organisationen ist höher als das Interesse an „privat“ finanzierten Wirtschaftsorganisationen.
  2. Die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen sind komplex. Und der Umgang mit Komplexität gelingt nur gemeinsam, im Austausch, im Abgleich der Interessen, in Kooperation, im Wir. Konkret: Wenn man bspw. Digitalisierung als ein Strategiefeld der aktuellen Unternehmensstrategie formuliert hat, macht es Sinn, nicht ausschließlich die IT-Abteilung mit der Umsetzung zu beauftragen. Es macht Sinn, die Entwicklung, Veröffentlichung und Umsetzung (nicht nur) des Themas Digitalisierung mit möglichst vielen Interessengruppen gemeinsam in crossfunktionalen Teams zu verwirklichen.
  3. Mitarbeiter*innen sozialer Berufe definieren sich stark über ihren Beruf, ihre Profession. Die berufliche Identität ist ein viel diskutierter Aspekt Sozialer Arbeit. Entsprechend interessieren sich die Mitarbeiter*innen für die Mitgestaltung der zukünftigen Ausrichtung der Organisation. Hinzu kommt, dass die Strategieumsetzung ohne die Mitarbeiter*innen nicht denkbar ist.
  4. Soziale Organisationen, genauso wie Bildungseinrichtungen oder NPOs, sind „front-line organizations“. Die soziale Wertschöpfung findet an der Basis, in der konkreten Arbeit „mit Menschen“ statt. Die Menschen jedoch, die die Arbeit „an der Basis“ leisten, nicht (oder kaum) in den Entwicklungsprozess der Strategie mit einzubeziehen, ist fahrlässig.
  5. Angesichts einer notwendigen Komplexitätssteigerung im Inneren der Organisationen aka Selbstorganisation als Reaktion auf die Komplexitätssteigerung im Außen wird der Ruf nach selbstbestimmt, eigenverantwortlich oder gar autonom arbeitenden Teams und Mitarbeiter*innen immer lauter. Wie jedoch sollten Mitarbeiter* innen selbstorganisiert arbeiten können, wenn ihnen eine Strategie vor die Nase gesetzt wird, an der sie nicht im Ansatz beteiligt waren? Gelingende Selbstorganisation erfordert Transparenz und Beteiligung – und das gilt entsprechend für den Prozess der Entwicklung, Veröffentlichung und Umsetzung der Strategie. Aus Transparenz und Beteiligung erfolgt selbstorganisiert Strategieumsetzung.

Überzeugt?

Vielleicht…

Open Strategy in der Praxis – fünf Fragen

Welche Fragen aber sind vor einem Open Strategy Process in der Praxis zu klären? Wie sollte der Prozess aufgesetzt sein? Wie ist ein gutes Open Strategy Process Design (Akronym hab ich gerade erfunden: OSPD ;-)?

Um die Fragen bis hin zum OSPD (ich nutze das jetzt öfter) zu beantworten, gibt es seit Oktober 2021 das enorm hilfreiche Buch „Open Strategy – Mastering Disruption from Outside the C-Suite“ von Christian Stadler, Julia Hautz, Kurt Matzler und Stephan Friedrich von den Eichen.

Die folgenden Ausführungen habe ich dem Buch entnommen und zusammengeführt mit meinen Erfahrungen aus der Strategieentwicklung in verschiedenen Organisationen.

Da es nicht sinnvoll ist, kopflos in einen Strategieprozess zu starten, ist die Beantwortung der folgenden Fragen vor Beginn der Strategiearbeit wichtig

1. Wie offen soll der offene Strategieentwicklungsansatz sein?

Ja, es heißt open strategy, aber klar ist, dass es nicht für jeden Prozess, für jede Organisation und jeden Prozessschritt hilfreich ist, Gott und die Welt einzubeziehen. Die Steuerung des Prozesses wird aufwendiger, je mehr Personen und Gruppen einbezogen werden. Fraglich ist auch, wie „disruptiv“ die neue Strategie sein soll oder ob sich die Organisation weiterhin in ihrem angestammten Geschäftsfeld bewegen will (wogegen nichts einzuwenden ist, sofern die Umwelt, das eco-system der Organisation, berücksichtigt wird).

Als Fautregel lässt sich festhalten: Je disruptiver die Strategie sein soll, desto mehr Stakeholder(gruppen) sollten insbesondere zu Beginn (Sammlung) involviert werden, um mehr Aspekte abdecken zu können.

2. Sollen neben internen auch externe Stakeholder involviert werden?

Es ist immer sinnvoll, Menschen zu beteiligen, die nicht unmittelbar in der Kultur der Organisation „beheimatet“ sind. Diese etwas sperrige Formulierung deutet darauf hin, dass „Externe“ nicht auch Mitglieder der Organisation sein können. Vielmehr geht es darum, außerhalb bestehender Vorgaben, ausserhalb des Standards, außerhalb der Kultur denken zu können. Das können bspw. neue Mitarbeiter*innen (noch) wunderbar.

Und bei einem Träger mit mehr als 3.000 Mitarbeiter*innen finden sich sicherlich Menschen, die nicht dem „kulturellen Standard“ entsprechend. Falls aber alle Mitarbeiter*innen von der Culture gefrühstückt wurden: Außerhalb suchen und andere Interessengruppen einbinden.

Meine Idee ist ja immer, Leistungsträger, Kommunen, Krankenkassen etc. explizit in die Strategieentwicklung der eigenen Organisation mit einzubinden. Daraus kann ein neues Verständnis voneinander im Sinne von echtem Verstehen der Unterschiede und Gemeinsamkeiten und damit ein gemeinsames Lernen werden.

3. Wie viele Personen sollen in die Entwicklung der Strategie eingebunden werden?

Ja, es gelingt auch, bei einer kleinen Gruppe von Stakeholdern, die sich an der Strategieentwicklung beteiligen, eine möglichst hohe Diversität sicherzustellen: Durch gezielte Auswahl der zu beteiligenden Stakeholder(gruppen) lässt sich die zu beteiligende Anzahl gut steuern. Auch macht eine größere Gruppe Sinn, wenn zu Beginn des Prozesses neue Ideen offen generiert werden sollen.

Eine kleinere Gruppe arbeitet hingegen deutlich fokussierter und eignet sich entsprechend gut für die Ausformulierung konkreter, strategischer Themenfelder und Ziele. Eine möglichst große Gruppe macht dann wieder Sinn, wenn die Strategie implementiert und umgesetzt werden soll.

4. Werden die zu beteiligenden Menschen explizit ausgewählt oder können sich die Personen basierend auf einer offenen Einladung beteiligen?

Die Antwort scheint klar zu sein: Kleine Gruppe = explizite Auswahl, große Gruppe = offene Einladung. Aber es ist darüber hinaus möglich, die offene Einladung zu ergänzen um gezielte Einladungen von Stakeholdern, die  – geplant oder zufällig – andere Menschen zur Teilnahme inspirieren. Dazu noch zwei Aspekte: Wenn Du daran denkst, beim nächsten Strategieprozess neue Ideen zu haben und wirklich diverse Gedanken zusammenzubringen, denke nicht unmittelbar an die „dicken Fische“: Ja, der Vorstand eines Wohlfahrtsverbands oder die Rektorin einer Uni machen Eindruck, liefern aber – aufgrund ihrer Rolle im System – nicht immer die wirklich inspirierenden Hinweise.

Hier macht es Sinn, breiter zu denken und neue „Köpfe“ einzubinden. Die sozialen Medien liefern hier spannende Einblicke… Und bedenkt abschließend bitte, dass eine Einladung nicht immer eine Einladung ist: Wenn der Chef zur Teilnahme einlädt (was vielleicht noch nie der Fall war), fällt es schwer, nicht zu erscheinen. Erst wenn eine „echte Einladungskultur“ etabliert ist, kann von echten Einladungen – die auch nicht angenommen werden müssen – gesprochen werden.

5. Agieren wir im Strategieprozess vornehmlich digital oder analog oder gar „hybrid“? 

Ich bin kein Freund hybrider Veranstaltungen, das vorweg. Ich habe noch kein Setting erlebt, das auf Beteiligung, Mitdenken und -machen ausgerichtet ist und in der Verbindung von digital und analog funktioniert hat. Hybrid will ich aber nicht ausschließen. Hybrid im Kontext von Veranstaltungen, Workshops etc. ist für mich nicht das Verständnis von „sowohl, als auch“, sondern von „entweder, oder“. Dann wird ein Schuh draus:  Machen wir Workshops, World Cafés und kreative Arbeit analog oder digital? Beides geht – getrennt voneinander und konsequent umgesetzt – wunderbar, das haben wir hoffentlich in den letzten beiden Jahren erfahren dürfen. Zusammen, also ein paar Menschen sind digital, ein paar analog beteiligt, geht nicht.

Die Vorteile digitaler Formaten liegen in der Möglichkeit, schnell mehr Personen einbinden zu können, das ist klar. Hinzu kommt aber noch die Frage, wie „synchron“ bzw. „asynchron“ die Beteiligung stattfindet: So ist die Einbindung externer (und interner) Teilnehmer*innen bspw. über die Nutzung von Online-Umfragen, bei denen selbstverständlich auch offene Antworten zu strategierelevanten Fragen gegeben werden können, einfach möglich (das Formulieren von guten Fragen ist wiederum ein eigenes Thema, da Fragen immer die Perspektive des Fragenden mit transportieren). Diesen Punkt zusammenfassend: Alles geht,  nur nicht gleichzeitig.

Fazit

Die Beantwortung der Fragen allein führt natürlich noch nicht zu einem erfolgreichen Prozess. Ohne eine Klärung der Fragen kommt es aber im Verlauf immer wieder zu Problemen.

Somit: Nimm Dir die Zeit und kläre die wichtigen Aspekte vorab. Das entspannt den Gesamtprozess. Und zu dem wirst Du hier hoffentlich zeitnah weitere Infos finden.

Und natürlich gerne stehe ich Dir bei weiteren Fragen 😉 zur Verfügung.


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