Schlagwort: Strategieentwicklung

Strategie in der Krise: 8 Fragen, die Organisationen der Sozialwirtschaft beantworten müssen

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tl;dr: Neben der „clickbait Überschrift“ findest Du im Beitrag Basics rund um Strategie, Strategieentwicklung und Strategieumsetzung mit einem spezifischen Fokus auf Organisationen der Sozialwirtschaft. Am Ende findest Du die – aus meiner Sicht wirklich wichtigen – Fragen, die Du Dir stellen solltest, wenn Du Dich mit der Strategie Deiner Organisation befassen willst.


Strategie – schon der Begriff weckt Hoffnungen: Sie gibt die Richtung vor, verspricht Klarheit und Transparenz. Die Unternehmensstrategie soll – so eine Definition – als Navigationsprinzip zur Bewältigung von Komplexität dienen (vgl. Malik, 2017:91) – mit dem Ziel, das Überleben der Organisation (nicht nur) in Krisenzeiten zu sichern. Und aktuell, in den wahrlich herausfordernden Zeiten, habe ich das Gefühl, dass in Organisationen der Sozialwirtschaft händeringend nach einer „Strategie in der Krise“ gesucht wird und damit nach etwas, das mehr verspricht als ein „Stochern im Nebel“. Dabei ist – so mein Eindruck – zum einen oft unklar, was unter Strategie verstanden wird und zum anderen, wie genau eine Strategie entwickelt werden und vor allem, wie die Strategieumsetzung gelingen kann.

Mit dem folgenden Beitrag zu Strategie in der Sozialwirtschaft stochere ich selbst ein wenig im Strategienebel, in der Hoffnung, Orientierung geben zu können. Gleichzeitig lade ich aber auch dazu ein, den Nebel einer ungewissen Zukunft proaktiv anzunehmen und gerade dadurch Gestaltungsfreiheit zu gewinnen.

Im Folgenden skizziere ich zunächst meinen aktuellen Eindruck von den Problemen, die hinter der (teilweise) berechtigten Suche nach einer Strategie in der Krise stehen, um darauf aufbauend einen Einblick in aktuelle Grundlagen rund um Strategieentwicklung und Strategieumsetzung zu geben. Abschließend versuche ich auf dieser Basis einige Handlungsoptionen für Organisationen der Sozialwirtschaft zu skizzieren, die Dir und Deiner Organisation hoffentlich etwas Orientierung auf der Suche nach Orientierung geben können.

Und falls Du Dich für weitere Beiträge rund um Strategie und Co. interessierst, findest Du zum Beispiel hier einen Beitrag mit dem Fokus auf agile Strategieentwicklung und -umsetzung und hier einen Beitrag zur adaptiven Strategiearbeit in Sozialen Organisationen mit Ausführungen für Ansätze, Herausforderungen und Lösungen.

Strategie in der Krise oder Krisenstrategien?

Du merkst schon in der Einleitung, dass ich mich vorsichtig ausdrücke. Ich schreibe nicht davon, dass ich – trotz einiger, erfolgreich durchgeführter Projekte – das eine Rezept habe, mit dem Strategieentwicklung immer gelingt. Ich schreibe nicht davon, dass ich den Stein der Weisen gefunden haben und damit den einzig wahren Weg, um Klarheit, Orientierung und Transparenz für dich und deine Organisation auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft zu gewinnen.

Das ist aus Marketingsicht schlecht.

Du suchst nach Antworten und ich antworte vage. Ich biete Dir kein „Strategierad“ an, das Dir die strategischen Themen vorgibt. Ich sage auch nicht, dass das Durchlaufen der sehr hilfreichen Strategie-Schleife (vgl. Nagel, 2014) der Königsweg ist. Ich stochere häufig genauso im Nebel wie du. Das ist für mein „strategisches Marketing“ – wie gesagt – alles andere als gut. Denn aus Vertriebssicht hilft es viel mehr, einfache, wenn auch oft falsche Antworten auf komplexe Fragen zu geben.

Und die Fragen sind nicht nur komplex, sondern auch paradox. Entweder-oder-Entscheidungen sind bei vielen Themen kaum möglich. An vielen Stellen geht es um ein „sowohl als auch“ und damit – eben – um Nebel.

Gleichzeitig, und das ist der Ausgangspunkt dieses Beitrags, stelle ich fest, dass gerade in den aktuell (wieder einmal) herausfordernden Zeiten viele Menschen und Organisationen auf der Suche nach Antworten sind, um wieder zu einer wie auch immer gearteten Sicherheit zu gelangen. Und da kommen Strategien ins Spiel.

Um nur drei Beispiele herauszugreifen geht es

  • in der „neue caritas“ (Ausgabe 06/25, siehe hier) übergreifend um das Thema Strategie.
  • im Leitartikel der „sozialwirtschaft aktuell“ (Erlinghagen, 05/2025) – etwas reißerisch – um „Organisationen der Sozialwirtschaft in Zeiten kollabierender Systeme“. Dabei beschreibt der Beitrag „einige absehbare Entwicklungen, begründet, warum wir uns mit dem Phänomen kollabierender Systeme auseinandersetzen, und geht der Frage nach, was das für Unternehmen der Sozialwirtschaft im Speziellen bedeutet“ (ebd.), womit er – zumindest aus meiner Sicht – viel mit dem Thema Zukunft und Strategie zu tun hat. So kommt der Autor auch passenderweise zum Schluss: „Solange Kollapsphänomene ignoriert oder als Ausnahmezustände betrachtet werden, sind tiefergehende Anpassungsstrategien nicht vorstellbar“ (ebd., 3).
  • im Beitrag von Anja um „Lebenslanges Lernen in Zeitenwenden: Überlebensstrategien für eine Welt im Umbruch“. Ja, dieser Beitrag ist nicht spezifisch auf die Sozialwirtschaft und auch nicht (nur) auf Organisationen bezogen. Aber der Untertitel – „In einer Zeit radikaler Veränderungen sind lebenslanges Lernen und Anpassungsfähigkeit entscheidend. Wie werden wir fit für unsere gemeinsame Zukunft?“ – hat mich – neben dem Strategieaspekt – doch sehr an die Herausforderungen von Organisationen der Sozialwirtschaft erinnert. Etwas abgewandelt:

Wie werden Organisationen der Sozialen Arbeit fit für eine gemeinsame Zukunft – und (wie) kann die Strategie in der Krise bei der Beantwortung der Frage helfen?

Basics der Strategieentwicklung und -umsetzung

Aber was ist Strategie im Kontext von Organisationen und Unternehmen eigentlich?

Das ist, wie auch Nagel (2014) schreibt, „oft unklar“. Es „hat sich bis heute keine allgemeinverbindliche Definition von ‚Strategie‘ durchgesetzt“ (ebd.).

In der Strategiearbeit geht es aber, so viel als gemeinsame Basis, um Fragen, die für die Organisation überlebensrelevant sind.

Zur weiteren Eingrenzung ist die Unterscheidung in die drei Ebenen des normativen, strategischen und operativen Managements – angelehnt an das St. Galler Management-Modell – hilfreich:

Während sich das normative Management mit den unternehmenspolitischen Wert- und Interessenkonflikten aller Beteiligten auseinandersetzt (Was sind unsere Grundwerte?) und das operative Management als die unmittelbare Steuerung wiederkehrender Prozesse und konkreter Strukturen zur Erbringung von (Dienst-)Leistungen verstanden werden kann, beschäftigt sich das strategische Management mit Entscheidungen zu komplexen Problemen qualitativer Art, wie z.B. der Bewältigung zukünftiger Marktbedingungen und/oder Exnovations- bzw. Innovationspotenziale der Organisation (vgl. Grunwald, 2022:9).

Hier kann die Frage „Welche zentralen Themen/Ziele/Möglichkeiten verfolgen wir (und welche auch nicht) in den nächsten Jahren?“ Orientierung geben.

Gibt es Kriterien für strategische Themen?

Wichtig ist, dass die Entscheidungen zu Problemen qualitativer Art (oder kürzer: die übergreifenden strategischen Themen/Optionen) langfristig (nicht kurzfristig), folgenreich (nicht beliebig), funktionsübergreifend (nicht spezifisch) und komplex (also nicht trivial) sind.

Diese vier Aspekte können gut als grobe Kriterien für die Überprüfung der eigenen strategischen Entscheidungen bzw. der auf den Entscheidungen basierenden strategischen Ziele herangezogen werden. Und wenn Du jetzt auf die (hoffentlich vorhandene) Strategie Deiner Organisation schaust:

Sind die formulierten strategischen Optionen

  • langfristig,
  • folgenreich,
  • funktionsübergreifend und
  • komplex?

Um es konkret zu machen ist die strategische Option „Ausweitung des Marktportfolios“

  • langfristig (Planung, Finanzierung, Personalaufbau → oft über Jahre),
  • folgenreich (Verändert Reichweite, Zielgruppen und Ressourcenstruktur),
  • funktionsübergreifend (Pädagogik, Verwaltung, Finanzierung, Öffentlichkeitsarbeit) und
  • komplex (gesetzliche Rahmenbedingungen, Bedarfsanalysen, Personalgewinnung…).

Das wird bspw. greifbar, wenn es um die Eröffnung eines neuen Standorts, einer neuer Einrichtung oder eines neuen Arbeitsfelds geht.

Im Gegensatz dazu ist – logisch – die Anschaffung neuer Möbel für ein Gruppenangebot keine strategische Entscheidung, da diese nur eine geringe Tragweite hat, kaum funktionsübergreifend ist und primär Sachmittel und nicht die inhaltliche Ausrichtung betrifft.

Entscheidungen treffen

Deutlich wird:

Es geht um das Treffen von – in dem Fall strategischen – Entscheidungen. Das sind Entscheidungen „zu den zu erbringenden Leistungen und zu den Modalitäten der künftigen Leistungserbringung. Dies zieht Nachfolgeentscheidungen zum Personal (…) und zu den Kommunikationswegen (…) nach sich, jedoch geht solchen Entscheidungen die basale Entscheidung zu den Programmen voraus“ (Merchel, Gesmann, 2021:305).

Angelehnt an Heinz v. Förster sind Entscheidungen jedoch immer Entscheidungen des prinzipiell Unentscheidbaren (vgl. Teil der Welt, S. 67 f.). Klingt komisch, heißt aber nur:

Wäre A besser als B, würden wir natürlich B nehmen – alles andere wäre blöd. Entscheiden ist hier nicht notwendig. Dann aber, wenn A und B gleichwertig sind, braucht es die Entscheidung.

A und B klingt einfach, sind auf Ebene der strategischen Entscheidungen jedoch die Optionen, die für die Organisation (Überlebens-)Relevanz haben:

Einrichtung eröffnen oder aufgrund des Fachkräftemangels das Portfolio fokussieren? Lobbyarbeit stärken oder die Ressourcen in den Ausbau des digitalen Marketings stecken? Formale Hierarchien abflachen und eher Richtung agiler Selbstorganisation oder formale Hierarchien stärken und eher in Richtung Klarheit und Orientierung gehen?

Strategieumsetzung

Noch einmal: Echte Strategien sind mehr als rein auf finanzielle Planungen ausgerichtete Plattitüden.

Sie lassen sich – eine andere Definition – als Navigationsprinzipien für das Bewältigen von Komplexität (vgl. Malik, 2017:91) definieren und verfolgen den Zweck, das Überleben der Organisation in Zeiten des Wandels sicherzustellen.

Einführend lohnt sich ein Blick auf Muster und damit auf Vorgehensweisen der Strategieumsetzung, die sich in Organisationen immer wieder zeigen. Grob lassen sich vier Muster unterscheiden;

  1. Der:die Chef:in entscheidet intuitiv (das erinnert ein wenig an den Zollidioten aus Amerika, bei dem man nie weiß, was morgen kommt).
  2. Strategiearbeit wird an „Expertinnen“ wie Beratungsunternehmen oder auch Stabsstellen in Unternehmen ausgelagert.
  3. Strategiearbeit passiert – positiv formuliert – evolutionär (negativ formuliert wurschtelt man sich so durch, da man ja nie wissen kann, was morgen ist).
  4. Strategiearbeit geschieht systemisch als gemeinsame Führungsaufgabe.

Optimal wäre natürlich eine systemische Strategiearbeit, die neben den Führungskräften auch die Mitarbeitenden mit einbezieht und ihnen vermittelt, dass sie mit ihrer Arbeit einen Beitrag zur (Weiter-)Entwicklung der Gesamtorganisation leisten. In meinen eigenen Begleitungen von Strategieprozessen versuche ich diesen Weg zu gehen, was hoffentlich in den Ausführungen hier deutlich wird bzw. geworden ist. Und ja, manchmal haben auch die anderen drei Muster zu Teilen ihre Berechtigung: Manchmal macht es Sinn, dass top-down entschieden wird, manchmal hilft es, Expert:innen einzubinden und manchmal ist man im Nebel unterwegs und bewegt sich „evolutionär“ voran.

Wieder zurück zur Strategieumsetzung in Zeiten des Wandels: Selbst wenn die Marktdynamik in der Sozialwirtschaft nicht so ausgeprägt ist wie in der freien Wirtschaft, so haben wir doch – organisationsintern wie -extern – gerade genug Dynamik und damit Wandel, oder?

Spätestens hier wird es aber herausfordernd, denn die fundierte Strategieentwicklung, die in einen Plan führt, der nur noch checklistenartig umzusetzen ist, macht keinen Sinn. Dafür sind zum einen die hybriden, meist dezentral strukturierten Organisationen der Sozialwirtschaft viel zu komplex. Zum anderen kommt die Komplexität und Dynamik der (Um-)Welt hinzu – oft diskutiert als „VUKA-Welt“.

Entsprechend reicht es nicht, alle 5 Jahre auf das damals erarbeitete Strategiepapier zu schauen und mal eben neu auszurichten, um dann wieder fünf Jahre weiterzumachen wie bisher.

Nach der Entwicklung steht somit die Frage im Zentrum:

  • Wie können strategische Entscheidungen umgesetzt werden, wenn – Achtung, Binse – das einzig Sichere der Wandel ist?

Dazu präferiere ich einen Weg, der sich grob als „agile Strategieumsetzung“ beschreiben lässt.

Darunter verstehe ich, dass nach der Entscheidung für strategische Optionen und der Beschreibung der Ziele, die sich hinter den Optionen verbergen, gemeinsam überlegt wird, welche Projekte initiiert werden können, die einen Beitrag zu den Optionen leisten.

Strategieverantwortliche

Um die Strategie der Gesamtorganisation projektbezogen angehen zu können, ist es relevant, dass sich jeweils ein/e Verantwortliche/r für eine strategische Option findet und sich für das Thema „den Hut aufsetzt“. Hilfreich ist es, wenn die „Strategieverantwortlichen“ in der formalen Hierarchie möglichst hoch „aufgehängt“ sind (bspw. zweite Führungsebene), um dem jeweiligen strategischen Thema die notwendige Durchsetzungskraft zu verleihen.

Die Strategieverantwortlichen sind dann gefordert, sich ein interdisziplinäres und hierarchieübergreifendes „Strategieteam“ zu suchen, um erste Ideen für strategische Projekte zu generieren. Sie sind nicht unmittelbar operativ, sondern zum einen für die Zusammensetzung und das Funktionieren der Projektteams verantwortlich. Zum anderen besteht die Gefahr, dass ohne klare Verantwortlichkeiten Unsicherheiten entstehen, wer für welches strategische Projekt zuständig ist.

Strategische Projekte

Die Suche nach ersten Ideen für strategische Projekte kann und sollte auch darauf basieren, was in der Organisation aktuell bereits an Projekten läuft, die sich den entsprechenden strategischen Optionen zuordnen lassen. So wird ggfs. die strategische Option „Digitalisierung sinnvoll nutzen“ definiert. Aller Wahrscheinlichkeit nach laufen aber bereits Projekte rund um das Thema Digitalisierung, vielleicht experimentieren einige Bereiche und Abteilungen bereits mit KI-Anwendungen, andere Bereiche testen und nutzen bereits Technik im Kontext von AAL.

Kurz: Projekte müssen nicht unbedingt „neu“ sein. Es können auch bestehende Projekte zukunftsorientiert weitergeführt werden – allerdings nicht mehr isoliert und unverbunden, sondern unter dem Dach der Strategie vernetzt und mit einem ganzheitlichen Blick auf die Gesamtorganisation.

Regelmäßige Retrospektiven

Wichtig ist, dass die Strategieverantwortlichen in regelmäßigen Abständen – z.B. alle vier Monate – über den Stand und die Entwicklung der jeweiligen Projekte in den Führungsrunden berichten. Der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand obliegt es dann – im Sinne eines „Product Owners“ und idealerweise gemeinsam mit dem Leitungsteam – zu entscheiden, ob und in welcher Form die angestoßenen Projekte mit welchen Ressourcen weiterverfolgt werden sollen.

Mit diesem Vorgehen gelingt es, Fehlentwicklungen zu vermeiden, knappe Ressourcen bedarfsgerecht zu steuern und die Strategieumsetzung nicht losgelöst von aktuellen Entwicklungen zu betrachten. Ideal ist, wenn es gelingt, nicht nur auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, sondern diese aktiv in die Strategieumsetzung einzubeziehen. In meiner – vielleicht etwas naiven – Traumvorstellung bewegen wir uns damit in einer „Effectuation-Logik“:

Unvorhergesehene Entwicklungen werden nicht als „Angriff auf die strikte Planung der Strategieumsetzung“ verstanden („Auch das noch!“), sondern als Möglichkeit und Chance, die für die jeweilige strategische Option bzw. das jeweilige Projekt gewinnbringend genutzt werden kann. Eine entsprechend flexible Reaktion auf Veränderungen ist hier nicht nur unvermeidlich, sondern sogar erwünscht.

Regelmäßige Retrospektiven sind aber nicht nur auf der obersten Ebene zu etablieren, sondern – fast selbstverständlich, oder? – auch in den Projektteams selbst, die an der Umsetzung der Strategie arbeiten:

Auch hier gilt es, in regelmäßigen, kurzen Abständen innezuhalten und zu überlegen, ob die laufenden Projekte auf dem richtigen Weg sind, ob sie modifiziert oder gar eingestellt werden müssen – weil sich die Rahmenbedingungen geändert haben, weil amerikanische oder russische Freaks absurde Entscheidungen getroffen haben oder weil irgendwelche Viren sich überlegt haben, die nächste Pandemie auszulösen. Mit anderen Worten:

Auch in der konkreten Projektarbeit können sich die Bedingungen ändern – aus welchen Gründen auch immer. Statt am Plan festzuhalten, muss immer wieder gemeinsam neu entschieden werden, ob und wie es weitergeht.

Strategische Projektsteuerung

Angenommen, eine Organisation hat sechs strategische Optionen erarbeitet und für jede Option Strategieverantwortliche gefunden. Diese beginnen nun, „strategische Projekte“ zu initiieren. So weit, so gut.

Die Gefahr, dass es zu einer unkoordinierten Vielzahl von Projekten kommt, die wiederum unverbunden nebeneinander stehen, wird aber sofort deutlich.

Um dieser Gefahr zu begegnen ist neben den bereits erwähnten regelmäßigen Retrospektiven auf Leitungsebene, die den Raum für Entscheidungen über die Neuaufnahme, Anpassung oder – auch wenn es manchmal weh tut – Beendigung von Projekten bieten, die Etablierung einer „strategischen Projektsteuerung“ hilfreich.

Vor allem in großen Komplexträgern der Sozialwirtschaft werden hierfür häufig Stabsstellen eingerichtet. In kleineren Organisationen ist es sinnvoll, die Rolle der Projektsteuerung zu definieren und in bestehende Strukturen zu integrieren.

Aus meiner Sicht geht es bei der strategischen Projektsteuerung aber nicht nur darum, den Überblick über Projekte und Ressourcen zu behalten. Sinnvoller ist es, die strategische Projektsteuerung – im Sinne eines „Scrum Masters“ oder „Agile Coaches“ – auch für die Begleitung der einzelnen, temporär zusammengesetzten Projektteams zu nutzen.

Ziel dabei ist es, die Projektteams unter den ohnehin herausfordernden Arbeitsbedingungen zu unterstützen, möglichst schnell arbeitsfähig zu werden, effektiv und effizient ergebnisorientiert zu agieren und der Gefahr zu begegnen, dass Projektteams zu „Arbeitskreisen“ werden, die existieren, weil sie schon immer existiert haben.

Weglassen nicht vergessen

Die bisherigen Ausführungen klingen so, als wäre Strategieentwicklung und -umsetzung immer die Arbeit am „mehr“, an neuen strategischen Optionen mithilfe neuer Projekte, die von in der Sozialwirtschaft sowieso mehr als überlasteten Menschen verantwortet und von Teams umgesetzt werden, die nicht wissen, woher die zeitlichen und finanziellen Ressourcen dafür kommen sollen.

Hier hilft zum einen Michael Porter, der (in diesem Beitrag) schrieb, dass „Die Essenz der Strategie (…) darin [besteht] zu entscheiden, was nicht zu tun ist!“ Oder anders ausgedrückt:

Alles geht nicht! Denn wenn alles ginge, bräuchte es keine Entscheidungen und damit auch keine Strategie.

Zum anderen hilft ein Blick auf den Begriff der Exnovation im Sinne der gezielten, bewussten Reduktion oder Abschaffung von Produkten, Technologien, Prozessen, Praktiken, Institutionen oder Strukturen (vgl. Bils, Töpfer, 2024:223).

Wie wäre es, wenn in der Strategie Deiner Organisation strategische Option definiert wäre, die Exnovation explizit in den Mittelpunkt stellt:

„Wir reduzieren gezielt nicht mehr sinnvolle Produkte, Technologien, Prozesse, Praktiken oder Strukturen. Wenn möglich und sinnvoll, schaffen wir sie ganz ab. Dabei ist uns bewusst, dass Abschaffen auch bedeuten kann, Alternativen zu entwickeln.“

Exnovation ist also – dies nur als kleiner Hinweis – ohne Innovation nicht denkbar.

Exkurs: Bereichs- oder Abteilungsstrategien als Alternative zur „projektbasierten, agilen Strategieumsetzung“?

Alternativ zu der hier skizzierten „projektbasierten, agilen Strategieumsetzung“ erlebe ich häufig, dass „Teilstrategien“ entwickelt werden:

Es wird z.B. in einem Komplexträger der Eingliederungshilfe für eine Abteilung – z.B. dem Bereich Wohnen für Menschen mit Behinderung – eine „Teilstrategie“ erarbeitet, die dann auf die Teams in den jeweiligen Bereichen „heruntergebrochen“ bzw. von den Teams umgesetzt wird bzw. werden soll.

Der Vorteil ist, dass die oftmals sehr abstrakte Gesamtstrategie für die Mitarbeitenden vor Ort deutlich greifbarer wird. So wird bspw. in der Gesamtstrategie die strategische Option „Personal und Führung – professionell gestalten!“ verabschiedet und ggfs. noch mit ein paar Sätzen hinterlegt. Die unmittelbare Übertragung des abstrakten Themas auf den eigenen Bereich ist schwierig.

Wenn aber – um im Beispiel zu bleiben – im Bereich Wohnen für Menschen mit Behinderung die zu dieser strategischen Option heruntergebrochene Bereichsstrategie „Förderung der Mitarbeiterbindung!“ (Oder wie auch immer) lautet, ist ein „Andocken“ deutlich leichter möglich: Wie können wir im Bereich Wohnen für Menschen mit Behinderung die Mitarbeiterbindung erhöhen?

Problematisch sehe ich jedoch, dass es sich bei Bereichs- oder Abteilungsstrategien nicht mehr um die Gesamtstrategie der Organisation handelt. Der Fokus verschiebt sich auf den eigenen Bereich.

Dem Wunsch nach „siloübergreifender Zusammenarbeit“ kann damit natürlich nicht mehr begegnet werden: Der Anreiz, gemeinsam an der Strategie für die Gesamtorganisation zu arbeiten, entfällt: „Ich arbeite an meiner Strategie für meinen Bereich. Was die anderen machen, interessiert mich nicht.“ Ja klar, das ist etwas radikal formuliert, trifft aber häufig zu und ist aus Perspektive der jeweils verantwortlichen Rolle (bspw. Bereichsleitung) völlig nachvollziehbar.

Das führt auch dazu, dass – sofern dennoch an der Gesamtstrategie der Organisation gearbeitet werden soll – der Koordinationsaufwand deutlich steigt, da Abstimmungen mit anderen Bereichen und Abteilungen schwierig, zeitintensiv und häufig konfliktträchtig sind.

Kurz: Auch hier zeigt sich, dass jede Problemlösung Lösungsprobleme erzeugt – jede Vorgehensweise hat Vor- und Nachteile. Wenn aber in den sowieso sehr dezentral strukturierten, lose gekoppelten Organisationen der Sozialwirtschaft der Wunsch nach einer gemeinsamen strategischen Ausrichtung, der Wunsch nach mehr Identität oder der Wunsch nach interdisziplinären Zusammenarbeit und einem „voneinander Lernen“ besteht, liegen die Vorteile aus meiner Perspektive eher auf Seiten der projektbasierten, agilen Strategieumsetzung.

Strategie in der Krise entwickeln und umsetzen: Die 8 wichtigsten Fragen für Organisationen der Sozialwirtschaft

Hast Du geschafft, bis hierhin dranzubleiben? Respekt, denn es ist doch mehr geworden, als ursprünglich gedacht. Aber halbe Sachen sind auch doof.

Jetzt aber meine „10 wichtigsten Fragen“ rund um die Stratehieentwicklung und -umsetzung, die Du Dir vor und während der Strategiearbeit immer stellen solltest:

1. Was verstehst Du und Deine Organisation unter „Strategie“?

Dem folgend, dass es keine einheitliche Definition von Strategie gibt kannst Du auch nicht davon ausgehen, dass alle Menschen in Deiner Organisation ein einheitliches Verständnis von Strategie haben.

Vor der eigentlichen Strategiearbeit, vor der Strategieentwicklung und -umsetzung also, ist ein gemeinsames Verständnis darüber herzustellen, was ihr unter Strategie versteht.

2. Ist es Dir und Deiner Organisation mit der Strategiearbeit ernst?

Organisationen brauchen eine Strategie, oder?

Mitarbeitende suchen nach Orientierung und wollen wissen, „wo es denn hingeht“, was die größere Linie ist. Genauso beschäftigen sich Führungskräfte gerne in netten Locations, abgekoppelt vom anstrengenden Alltag, mit Fragen der Zukunft. Denn die Zukunft ist – frei nach dem Reiseesel Mallorca – immer da, wo man gerade nicht ist. Du merkst mein Augenzwinkern, aber:

Strategiearbeit, insbesondere der oben beschriebenen Vorgehensweise, macht nur dann Sinn, wenn es ernst wird. Nur dann, wenn wirklich der Wunsch nach gemeinsamem Lernen, nach Entwicklung und partizipativer Umsetzung von Entscheidungen existiert, lohnt sich das „systemische Vorgehen“.

Wie oben geschrieben, ist die „evolutionäre Strategiearbeit“ aka Durchwurschteln deutlich einfacher ebenso wie das Treffen von emotional gesteuerten Top-Down Entscheidungen durch den:die Chef:in oder das Auslagern der Strategie an Expert:innen. Denen kann man dann zumindest die Schuld in die Schuhe schieben, dass es doch nicht so gekommen ist, wie geplant.

Kurz: Ist es Dir und Euch ernst?

3. Ist Strategiearbeit für Dich und Deine Organisation notwendig?

Ist das nicht die gleiche Frage wie oben? Nicht ganz. Bei der Frage nach dem Ernst ging es mir um die Herangehensweise. Hier geht es mir um die Frage, ob Du und Deine Organisation tatsächlich „Not wenden“ muss?

Not wenden – die Notwendigkeit – fokussiert darauf, dass Strategiearbeit wenig Sinn macht, wenn es nicht um wirklich (Überlebens-)Notwendiges geht. Denn dafür ist Strategie, dafür sind strategische Entscheidungen da:

Das Überleben der Organisation in Zukunft zu sichern.

4. Wer profitiert vom Status Quo?

„Wer will Veränderung?“ – Alle Hände gehen hoch.

„Wer will sich verändern?“ – Du kennst die Grafik vermutlich.

Deutlich wird dabei, dass es – auch wenn Strategie für Dich und Deine Organisation notwendig ist und auch wenn klar ist, was ihr unter Strategie versteht – Menschen in der Organisation gibt, die in ihrer Rolle vom aktuellen Zustand profitieren. Die einfache Zuschreibung, dass doch alle bei jeder noch so sinnvollen Veränderung „Widerstand“ aufbringen, reicht hier nicht aus. Die Zuschreibung verändert nichts.

Hilfreicher ist, sich schon vor oder zumindest während der Strategieentwicklung bewusst zu werden, wer warum vom Ist-Stand der Organisation profitiert. Dann wird es möglich, gezielt die Bedenken und Befürchtungen zu thematisieren und Veränderung – zumindest besser – gelingen zu lassen.

5. Wer hat welche Erwartungen an den Strategieprozess?

In eine ähnliche Richtung zielt auch die Frage nach den Erwartungen:

Erst wenn ein klareres Bild davon existiert, wer welche Erwartungen an den Strategieprozess hat, wird eine gemeinsame Arbeit an der Strategie und die Umsetzung strategischer Projekte wahrscheinlicher.

Dabei sind vor allem die informalen Erwartungen, also die Erwartungen, die verdeckt sind, interessant und gleichzeitig schwer zu thematisieren. Allein aber die Reflexion über die Frage, wer welche Erwartungen hat, kann befreiend sein, da überhaupt in diese Richtung gedacht wird.

Um näher an die informalen Erwartungen heranzukommen, hilft die Thematisierung dessen, was nach dem Strategieprozess aus Perspektive der Beteiligten anders sein soll als heute oder danach, was im Strategieprozess auf keinen Fall passieren soll.

6. Hast Du und Deine Organisation alles, was ihr braucht?

Dahinter verbirgt sich die Frage nach den Personen, die aktiv an der Strategieentwicklung und später verantwortlich an der Strategieumsetzung beteiligt sind:

  • Verfügen die Personen, die sich mit der Strategie befassen, über inhaltliche Kompetenzen, um die anstehenden Fragen kompetent beurteilen zu können?
  • Haben sie die Kompetenz, die Methoden, Instrumente und Verfahren auszuwählen und anzuwenden?
  • Können sie mit eventuell auftretenden schwierigen und konfliktreichen Situationen umgehen?
  • Haben sie die Zeit und das persönliche Engagement, sich dem Strategieprozess so zu widmen, wie es erforderlich ist oder werden könnte?

Zwei konkrete Beispiele:

Bei einem Kunden erarbeite ich gerade einen „Crashkurs Strategiearbeit“, in dem es darum geht, allen Führungskräften zumindest über die grundlegenden Kompetenzen der in dieser Organisation angestrebten Strategiearbeit an die Hand zu geben. Ich finde das wunderbar, denn so ist zumindest ein gemeinsames Grundgerüst gegeben, auf das immer wieder zurück gegriffen werden kann. Eine andere Organisation hat ein Programm ins Leben gerufen, dass die Arbeit in Projekten thematisiert, um so in der Gesamtorganisation das Thema Projektmanagement zu verankern.

Ja, das ist Aufwand. Und nein, es ist nicht sichergestellt, dass alle Projekte zum Erfolg führen und die Strategien umgesetzt werden. Aber zu hoffen, dass es auch so irgendwie klappt, ist sicher noch weniger erfolgsversprechend.

7. Wie kommunizierst Du die Arbeit an der Strategie von Beginn an?

Organisationen der Sozialwirtschaft sind komplexe soziale Systeme mit vielen Mitarbeitenden. Da ist es klar, dass nicht alle Mitarbeitenden in gleicher Weise in die Strategiearbeit eingebunden werden können. Nicht alle Mitarbeitende können in Workshops involviert sein, können strategische Optionen erarbeiten, Projektideen aufsetzen oder sich in Projektteams an strategischen Projekten beteiligen.

Entsprechend wichtig ist es, von Beginn an zu überlegen, wer wann wie eingebunden wird, wer wann über welchen Weg informiert wird, wer wann wie beteiligt wird usw.

Es wäre naiv – aber das wurde deutlich, denke ich – im stillen Kämmerlein eine noch so toll klingende Strategie zu erarbeiten, diese auf Hochglanzpapier zu veröffentlichen und dann zu glauben, dass Mitarbeitende die Strategie kennen geschweige denn sich dieser auch nur ansatzweise verbunden fühlen.

8. Brauchst Du und Deine Organisation alle fünf Jahre eine neue Strategie?

Hier bin ich unschlüssig:

Einerseits macht es durchaus Sinn, regelmäßig aus dem Alltag auszusteigen und zu überlegen, was in Zukunft für die eigene Organisation überlebenswichtig sein wird. Genau dazu dienen ja die „Strategieklausuren“.

Aus der oben skizzierten „agilen Strategieumsetzung“ ergibt sich jedoch die Notwendigkeit, kontinuierlich über die Zukunft nachzudenken.

Ernsthaft umgesetzt sollte jede Retrospektive der Leitungsrunde einen Blick in die Zukunft werfen: Sind die laufenden Projekte noch sinnvoll? Wo müssen sie angepasst werden? Was kann und muss weg? Und darüber hinaus plädiere ich eher für regelmäßige, z.B. jährliche Überprüfungen, ob die strategischen Optionen noch den aktuellen Bedürfnissen entsprechen.

Das hat zur Folge, dass nicht mehr alle paar Jahre eine gesonderte Strategieentwicklung notwendig ist, sondern die Strategiearbeit und auch die Anpassung der strategischen Optionen an die aktuellen Bedingungen kontinuierlich erfolgt.

Nebeneffekt ist, dass die Strategie so kontinuierlich auf dem Schirm der Organisation bleibt und nicht nach fünf Jahren, kurz vor dem nächsten Strategiezyklus, hektisch hervorgeholt wird – mit der Feststellung, dass wir eigentlich nicht weitergekommen sind.

Strategie in der Krise – ein ganz kurzes Fazit

Strategie- komplexes Thema, was sich in einem definitiv zu langen Blogbeitrag zeigt. Aber ich hau den trotzdem raus.

Denn meine Hoffnung ist, dass Du darin vielleicht den einen oder anderen Hinweis findest, der Dich in Deiner Strategiearbeit weiterbringt. Und vielleicht hilft es Dir ja auch, über die Fragen am Ende nachzudenken und eigene Antworten für Dich und Deine Organisation zu finden.

Hilfreich für mich wäre aber zu erfahren, was Deine Erfahrungen mit Strategiearbeit in Organisationen der Sozialwirtschaft sind?

Lass dazu doch gerne einen Kommentar da oder schreib mir gerne – würde mich sehr freuen.

Quellen:

  • Bils, S., Töpfer, G. (2024): Exnovation und Innovation. Synergie von Ende und Anfang in Veränderungen. Schäffer Poeschel.
  • Gesmann, S., Merchel, J. (2021): Systemisches Management in Organisationen der Sozialen Arbeit. Carl-Auer.
  • Grunwald, K. (2022): Management sozialwirtschaftlicher Organisationen: Eine Einführung. Springer VS.
  • Nagel, R. (2014): Lust auf Strategie: Workbook zur systemischen Strategieentwicklung. aktualisierte Auflage. Schäffer Poeschel.
  • Nagel, R., Wimmer, R. (2014): Systemische Strategieentwicklung: Modelle und Instrumente für Berater und Entscheider. 6. Auflage. Schäffer Poeschel.
  • Malik, F. (2017): In: Roehl, H., Asselmeyer, H.: Organisationen klug gestalten. Das Handbuch für Organisationsentwicklung und Change Management. Schäffer Poeschel.

Fünf Thesen zur Zukunft sozialer Organisationen in Zeiten des Wandels

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Der Beitrag „Fünf Thesen zur Zukunft sozialer Organisationen in Zeiten des Wandels“ ist die Verschriftlichung eines Impulses, den ich vor kurzem in einer sozialen Organisation halten durfte. Die Aufgabe bestand darin, einen breiteren Blick auf die Entwicklungen in der Sozialwirtschaft zu werfen und meine Gedanken zur Zukunft sozialer Organisationen darzulegen. Ziel des Impulses war es, Anregungen für die strategische Arbeit der Organisation zu geben. Und – kleiner Teaser vorab – es geht unter anderem um Datenkompetenz, Exnovation und organisationale Resilienz.

Aber wo fängt man an? Wo, an welcher Stelle, ist es sinnvoll, zu überlegen, was Optionen sind, wie sich soziale Organisationen entwickeln können?

Ich habe hier den klassischen Weg gewählt und lege im ersten Schritt kurz da, wozu soziale Organisationen aus meiner Perspektive da sein sollen – was ihr Zweck ist. Davon ausgehend werden dann Überlegungen angestellt, welche Implikationen dies für die strategische Ausrichtung haben kann.

Wozu sind soziale Organisationen da?

Dazu hilft die Befassung mit der Definition Sozialer Arbeit. Diese ist in meinen Augen beinahe zeitlos und dient mir immer wieder als Anker, um auf dem Boden zu bleiben und gleichzeitig die Zukunft sozialer Organisationen in den Blick nehmen zu können:

„Soziale Arbeit fördert (als praxisorientierte Profession und wissenschaftliche Disziplin) gesellschaftliche Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen. Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, die Menschenrechte, die gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlage der Sozialen Arbeit. Dabei stützt sie sich auf Theorien der Sozialen Arbeit, der Human- und Sozialwissenschaften und auf indigenes Wissen. Soziale Arbeit befähigt und ermutigt Menschen so, dass sie die Herausforderungen des Lebens bewältigen und das Wohlergehen verbessern, dabei bindet sie Strukturen ein“ (hier geht’s zur Definition).

Der erste Satz macht die Breite Sozialer Arbeit zwischen Mensch und Gesellschaft deutlich. Und bezogen auf beide Perspektiven wird betont, dass es um Förderung geht – zum einen die Förderung gesellschaftlicher Veränderungen, sozialer Entwicklungen und des sozialen Zusammenhalts und zum anderen die Förderung bzw. Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen.

In der Definition heißt es, dass dazu „Strukturen eingebunden“ werden. Das sind die Organisationen, Institutionen, Einrichtungen ebenso wie Hochschulen, Verbände und und und.

Soweit, so einfach.

Wobei – die Realität zeigt, dass es eben gar nicht so einfach ist. Denn beide Perspektiven erfordern immer den Blick in die Zukunft:

  • Was braucht denn unsere Klientel heute und in Zukunft, damit es uns als Organisation gelingt, die Selbstbestimmung und Autonomie zu fördern?
  • Und was braucht die Gesellschaft (in unserem Sozialraum) heute und morgen, zu dem wir als Organisation einen essentiellen Beitrag leisten können?

Um das herauszubekommen komme ich zu meiner ersten These:

These 1: Datenkompetenz mehr als Bauchentscheidungen

Da ich kein Datenkompetenzprofi bin, habe ich mir bei Sebastian Unterstützung geholt. Entsprechend sind die folgenden Ausführungen eine Zusammenfassung seines mehr als lesenswerten Beitrags „Datenkompetenz in der Sozialen Arbeit und Sozialwirtschaft“.

In jeder sozialen Organisation fallen enorm viele Daten an. Darunter sind Daten über die Nutzer:innen der Dienstleistungen, Daten über die Mitarbeiter:innen, Daten über die Verweildauer von Klienten in Maßnahmen, Finanzdaten und und und…

Durch die Analyse der in der Organisation vorhandenen Daten können Anhaltspunkte herausgearbeitet werden, um festzustellen, wie gut bestimmte Angebote funktionieren und wo möglicherweise noch Optimierungspotenzial besteht.

Aus den Daten und der Analyse der Daten lässt sich ferner langfristig ein Wissensmanagement aufbauen, das dabei unterstützt, potenzielle Nutzer:innen gezielt zu den für sie am besten geeigneten Angeboten zu lenken. Darüber hinaus ist es angesichts des demografischen Wandels unabdingbar, Wissen, vor allem aber Kompetenzen der Mitarbeiter:innen systematisch zu erfassen und zu sichern, um so dem „brain drain“ vorzubeugen.

Achtung, Werbung: Zur Frage, wie der Aufbau eines sinnvollen Wissensmanagements gelingen kann, habe ich einen Workshop gestaltet.

Neben diesen Aspekt kann die systematische Datenanalyse ebenso Ergebnisse für die politische Lobbyarbeit liefern. So kann die Auswertung von Beratungs- oder Belegungsdaten beispielsweise zeigen, ob bestimmte soziale Probleme im Sozialraum auftreten.

Aus organisationaler Perspektive hochgradig relevant sind systematisch zur Verfügung gestellte und ausgewertete Daten für die interne Entscheidungsfindung innerhalb einer Organisation. Diese basiert zu häufig auf Intuition und dem berühmten, sehr wichtigen, zukünftig aber nicht mehr ausreichenden Bauchgefühl.

Und Sebastian weist auch darauf hin, dass Daten aus der eigenen Organisation als Grundlage für (eigene) KI-Lösungen sein können (hierzu sind vertiefend die Ausführungen im Blog von Emily immer mehr als lesenswert).

Die (nicht abschließenden) Beispiele zeigen auf, dass und welches Potenzial in einem systematischen Datenmanagement und der Datenanalyse stecken.

Sebastian betont, dass die Daten Informationen für eine Entscheidung liefern, die Entscheidung selbst aber immer die Fachkräfte und Mitarbeitenden in den Organisationen treffen. Der Mensch fällt somit durch die Daten nicht raus, im Gegenteil. Es braucht jedoch die Kompetenz, mit Daten angemessen umzugehen.

Dazu noch ein eigener Gedanke, der den Blick weitet und nicht mehr nur die digital zur Verfügung stehenden Daten betrachtet:

Wenn es gelingt, statt nach dem „Warum“ zu fragen, die Frage in den Vordergrund zu rücken „Woran erkennen wir, dass…?“, basieren unsere Entscheidungen ebenfalls auf Daten. Das sind dann zwar keine digitalen, aber genauso hilfreiche Daten, die in Entscheidungsfindungen leiten können. Methodisch hilfreich ist die regelmäßige Durchführung von Retrospektiven, die auf die Gewinnung und Bewertung von nicht nur digitalen Daten großen Wert legen.

Basierend auf den politischen Rahmenbedingungen ebenso wie basierend auf den gesellschaftlichen Entwicklungen, den Kürzungen der Sozialkassen und insbesondere dem demographischen Wandel werden sich Soziale Organisationen neben der datenbasierten Wirkungsmessung aber auch für „Weniger“ entscheiden müssen.

Ich fasse dieses „Weniger“ unter dem Begriff der Exnovation und komme damit zur zweiten These.

These 2: Exnovation mehr als Innovation

Wir müssen realistisch sein:

Der Fachkräftemangel in Verbindung mit der wirtschaftlichen Situation der Leistungsträger zwingt soziale Organisationen in die Notwendigkeit, abzuwägen, welche Angebote und Arbeitsfelder zukünftig noch sinnvoll bewirtschaftet werden können.

Berichte von schließenden bzw. aufgrund von Fachkräftemangel nicht öffnenden Altenhilfeeinrichtungen, die ganze Wohlfahrtsverbände in finanzielle Schieflagen bringen, sind ebenso an der Tagesordnung, wie der Ausbaustop der Kinderbetreuung. Wir stehen an dem Punkt, dass es in vielen Arbeitsfeldern keine ausreichende Anzahl an Fach- und leider auch nicht mehr an Arbeitskräften gibt.

Entsprechend wird die Zukunft sozialer Organisationen (auch) darin bestehen, abwägen zu müssen, welche Angebote und Dienstleistungen sie zukünftig noch erbringen werden. Die Nutzung von Daten zur Wirkungsmessung (These 1) kann hier wertvolle Dienste leisten.

Wichtig ist aber auch, dass sich Exnovation (hier findest Du nähere Ausführungen zum Begriff der Exnovation) nicht nur auf die Angebotsstrukturen der Organisationen bezieht.

Exnovation bezieht sich auch auf die interne Perspektive. Konkret geht es immer auch um die Frage, ob nicht auch die internen Prozesse, Abläufe, Hierarchien, Abteilungen… und damit die Formalstruktur der Organisation hinterfragt und hinsichtlich der Frage ihrer Funktionalität entschlackt werden muss.

Neben der Frage, welche Angebote eingestellt werden müssen, stellt sich in der dritten These explizit die Frage, welche Regeln und Prozesse funktional sind.

These 3: Funktionale Formalisierung mehr als die Hoffnung auf Eigenverantwortung

Zu dieser These ist einführend zu erwähnen, dass ich hier aus systemtheoretischer Perspektive auf die Frage schaue, was in Organisationen bewusst gestaltet werden kann.

Bewusst gestaltet werden kann die Formalstruktur der Organisation. So macht es aus meiner Perspektive keinen Sinn, an die Haltung der Mitarbeiter:innen oder die Kultur der Organisation zu appellieren.

Unter der Formalstruktur ist zu verstehen, dass bewusste Entscheidungen getroffen werden können über die Ziele und Zwecke der Organisation, über die Zuständigkeiten und formalen Hierarchien, über Regeln und Prozesse und über das Personal.

Das Personal ist insofern relevant, da es für zukünftige Entscheidungen in der Organisationen einen großen Unterschied macht, wer welche Stelle bzw. Rolle in der Organisation einnimmt.

Da es jedoch zunehmend weniger Fach- und Arbeitskräfte gibt, werden wir zunehmend mit Menschen arbeiten müssen, die nicht über die von uns gewünschte Qualifikation verfügen.

Hinzu kommt, dass auch weiterhin neue Fachkraftstellen besetzt werden müssen (staatliche Anerkennung in der Sozialen Arbeit). Hier können wir aber nicht mehr aus einem großen, intrinsisch motivierten Pool an Bewerber:innen auswählen.

Da somit die Möglichkeit verringert wird, die Entscheidungen in der Organisation über das Personal im für die Organisation gewünschten Sinne zu beeinflussen, muss ein stärkerer Fokus auf die funktionale Gestaltung von Zuständigkeiten ebenso wie auf die funktionale Gestaltung von Regeln und Prozessen gelegt werden.

Funktional bedeutet dabei, genau abzuwägen, an welcher Stelle in der Organisation und den Teams mehr Regeln und Vorgaben funktional sind und welche Regeln und Vorgaben auch überflüssig sind.

In meinen Augen brauchen wir mehr Regeln und Vorgaben, die sich auf das „Wie“ der gemeinsamen Zusammenarbeit beziehen: Wie treffen wir Entscheidungen? Wie gestalten wir unsere Teamsitzungen? Wie werden welche Prozesse erledigt? Wie regeln wir die Zuständigkeiten? Wie erfolgt die Dienstplanung?

Dabei geht es um die Notwendigkeit, die formale Seite der Organisation zu stärken um der in sozialen Organisationen dominierenden Informalität entgegenzuwirken – aber so, dass es für die Organisation funktional ist!

Die Entscheidungen über die Formalstruktur werden jedoch von Führungskräften getroffen. Entsprechend gilt es zunehmend, ein Augenmerk auf die Aus- und Weiterbildung von Führungskräften zu legen, um deren Organisationsbewusstsein zu stärken und eine Abkehr vom reinen Blick auf den Menschen zugunsten des Blicks auf die Verhältnisse im sozialen System Organisation zu erreichen.

Entscheidungen in sozialen Organisationen werden jedoch in den seltensten Fällen eindeutig zu treffen sein. Dazu These 4:

These 4: Dilemmatamanagement mehr als die Suche nach Eindeutigkeit

Es ist wohl wenig überraschend, dass sich insbesondere Organisationen der Sozialwirtschaft zunehmend mit gegensätzlichen und damit paradoxen Anforderungen konfrontiert sehen. Übergreifend zeigt sich das bspw. in dem Zwang, ihre Komplexität gleichzeitig zu steigern und zu reduzieren, kreatives Chaos ebenso wie Ordnung zu organisieren und gleichzeitig flexibel und stabil zu sein.

An allen Ecken und Enden sehen wir, dass es gelingen soll, einerseits Wandel zu initiieren und zu fördern und andererseits Sicherheit und die notwendige Stabilität (nicht nur) in Veränderungsprozessen zu garantieren.

Für Organisationen der Sozialwirtschaft kommt hinzu, dass es die Spannungen zwischen personenbezogenen und strukturbezogenen Leitungsimpulsen ebenso wie zwischen der Orientierung an den Mitarbeitenden und an den Aufgaben und außerdem an den sachlichen Zielen der Organisation gibt.

Wenn der Fachkräftemangel in den Blick genommen wird, gilt es einerseits, Vertrauen in die Bereitschaft der Mitarbeitenden zur Leistung und in ihre Kompetenz zu haben und gleichzeitig die zunehmend notwendige Kontrolle nicht aus den Augen zu verlieren.

In Organisationen der Sozialwirtschaft ist auf der einen Seite die Offenheit und Flexibilität bei Einzelentscheidungen hochgradig relevant, steht aber im Spannungsverhältnis zur Begrenzung der Komplexität möglicher Entscheidungen durch die „Vorgabe von Orientierungen/Richtungen für Wahrnehmung/Interpretation/Entscheidungen“ auf der anderen Seite (vgl. Merchel, 2015, S. 285 f).

Das ist soweit alles bekannt und tagtäglich erlebbar. Schwieriger ist da die Frage, wie man mit den Dilemmata in Organisationen der Sozialwirtschaft umgehen kann.

Grunwald (Grunwald, 2022, 98) schlägt dazu „einen die Pole ausbalancierenden und von Lernprozessen geprägten Umgang mit dem Grunddilemma ‚offene versus geschlossene Organisationsformen‘“ vor .

Führungskräften in sozialen Einrichtungen muss es gelingen, „allgemeine und diffuse Paradoxien und Widersprüche der Organisation zu überführen in formulier- und greifbare Spannungsfelder und Dilemmata“ (ebd.) und diese „nicht als Hemmschuh zu begreifen, dem mit psychologischen und sozialpsychologischen Methoden beizukommen ist, sondern sie als einen möglichen Motor von Wandel in Organisationen zu begreifen. Dilemmata sind Hinweise auf nicht auflösbare Widersprüche (…), die nicht standardisierte Kommunikation notwendig machen; Kommunikationen, die für die Entwicklung von Organisationen genutzt werden können“ (Kühl, 2015, 125ff).

Klingt auch einleuchtender, als die Umsetzung in der Realität einfach ist. Hilfreich und konkreter ist eine Auseinandersetzung mit den Dilemmata über das Tetralemma. Darunter ist ein Modell zu verstehen, das zur Reflexion von Konflikten und Ambivalenzen entwickelt wurde und auch zur Entscheidungsfindung hilfreich sein kann.

„Die Struktur des Modells lässt sich zunächst in vier Positionen darstellen:

  • Das Eine – die eine Seite der Ambivalenz bzw. die eine Option oder Perspektive.
  • Das Andere – die andere Seite der Ambivalenz bzw. die andere Option oder Perspektive.
  • Beides – die bisher möglicherweise übersehenen Verbindungen oder Vereinbarkeiten zwischen dem Einen oder dem Anderen.
  • Keines von Beiden – die bisher möglicherweise übersehenen Kontexte, die das Eine und das Andere auch noch tangieren, bedingen oder möglicherweise erst verursachen; worum es bei dem Einen und dem Anderen eben auch noch gehen könnte.“ (Kleve, Tetralemma)

Hinzu kommt eine weitere, fünfte Ebene:

  • „… all dies nicht – und selbst das nicht“ – die Negation der bisherigen vier Positionen sowie die Negation dieser Negation bzw. etwas ganz Anderes.

Kleve schreibt, dass die fünf Positionen des Tetralemmas „als Etappen eines Prozesses bzw. einer Wanderung zu verstehen [sind]: Man kann sie bei Ambivalenzen oder Konfliktsituationen durchlaufen, um auf dem Weg auf Neues, neue Perspektiven oder Optionen, zu stoßen“ (ebd.).

These 5: Organisationale Resilienz mehr als kurzfristige Anpassungsfähigkeit

Vor einiger Zeit habe ich einen Beitrag zum Thema „organisationale Resilienz“ verfasst. Ich darf die in dem Beitrag zusammenfassenden Aspekte – soviel kann schon hier verraten werden – weiter ausbauen und zu einem die organisationale Resilienz kritisch betrachtenden Buchbeitrag ausweiten.

Im Zuge der Vorbereitung des Beitrags habe ich in den letzten Wochen viel zum Thema organisationale Resilienz gelesen, habe Podcasts gehört und mich in das Thema tiefer eingearbeitet.

Dabei sind mir – bislang – vor allem zwei spannende Gedanken über den Weg gelaufen:

Der erste Gedanke wird durch den Satz „If you’re old, you’re not dead!“ gut zusammengefasst.

Ja, da kann man schmunzeln und sich freuen. Man kann den Blick aber auch auf viele seit Jahren, Jahrzehnten und teilweise Jahrhunderten existierende soziale Organisationen richten.

Viele dieser Organisationen wirken auf den ersten Blick alles andere als hip, agil, modern oder post-bürokratisch. Aber – und das ist der relevante Punkt – sie sind nicht tot! Sie existieren trotz aller Umbrüche, historischen Entwicklungen, Krisen und Veränderungen.

Wenn wir an dieser Stelle unser Narrative ändern, weg von den jungen, hippen Unternehmen, die wir doch so gerne sein bzw. in denen wir doch so gerne arbeiten würden, hin zu den Stärken, zur Resilienz der „Tanker“ der Sozialwirtschaft, kann es gelingen, Zukunft positiv zu gestalten.

Ja, da sind Büros ohne Kickertische. Aber soziale Organisationen brauchen (in vielen Fällen) keine hippen Büros, da Soziale Arbeit bei und mit den Menschen stattfindet. Anders gesagt (und nicht ganz ernst gemeint) sind die muffigen Büros vielleicht sogar funktional, damit die Sozialarbeitenden nicht zu viel Zeit darin, sondern bei den Menschen vor Ort verbringen, für die sie Verantwortung tragen (und nein, dass ist kein Plädoyer für dauerndes Sparen an allem).

Und der zweite Gedanke bezieht sich auf das Krisen-Training. So erlangen Menschen ebenso wie Organisationen Resilienz nicht in der Krise, sondern im Training vor der Krise.

Nur vor der Krise können Organisationen resilient aufgestellt werden. Was das im Detail heißen kann (es gibt sogar eine eigene ISO-Norm für organisationale Resilienz), habe ich im Beitrag zum Thema dargelegt.

In der Krise jedoch gilt Krisenmodus. Das ist wie beim Fußball – auch da kann man vorher trainieren, nicht jedoch im Spiel.

Angesichts der gesellschaftlichen Spaltungen, der massiven Auswirkungen durch den Klimawandel, der unglaublich schnellen technologischen Entwicklungen und, und, und, wird eines sicher sein:

Krisen werden – auch in und für soziale Organisationen – zu Normalität.

Aber auch hier wieder: Krise selbst ist für soziale Organisationen alles andere als neu. Man kann sogar sagen, dass Krise das Geschäftsmodell sozialer Organisationen ist. Stabilität und Wandel – siehe Dilemmatamanagement – ist und war schon immer Alltag sozialer Organisationen.

Anstatt also im Jammermodus zu verharren, sind jetzt, heute Anstrengungen zu unternehmen, die eigene Organisation bzw. konkreter die Formalstrukturen der eigenen Organisation weiterzuentwickeln und resilient zu gestalten. Hier ist – so mein Eindruck – noch Luft nach oben.

Fazit zur Zukunft sozialer Organisationen, oder: Soziale Energie, Datenkompetenz, Exnovation und organisationale Resilienz

Zum Anfang vom Ende ein Zitat vom Godfather of New Work – Bergmann. Dieser schrieb 2004:

„Nicht wir sollten der Arbeit dienen, sondern die Arbeit sollte uns dienen. Die Arbeit, die wir leisten, sollte nicht all unsere Kräfte aufzehren und uns erschöpfen. Sie sollte uns stattdessen mehr Kraft und Energie verleihen, sie sollte uns bei unserer Entwicklung unterstützen, lebendigere, vollständigere, stärkere Menschen zu werden.“

Arbeit sollte Kraft und Energie verleihen.

Angesichts der ständigen Krisen, die – wie hier erläutert – insbesondere die Soziale Arbeit an die Belastungsgrenze und darüber hinaus bringt, ist das leichter gesagt als getan.

Und trotzdem sollte es Ziel sein.

Es sollte bei aller Effizienz und Digitalisierung immer die Frage im Hinterkopf mitschwingen, wie es gelingen kann, Arbeit allgemein, Soziale Arbeit im Speziellen und soziale Organisationen im Besonderen so zu gestalten, dass sie Menschen mehr Energie gibt als nimmt.

Passend dazu schreibt Hartmut Rosa in der Zeit vom 11. Januar 2024 von der „sozialen Energie“.

Er stellt die Frage, wie es sein kann, dass wir, freitagsabends, fertig von einer langen Woche, Energie aufbringen, uns vom Sofa quälen, rausgehen und mit mehr Energie nach Hause kommen? „Anstrengung führt zu Energiegewinn!“ Das ist seltsam:

Wir müssen Energie aufbringen, wir müssen uns anstrengen, um Energie zu gewinnen. Das widerspricht dem inneren Schweinehund ebenso wie jeder physikalischen Energielogik.

Die seltsame Logik funktioniert jedoch nur bei sozialer Energie! Und sie funktioniert nicht, wenn es um das Abarbeiten von To-Do-Listen, wenn es um reine „Input-Output-Beziehungen“ geht.

Übertragen auf Arbeit, die Kraft und Energie verleiht, übertragen auf Soziale Arbeit in sozialen Organisationen, ergeben sich daraus viele Fragen.

So kennt wohl jede:r in dem hochgradig herausfordernden Berufsfeld das „Ausgelaugtsein“ (siehe Beitrag hier) nach einem Tag mit fordernden Klient:innen. Nach einem Tag massiver Kommunikation ruft die Ruhe doppelt laut. Im Extrem lässt sich auf die Burn-Out-Raten unserer Branche blicken, die – so bspw. der jährlich erscheinende AOK-Fehlzeitenreport – nicht nur Jahr für Jahr an der Spitze der Statistik liegen, sondern in den letzten Jahren nochmals massiv gestiegen sind.

Dieses „Ausgelaugtsein“ ruft aber auch, wenn man den ganzen Tag gerödelt hat und am Ende des Tages das Gefühl hat, keine Zeit mehr und trotzdem nichts „geschafft“ zu haben – Input-Output. Bürokratie, ick hör‘ Dir trapsen!

Parallel zu diesen Gedanken lese ich meinem Sohn gerade – wieder einmal – Momo vor.

Und logo, darin kommt Beppo mit seinem berühmten Straßenfeger-Zitat vor:

„Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst Du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, den nächsten Atemzug, den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur den nächsten.“ Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: „Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“

Oder mit den Worten von Rosa:

„Anstrengung führt zu Energiegewinn, wenn ihr subjektiver Fokus auf der Tätigkeit selbst, auf dem „Throughput“ liegt, und sie führt zu Erschöpfung, wenn er auf der Input-Output Beziehung ruht.“

Wie aber können wir unser individuelles Leben, unsere Arbeit, soziale Organisationen und übergreifend eine Gesellschaft gestalten, die (wieder?) wegkommt vom „Input-Output“ hin zum „throughput“?

Dieser Blick auf Soziale Arbeit und die Zukunft sozialer Organisationen wird, angesichts der sich stapelnden Krisen der Welt, für uns alle wichtig werden.

Für die Menschen aber, die sich um andere Menschen kümmern, wird er überlebenswichtig.


Ich hoffe, dass meine Gedanken zu den Thesen hilfreich sein können, strategisch zu denken und entsprechende Entscheidungen zu treffen. Sie sind und können aber nur Orientierung sein. Und vor allem:

Es sind meine Perspektiven auf die aktuelle Situation sozialer Organisation, in meinem Kopf konstruiert, basierend auf meinen aktuellen Erfahrungen. Entsprechend gespannt bin ich auf Deine – vielleicht unterstützenden, vielleicht aber auch konträren – Gedanken hierzu.

Daraus ergibt sich dann ein breiteres Bild, das dabei helfen kann, die Sozialwirtschaft, die sozialen Organisationen und die darin agierenden Menschen für die anstehenden Herausforderungen zu unterstützen.

Lass doch gerne einen Kommentar mit Deinen Gedanken da…

Open Strategy in der Praxis – die fünf wichtigsten Fragen

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Vor einem Jahr habe ich einen Beitrag zum Thema „Open Strategy in der Sozialwirtschaft“ geschrieben. Das war eher ein Überblicksartikel. Hier erfährst Du, wie der Ansatz „Open Strategy in der Praxis“ aussieht und vor allem, welche fünf Fragen zu klären sind, um einen guten „Open Strategy Process“ zu designen.

Dazu gehe ich kurz auf die Frage ein, was eine Unternehmensstrategie ist, was den Open Strategy Ansatz so besonders macht und welche fünf wichtigsten Fragen in der Praxis für einen guten Open Strategy Process zu beantworten sind.  

Was ist eine Unternehmensstrategie?

Open Strategy, schön und gut, aber was ist (Unternehmens)Strategie überhaupt? Ohne in die Tiefe zu gehen ist die Frage nicht ganz trivial. So gibt es keine einfache, richtige Antwort. Ich fasse hier den Begriff Strategie in Anlehnung an Kühl (2016) als die Bestimmung von Zwecken einer Organisation, für die dann Mittel gesucht werden:

„Bei der Vorgabe, jedes Jahr ein Return on Investment von 15 Prozent zu erreichen, handelt es sich ebenso um ein Zweckprogramm, mit dem die Suche nach Mitteln mobilisiert wird, wie bei dem Befehl an einen Geldeintreiber der Mafia, bei Restaurants in einem Stadtviertel wöchentlich das Schutzgeld einzusammeln“

Kühl, 2016, 28

Was macht Open Strategy so besonders?

Ganz grob lässt sich Open Strategy als Strategieentwicklungsansatz definieren, der möglichst viele Interessengruppen der Organisation in die Strategieentwicklung einbezieht.

Der Ansatz ist die Abkehr von der Norm, dass Strategien immer von oben – dem oberen Management – zu entwickeln sind. Open Strategy wird zum inklusiven und transparenten Ansatz, bei dem möglichst alle, interne wie externe, Stakeholder der Organisation miteinbezogen werden.

Hinzu kommt, dass die Strategie nicht nur nach innen, sondern auch nach außen transparent dargestellt wird. So gelingt es, kontinuierlich Feedback der Umwelt aufnehmen zu können.

Bei diesem Ansatz agiler Strategieentwicklung sind mir vor allem die folgenden Aspekte positiv und gerade für soziale Organisationen, Bildungseinrichtungen, Verwaltungen und NPO enorm gewinnbringend aufgefallen:

  1. Das Interesse der Öffentlichkeit (Gesellschaft, Politik…) an den Entwicklungen der genannten „besonderen“, im Wesentlichen durch öffentliche Gelder finanzierten Organisationen ist höher als das Interesse an „privat“ finanzierten Wirtschaftsorganisationen.
  2. Die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen sind komplex. Und der Umgang mit Komplexität gelingt nur gemeinsam, im Austausch, im Abgleich der Interessen, in Kooperation, im Wir. Konkret: Wenn man bspw. Digitalisierung als ein Strategiefeld der aktuellen Unternehmensstrategie formuliert hat, macht es Sinn, nicht ausschließlich die IT-Abteilung mit der Umsetzung zu beauftragen. Es macht Sinn, die Entwicklung, Veröffentlichung und Umsetzung (nicht nur) des Themas Digitalisierung mit möglichst vielen Interessengruppen gemeinsam in crossfunktionalen Teams zu verwirklichen.
  3. Mitarbeiter*innen sozialer Berufe definieren sich stark über ihren Beruf, ihre Profession. Die berufliche Identität ist ein viel diskutierter Aspekt Sozialer Arbeit. Entsprechend interessieren sich die Mitarbeiter*innen für die Mitgestaltung der zukünftigen Ausrichtung der Organisation. Hinzu kommt, dass die Strategieumsetzung ohne die Mitarbeiter*innen nicht denkbar ist.
  4. Soziale Organisationen, genauso wie Bildungseinrichtungen oder NPOs, sind „front-line organizations“. Die soziale Wertschöpfung findet an der Basis, in der konkreten Arbeit „mit Menschen“ statt. Die Menschen jedoch, die die Arbeit „an der Basis“ leisten, nicht (oder kaum) in den Entwicklungsprozess der Strategie mit einzubeziehen, ist fahrlässig.
  5. Angesichts einer notwendigen Komplexitätssteigerung im Inneren der Organisationen aka Selbstorganisation als Reaktion auf die Komplexitätssteigerung im Außen wird der Ruf nach selbstbestimmt, eigenverantwortlich oder gar autonom arbeitenden Teams und Mitarbeiter*innen immer lauter. Wie jedoch sollten Mitarbeiter* innen selbstorganisiert arbeiten können, wenn ihnen eine Strategie vor die Nase gesetzt wird, an der sie nicht im Ansatz beteiligt waren? Gelingende Selbstorganisation erfordert Transparenz und Beteiligung – und das gilt entsprechend für den Prozess der Entwicklung, Veröffentlichung und Umsetzung der Strategie. Aus Transparenz und Beteiligung erfolgt selbstorganisiert Strategieumsetzung.

Überzeugt?

Vielleicht…

Open Strategy in der Praxis – fünf Fragen

Welche Fragen aber sind vor einem Open Strategy Process in der Praxis zu klären? Wie sollte der Prozess aufgesetzt sein? Wie ist ein gutes Open Strategy Process Design (Akronym hab ich gerade erfunden: OSPD ;-)?

Um die Fragen bis hin zum OSPD (ich nutze das jetzt öfter) zu beantworten, gibt es seit Oktober 2021 das enorm hilfreiche Buch „Open Strategy – Mastering Disruption from Outside the C-Suite“ von Christian Stadler, Julia Hautz, Kurt Matzler und Stephan Friedrich von den Eichen.

Die folgenden Ausführungen habe ich dem Buch entnommen und zusammengeführt mit meinen Erfahrungen aus der Strategieentwicklung in verschiedenen Organisationen.

Da es nicht sinnvoll ist, kopflos in einen Strategieprozess zu starten, ist die Beantwortung der folgenden Fragen vor Beginn der Strategiearbeit wichtig

1. Wie offen soll der offene Strategieentwicklungsansatz sein?

Ja, es heißt open strategy, aber klar ist, dass es nicht für jeden Prozess, für jede Organisation und jeden Prozessschritt hilfreich ist, Gott und die Welt einzubeziehen. Die Steuerung des Prozesses wird aufwendiger, je mehr Personen und Gruppen einbezogen werden. Fraglich ist auch, wie „disruptiv“ die neue Strategie sein soll oder ob sich die Organisation weiterhin in ihrem angestammten Geschäftsfeld bewegen will (wogegen nichts einzuwenden ist, sofern die Umwelt, das eco-system der Organisation, berücksichtigt wird).

Als Fautregel lässt sich festhalten: Je disruptiver die Strategie sein soll, desto mehr Stakeholder(gruppen) sollten insbesondere zu Beginn (Sammlung) involviert werden, um mehr Aspekte abdecken zu können.

2. Sollen neben internen auch externe Stakeholder involviert werden?

Es ist immer sinnvoll, Menschen zu beteiligen, die nicht unmittelbar in der Kultur der Organisation „beheimatet“ sind. Diese etwas sperrige Formulierung deutet darauf hin, dass „Externe“ nicht auch Mitglieder der Organisation sein können. Vielmehr geht es darum, außerhalb bestehender Vorgaben, ausserhalb des Standards, außerhalb der Kultur denken zu können. Das können bspw. neue Mitarbeiter*innen (noch) wunderbar.

Und bei einem Träger mit mehr als 3.000 Mitarbeiter*innen finden sich sicherlich Menschen, die nicht dem „kulturellen Standard“ entsprechend. Falls aber alle Mitarbeiter*innen von der Culture gefrühstückt wurden: Außerhalb suchen und andere Interessengruppen einbinden.

Meine Idee ist ja immer, Leistungsträger, Kommunen, Krankenkassen etc. explizit in die Strategieentwicklung der eigenen Organisation mit einzubinden. Daraus kann ein neues Verständnis voneinander im Sinne von echtem Verstehen der Unterschiede und Gemeinsamkeiten und damit ein gemeinsames Lernen werden.

3. Wie viele Personen sollen in die Entwicklung der Strategie eingebunden werden?

Ja, es gelingt auch, bei einer kleinen Gruppe von Stakeholdern, die sich an der Strategieentwicklung beteiligen, eine möglichst hohe Diversität sicherzustellen: Durch gezielte Auswahl der zu beteiligenden Stakeholder(gruppen) lässt sich die zu beteiligende Anzahl gut steuern. Auch macht eine größere Gruppe Sinn, wenn zu Beginn des Prozesses neue Ideen offen generiert werden sollen.

Eine kleinere Gruppe arbeitet hingegen deutlich fokussierter und eignet sich entsprechend gut für die Ausformulierung konkreter, strategischer Themenfelder und Ziele. Eine möglichst große Gruppe macht dann wieder Sinn, wenn die Strategie implementiert und umgesetzt werden soll.

4. Werden die zu beteiligenden Menschen explizit ausgewählt oder können sich die Personen basierend auf einer offenen Einladung beteiligen?

Die Antwort scheint klar zu sein: Kleine Gruppe = explizite Auswahl, große Gruppe = offene Einladung. Aber es ist darüber hinaus möglich, die offene Einladung zu ergänzen um gezielte Einladungen von Stakeholdern, die  – geplant oder zufällig – andere Menschen zur Teilnahme inspirieren. Dazu noch zwei Aspekte: Wenn Du daran denkst, beim nächsten Strategieprozess neue Ideen zu haben und wirklich diverse Gedanken zusammenzubringen, denke nicht unmittelbar an die „dicken Fische“: Ja, der Vorstand eines Wohlfahrtsverbands oder die Rektorin einer Uni machen Eindruck, liefern aber – aufgrund ihrer Rolle im System – nicht immer die wirklich inspirierenden Hinweise.

Hier macht es Sinn, breiter zu denken und neue „Köpfe“ einzubinden. Die sozialen Medien liefern hier spannende Einblicke… Und bedenkt abschließend bitte, dass eine Einladung nicht immer eine Einladung ist: Wenn der Chef zur Teilnahme einlädt (was vielleicht noch nie der Fall war), fällt es schwer, nicht zu erscheinen. Erst wenn eine „echte Einladungskultur“ etabliert ist, kann von echten Einladungen – die auch nicht angenommen werden müssen – gesprochen werden.

5. Agieren wir im Strategieprozess vornehmlich digital oder analog oder gar „hybrid“? 

Ich bin kein Freund hybrider Veranstaltungen, das vorweg. Ich habe noch kein Setting erlebt, das auf Beteiligung, Mitdenken und -machen ausgerichtet ist und in der Verbindung von digital und analog funktioniert hat. Hybrid will ich aber nicht ausschließen. Hybrid im Kontext von Veranstaltungen, Workshops etc. ist für mich nicht das Verständnis von „sowohl, als auch“, sondern von „entweder, oder“. Dann wird ein Schuh draus:  Machen wir Workshops, World Cafés und kreative Arbeit analog oder digital? Beides geht – getrennt voneinander und konsequent umgesetzt – wunderbar, das haben wir hoffentlich in den letzten beiden Jahren erfahren dürfen. Zusammen, also ein paar Menschen sind digital, ein paar analog beteiligt, geht nicht.

Die Vorteile digitaler Formaten liegen in der Möglichkeit, schnell mehr Personen einbinden zu können, das ist klar. Hinzu kommt aber noch die Frage, wie „synchron“ bzw. „asynchron“ die Beteiligung stattfindet: So ist die Einbindung externer (und interner) Teilnehmer*innen bspw. über die Nutzung von Online-Umfragen, bei denen selbstverständlich auch offene Antworten zu strategierelevanten Fragen gegeben werden können, einfach möglich (das Formulieren von guten Fragen ist wiederum ein eigenes Thema, da Fragen immer die Perspektive des Fragenden mit transportieren). Diesen Punkt zusammenfassend: Alles geht,  nur nicht gleichzeitig.

Fazit

Die Beantwortung der Fragen allein führt natürlich noch nicht zu einem erfolgreichen Prozess. Ohne eine Klärung der Fragen kommt es aber im Verlauf immer wieder zu Problemen.

Somit: Nimm Dir die Zeit und kläre die wichtigen Aspekte vorab. Das entspannt den Gesamtprozess. Und zu dem wirst Du hier hoffentlich zeitnah weitere Infos finden.

Und natürlich gerne stehe ich Dir bei weiteren Fragen 😉 zur Verfügung.


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Open Strategy in der Sozialwirtschaft

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Strategieentwicklung geschieht – leicht überspitzt – so, dass eine Auswahl meist hochrangiger Mitarbeiter* innen, Führungskräfte, Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichtsrat… in geschlossenem Kämmerlein sitzen und sich Gedanken um die Zukunft der Organisation machen: Was sind die zukünftig wichtigen Themen, mit denen sich unsere Organisation befassen muss? Wie gelingt es, die strategisch relevanten Themen in Ziele und diese dann in operationalisierbare Teilziele herunterzubrechen? Heraus kommen oft Hochglanzbroschüren mit der neuen Strategie oder die Strategie wird in hübscher Form auf der Homepage präsentiert oder bei der nächsten Jahreshauptversammlung vorgestellt. Vielmehr passiert … genau … nicht.

Wichtig ist also, die Umsetzung der Strategie vor die Aufhübschung der Strategie zu stellen, damit überhaupt etwas passiert. Dazu legt man – so mein Verständnis – Verantwortliche fest, die die einzelnen Themen „unter sich“ haben (klingt immer noch bewusst sperrig). Die Verantwortlichen suchen sich dann die für die Umsetzung wichtigen Menschen im Unternehmen und beginnen, möglichst iterativ, also in kurzen Schleifen, an der Umsetzung zu arbeiten. Gegen dieses Vorgehen der Strategieentwicklung und -umsetzung nicht sonderlich viel einzuwenden. Ich habe dazu schon ein paar Beiträge verfasst.

Open strategy als Kritik an der geschlossenen Strategie

Einzuwenden ist jedoch, dass der Prozess bis zur fertigen Strategie, die Strategieentwicklung also, von wenigen Menschen der Organisation allein, im mehr oder weniger stillen Kämmerlein, im Elfenbeinturm oder in der Einöde (je nach Organisation) durchlaufen wird. Hier setzt der Ansatz „open strategy“ an.

Open Strategy ist die Abkehr von der skizzierten Norm, dass Strategien immer vom oberen Management zu entwickeln sind. Open Strategy ist damit zum einen ein inklusiver und transparenter Ansatz zur Formulierung einer Strategie, bei dem möglichst alle, interne wie externe, Stakeholder der Organisation miteinbezogen werden und zum anderen ein Ansatz zur transparenten Darstellung der Strategie nach außen, um darüber wieder Feedback der Umwelt aufnehmen zu können.

Open Strategy, digitale Transformation und soziale Organisationen

Die Vorteile eines entsprechenden, meist über interne Blogs, Wikis, Enterprise Social Networks (ESN) etc., also IT-gestützten, Prozesses liegen auf der Hand: Es wird das kreative Potenzial aller an einer Organisation interessierten Stakeholder aufgegriffen und mit einbezogen. Strategische Entscheidungen haben darauf basierend deutlich mehr Rückhalt bzw. Akzeptanz im Unternehmen.

Für die hier spezifisch im Fokus stehenden Organisationen der Sozialwirtschaft ergeben sich aus einem möglichst offenen Vorgehen und einer Transparenz in der Darstellung der Strategie mindestens die Aspekte Öffentlichkeit, gesellschaftliche Veränderungen und organisationsinterne Besonderheiten sozialer Organisationen, die beachtenswert sind. Hinzu kommt noch ein kurzer Blick auf Selbstorganisation und den open strategy Ansatz.

Open strategy und öffentliche Interessen an sozialen Organisationen

So ist zum einen das Interesse der Öffentlichkeit, der Gesellschaft und der Politik an den Entwicklungen sozialer Organisationen von besonderer Bedeutung, da soziale Organisationen im Wesentlichen über externe Gelder, Steuergelder etc., finanziert werden. Die Frage also, welche Investitionen bspw. ein Wohlfahrtsverband in Zukunft plant, ist für mehr Menschen von Interesse, als die Frage, ob der Fliesenleger um die Ecke eine gute Auftragssituation hat. Spannend ist dies auch, da in einigen Regionen Deutschlands einzelne Wohlfahrtsverbände bzw. Soziale Träger beinahe als Monopolisten die soziale Versorgung gewährleisten und darüber auch eine enorme Arbeitsmarktrelevanz besitzen. Der Stellenabbau von Mercedes trifft Stuttgart genauso wie die neue Strategie der Caritas in Region XY die jeweilige Region beeinflusst.

Open Strategy und gesellschaftliche Entwicklungen

Zum anderen ist der Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen insgesamt zu richten: Davon ausgehend, dass an dem VUKA-Narrativ irgendwas dran ist, stellt sich die Frage, wie mit zunehmender Komplexität, die zu einer höheren Unsicherheit und Mehrdeutigkeit in Verbindung mit zunehmender Veränderungsgeschwindigkeit führt, umzugehen ist. Ja, hier spielt auch die digitale Transformation mit rein, aber eben nicht nur. Digitalisierung, verstanden als eine Möglichkeit, das Leben der Menschen zu verbessern, existiert – gerade aus Blick sozialer Organisationen – nicht „an sich“, sondern entfaltet die Möglichkeiten in der Frage, wie wir in der Nutzung von Technologie das Leben von Menschen wirklich verbessern können. Digitalisierung ist Werkzeug, das wir für unsere Zwecke nutzen können und müssen, nicht Zweck an sich.

Kurz: Der Umgang mit Fragen gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen, die für Soziale Organisationen viel unmittelbarere Auswirkungen haben als für andere Unternehmen und Funktionssysteme, gelingt nur gemeinsam, im Austausch, im Abgleich der Interessen, in Kooperation, im Wir. Oder noch konkreter: Wer Digitalisierung als ein Strategiefeld der aktuellen Unternehmensstrategie formuliert oder gar eine eigene Digitalisierungsstrategie erarbeiten will, ist gut beraten, nicht die IT-Abteilung (die Digitalisierungsexperten) allein mit der Umsetzung zu beauftragen. Viel sinnvoller ist es, die Entwicklung und Veröffentlichung der eigenen Strategie mit möglichst vielen Interessengruppen gemeinsam in crossfunktionalen Teams zu verwirklichen.

Open Strategy und der Blick in Soziale Organisation

Der Blick in soziale Organisationen zeigt abschließend, dass das Interesse der Mitarbeiter* innen an den Entwicklungen der eigenen Organisation hoch und oftmals höher als in „normalen“ Organisationen ist. Hintergrund sind hier wiederum mindestens zwei Sichtweisen:

Zum einen identifizieren sich die Mitarbeiter*innen in sozialen Berufen stärker über ihren Beruf, ihre Profession. Die Berufliche Identität ist ein viel diskutierter Aspekt in der Sozialen Arbeit. Entsprechend wählerisch sind die Menschen in dem, was die Organisationen als Visionen, Strategien, Werte und Ziele nach außen vermitteln und nach innen leben. Eine Organisation in konfessioneller Trägerschaft tut gut daran, die entsprechenden Werte nicht nur ins Leitbild zu schreiben oder im Verhältnis zu Nutzer *innen, sondern auch im Verhältnis zu den eigenen Mitarbeiter*innen zu leben. Und genauso interessiert sind die Mitarbeiter*innen an der Mitgestaltung der zukünftigen Ausrichtung der Organisation.

Zum anderen findet die Wertschöpfung sozialer Organisationen als „front-line organizations“ an der Basis statt: Der Erzieher am Kind ebenso wie die Beraterin in der Drogenberatung ist Ausweis der Qualität der sozialen Organisation. Die Geschäftsführung leistet – etwas überspitzt – reine Unterstützungsarbeit, damit die Menschen an der Basis ihre Arbeit möglichst gut machen können. Die Menschen an der Basis jedoch nicht (oder kaum) in den Entwicklungsprozess der Strategie mit einzubeziehen, ist fahrlässig. Wiederum das Thema Digitalisierung als Beispiel aufgreifend ist es notwendig, die Fachkräfte mit in die Frage einzubinden, ob und wie digitale Technologien jetzt und in Zukunft zu nutzen sind. Ansonsten wird der Widerstand der Mitarbeiter* innen groß sein.

Open Strategy und Selbstorganisation

Hier noch abschließend ein weiterer Gedanke: Viele Organisationen rufen gerade händeringend nach selbstbestimmt, eigenverantwortlich oder gar autonom arbeitenden Mitarbeiter* innen. Wie jedoch sollten Mitarbeiter* innen selbstorganisiert arbeiten können, wenn ihnen eine Strategie vor die Nase gesetzt wird, an der sie nicht im Ansatz beteiligt waren? Kurz: Selbstorganisation erfordert Transparenz und Beteiligung – das gilt auch für den Prozess der Entwicklung und der Veröffentlichung der Strategie. Nur aus Transparenz und Beteiligung erfolgt dann auch selbstorganisiert Strategieumsetzung.

Die Jungs von „Corporate Rebels“ schreiben zu radikaler Tranparenz:

After visiting 100+ pioneering organizations around the globe we found radical transparency to be an important characteristic of the progressives. Simply, people are more involved, perform better, and have higher trust if their leaders foster a culture of transparency (instead of a traditional culture of secrecy).

Grenzen des open strategy Ansatzes?

Open strategy setzt – in der Entwicklung und der Verbreitung – auf Partizipation und Transparenz. Das leuchtet ein und (hoffentlich) jeder wird die skizzierten Vorteile zumindest intellektuell verstehen (was noch nicht „umsetzen“ bedeutet).

Gleichzeitig zeigt uns Corona gerade, dass viele Notwendigkeiten im Kontext der Digitalisierung sozialer Organisationen „unter Zwang“ umgesetzt wurden. Partizipation war angesichts der unmittelbaren Notwendigkeit der Umstellung auf Distanz, Homeoffice etc. ein irgendwo im Hinterkopf schlummerndes Konzept, das jedoch nicht ganz oben auf der Prioritätenliste stand. Daraus folgt zumindest die Frage, wo strategische Entscheidungen ohne Beteiligung umzusetzen und die Schmerzen und den Widerstand auszuhalten sind, um dafür wirklich einige Schritte weiterzukommen?

Anders gewendet zeigt sich jedoch, dass Veränderungen, auch und gerade strategische, langfristige und umfassende Veränderungen, immer einen Anlass, ein Anliegen bzw. ein echtes Problem brauchen:

Wir können noch so lange über Digitalisierung reden und theoretisch Digitalisierungsinitiativen fordern. Wenn es eigentlich noch kein Problem gibt, Veränderung also auf Einsicht basieren muss, wird es nicht leicht. Wenn also Kostenträger keine Finanzierung von digitaler Infrastruktur ermöglichen, die Mitarbeiter* innen im Studium kein Wort zur Digitalisierung hören, die Organisationen Faxe verschicken usw. bleibt unklar, warum Digitalisierung wichtig sein sollte. Erst dann, wenn das Problem jedoch unmittelbar an die Tür klopft, wird es notwendig, sich wirklich zu bewegen.

Und dann wiederum macht es mehr Sinn, sich gemeinsam, offen und transparent zu bewegen. Das kann man bspw. durch open strategy Ansätze im Kleinen wie im Großen lernen.

Und wie jetzt?

Abschließend wird in Blogs ja immer gefordert, irgendwelche Handlungsanleitungen mit an die Hand zu geben. Das ist berechtigt, jedoch angesichts der Komplexität des Feldes kaum erfolgsversprechend. So sehe ich auf die Frage „Und wie jetzt?“ die Antwort „Kommt drauf an!“ als leider passend an. Denn es kommt an auf

  • Eure Organisation: Wer seid ihr? Wohin wollt ihr? In welcher Umwelt agiert ihr?
  • die Kultur Eurer Organisationen: Wie offen lebt ihr Beteiligung bislang?
  • Strukturen und bisherige Strategien: Wie funktioniert ihr als Organisation? Wie digital seid ihr?
  • die Zukunft: Wie transparent, partizipativ und offen wollt ihr sein? Und warum überhaupt?

Im bereits zitierten Beitrag auf dem lesenswerten Blog „Corporate Rebels“ heißt es als abschließender Tipp sehr passend:

„Pioneering organizations believe radical transparency is vital, at all levels of the organization and on almost all topics. The starting point is simple: all information should be made public.“

Radical Transparency: Powerful Example of How to Fight a Toxic Workplace

Das ist einfach(er gesagt als getan): Alles öffentlich machen. Und damit auch die Strategie! Auf geht’s…

Und mehr folgt hoffentlich in weiteren Beiträgen zum Thema…


Wie läuft die Strategieentwicklung und -umsetzung bei Euch ab? Wo seht ihr Chancen und Möglichkeiten eines entsprechend offenen Ansatzes der Strategieentwicklung? Und wo sind Grenzen? Diskutiert gerne hier im Blog oder sonstwo im Netz… 😉

Hier könnt ihr Euch übrigens an einen kleinen Austausch zum Thema bei Twitter beteiligen (open, halt…):

Zitiervorschlag: Epe, Hendrik (2020): „Open Strategy in der Sozialwirtschaft“. In: IdeeQuadrat – Beratung, Entwicklung, Inspiration. (Abgerufen unter: https://www.ideequadrat.org/open-strategy-sozialwirtschaft/)

Inspect and Adapt, oder: Lösungsorientierte Kurzzeitstrategie für die (Zeit nach der) Krise

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In der Coronakrise wird alles auf den Kopf gestellt: Menschen müssen von zu Hause arbeiten, auch wenn die eigene Organisation nicht im Traum daran gedacht hat, ein HomeOffice Konzept zu erarbeiten. Die Digitalisierung und selbst die Digitalisierung der Sozialen Arbeit, bekommt unfreiwillig einen Boost, den wir mit noch so vielen Vorträgen und Workshops nicht hinbekommen hätten. Menschen müssen Menschen „remote“, also aus der Distanz beraten, begleiten, schützen, fördern, obwohl der analoge Beziehungsaufbau eines der wesentlichen Werkzeuge sozialer Arbeit war, ist (und aller Voraussicht nach bleibt).

Zwangsagilisierung führt zu neuer Organisationskultur

Das ist alles spannend, schön und nett und funktioniert sogar so beängstigend gut, dass wir nach der Krise nicht wieder einfach so zur 8-Stunden Präsenz am Schreibtisch im Büro zurückkehren können, nur damit der Chef oder manchmal auch die Chefin das eigene Gefühl bestätigt sieht, die Schäfchen im Trockenen zu haben aka die Angestellten vor den Bildschirmen sitzen zu sehen.

Auch langwierige, Kaffee- und Keks-geprägte Teamsitzungen, die besser eine E-Mail geworden wären, lassen sich zukünftig nur noch schwer realisieren, wenn es gleichzeitig möglich ist, Veranstaltungen der Sozialen Arbeit mit mehr als 200 Teilnehmer*innen zielführend und komplett online durchzuführen.

Die durch die Krise geforderte Zwangsagilisierung der Organisationen wird neue Organisationskulturen hinterlassen, sofern, ja, sofern die Organisationen noch bestehen.

Denn – auch wenn es hart ist – wird auch dies in der Krise deutlich: Organisationen, die schon vor der Krise hinsichtlich ihrer ökonomischen Nachhaltigkeit ihres Geschäftsmodells „auf Kante genäht“ waren, werden nach der Krise nicht mehr existieren. Das trifft, so hart es ist, nicht nur lustige StartUps in Berlin, sondern auch soziale Organisationen.

Lösungsorientierte Kurzzeitstrategie für die Zeit nach der Krise

Entsprechend ist es schon jetzt, während der Krise, relevant, aktuelle, in der Krise aufkommende Probleme anzugehen und Strategien sowie Strukturen Ihrer Organisation für die Zeit nach der Krise, für morgen und übermorgen, zu gestalten.

Das klingt jedoch einfacher als die Bearbeitung dann in der Realität ist.

Denn bislang musste Strategieentwicklung doch irgendwie ein langwieriger Prozess sein, der immer in einer Hochglanzbroschüre endet, die niemand liest, geschweige denn die darin enthaltenen Aspekte umsetzt, oder?

Aktuell brauchen wir eine andere, eine kompakte und radikal lösungsorientierte Vorgehensweise der Strategie- und Organisationsentwicklung.

Strategieentwicklung und -umsetzung anhand von „Inspect and adapt“

Sehr einfach formuliert (und mehr ist es auch tatsächlich nicht) lässt sich das Vorgehen an dem Scrum-Event „Inspect and Adapt“ orientieren:

In diesem Event in der agilen Methode Scrum prüft (inspect) das Team nach jedem Sprint, also jeder iterativen Schleife, wo es aktuell steht und was erreicht wurde. Dabei werden Aspekte deutlich, die zu verbessern sind, noch fehlen, die Schmerzen bereiten oder auch unbedingt in die Zukunft geführt werden sollten.

Entsprechend werden Maßnahmen zur Umsetzung der Veränderungen vereinbart (adapt).

Dieses einfache Vorgehen lässt sich für die Strategie- und auch einige Aspekte der Organisationsentwicklung wie folgt adaptieren (adapt, haha…):

1. Den Status Quo und aktuelle Erkenntnisse erfassen (inspect)

Das klingt immer so lapidar: Natürlich bist Du als Führungskraft im Status Quo drin. Du siehst doch das Chaos um dich herum. Und von Problemen hast Du echt genug. Warum also damit beginnen, den Status Quo und damit die Erkenntnisse (ein anderes Wort für Probleme, aber eben auch für Innovationen) zu erfassen?

Weil es enorm wichtig ist, gerade in der Krise (oder spätestens kurz danach) einen Schritt zurück zu treten und genau zu beleuchten, was denn jetzt gerade vorgefunden wird. Hilfreiche Fragen dazu sind:

  • Wie sieht der Status Quo aus?
  • Wo genau liegen unsere aktuellen Schwierigkeiten und Probleme?
    • Als hilfreiches Tool zur Orientierung greife ich in Beratungen gerne auf das St. Galler Management Modell zurück, da es sehr ganzheitlich die Organisation in den Blick nimmt und nichts vergessen wird.
    • Leistungserbringung (bspw. Geschäfts-, Führungs- und Unterstützungsprozesse, Strategie, Struktur, Personal, finanzielle Ressourcen…)?
    • Anstehende Entscheidungen (bspw. bezogen auf das Personal, auf Investitionen, Projekte, zeitliche Fristen…)
    • Interne Kommunikation (bspw. Meetingkultur, Home Office…)
  • Was läuft gerade außerordentlich gut (bspw. Solidarität, Kooperation)?
  • Lassen sich Muster erkennen?

Praxistipp: Wo sammelt ihr in deiner Organisation aktuelle Fragen, Probleme und neue Ideen, die nicht unmittelbar angegangen werden können, aber auch nicht verloren gehen dürfen?

Da Du jetzt sicherlich irgendwie digital arbeitest, macht es Sinn, an einem Ort (bspw. in deinem Notizprogramm, Evernote, OneNote o.ä. oder als Team) eine Themensammlung aufzumachen. Diese kann beim nächsten Strategiereview durchgegangen werden.

2. Ableitung von Hypothesen

Spannungen, Probleme, Herausforderungen aber auch neue Praktiken und Innovationen gibt es gerade angesichts der aktuellen Krise zuhauf. Diese, positiven wie negativen, teilweise Widersprüchen Entwicklungen, zu erkennen, ist gut und wichtig. Ohne Konflikte und Dissens jedoch ist das Treffen von guten Entscheidungen schwer möglich.

  • Aber wie stehen die Herausforderungen und Konflikte, die Spannungen etc. zu Ihrer Arbeit, zu Deiner Organisation oder noch globaler: zum Zweck der Organisation?
  • Und was lässt sich daraus ableiten? Was ist zu tun, um die Probleme zu bewältigen und was ist zu tun, um die Innovationen zu bewahren? Und natürlich:
  • Welche Chancen lassen sich erkennen und welche Lösungsansätze werden gesehen?

Diese Fragen sind Teil des 2. Schritts:

Der Bewertung der unter Schritt 1 gewonnenen Aspekte und der Ableitung daraus gewonnener Erkenntnisse, neuer Ideen und Praktiken.

Dabei ist es relevant, jede Spannung, Herausforderung und neue Idee kurz in den Blick zu nehmen und eine Hypothese abzuleiten: „Wenn wir dies tun, passiert dies.“ „Wenn dieses Szenario eintritt, kommt es zu folgenden Auswirkungen.“ „Wenn wir uns um dieses Thema nicht kümmern, passiert dies.“ Es gilt hier, verschiedene Szenarien, Ideen für den jeweiligen Aspekt, zu entwickeln.

Und auch dieser Schritt muss nicht in langen Diskussionen enden, sondern kann sehr schnell gehen 😉

3. Iterativ testen, was wie wirklich wirkt (adapt)

Für die in Schritt 1 gesammelten und anhand der Kategorien des St. Galler Management Modells systematisch geordneten durch die Krise entstandenen Aspekte, die sich ggf. auch in Clustern abbilden lassen, wurden in Schritt 2 Hypothesen gebildet, die in Schritt 3 getestet werden:

  • Treten die in den Hypothesen formulierten Vorannahmen ein oder nicht?
  • Welche erwünschten oder auch unerwünschten Nebenwirkungen treten ein?
  • Welche überhaupt nicht berücksichtigten Wirkungen treten ein?
  • Was lässt sich daraus ableiten?

Um aber diese Fragen beantworten zu können, ist es wichtig, für die einzelnen Themenbereiche Verantwortliche festzulegen, die sich um die Umsetzung der Themen kümmern. Wieder mache ich gerne den Vergleich zu Scrum auf: Die Verantwortlichen lassen sich mit den „Product Ownern“ vergleichen: Sie müssen nicht selbst das Ergebnis umsetzen, sondern sind vielmehr verantwortlich dafür, dass die Umsetzung angemessen und im Sinne der Organisation läuft.

Die Verantwortlichen sollten sich ein passendes Team suchen, das die für die Umsetzung notwendigen Kompetenzen mitbringt. Hier macht es deutlich mehr Sinn, auf Freiwilligkeit zu setzen. Zwang senkt die Motivation, aber dazu muss man nicht so viel sagen.

Du solltest nur ebenfalls bei den sog. „Zuständigkeiten“ vorsichtig sein. Derjenige, der für Thema XY zuständig ist, muss in der aktuellen Krise nicht der Beste für das Thema sein. Denn aktuell werden viele Einrichtungen so durchgeschüttelt, dass sich auch die angeblich strukturgebenenden Zuständigkeiten neu mischen (müssen).

Wer für was zuständig ist, lässt sich nicht mehr einfach sagen. Und diese Unsicherheit gilt es auszuhalten.

(Virtuelle) Rahmenbedingungen

Kurzzeitstrategie

Noch ein paar kurze Infos, wie ich die Begleitung bei den vorgestellten Punkten aktuell online sicherstelle (was natürlich auch einfach kopiert werden kann ohne Begleitung):

Da analoge Treffen aktuell eher schwer möglich sind und im kompletten Führungskreis einer Organisation auch nicht sinnvoll erscheinen, arbeite ich natürlich digital. Die Möglichkeiten sind faszinierend und – ein paar Aspekte (stabiles Netz bspw.) vorausgesetzt, nicht so kompliziert.

Ich arbeite mit Bluejeans als tool für die Videokonferenz. Parallel dazu baue ich eine Online-Whiteboard mit Mural, einer für die Basics kostenfrei gut nutzbaren App zur Visualisierung von Arbeitsergebnissen.

Damit gelingt die Kommunikation mit Blick in die Augen und gleichzeitig die Visualisierung der Diskussion und der Ergebnisse.

Zeitlich sind aus der bisherigen Erfahrung Sitzungen mit drei Mal zwei Stunden Länge sinnvoll: Zwei Stunden sind lang genug, um einzuchecken, Nebengespräche zu führen und gut digital zu arbeiten. Sie sind aber auch kurz genug um die Fokussierung, die bei den Videokonferenzen krass ist, aufrecht zu erhalten. Und die Durchführung anhand von drei Sitzungen ermöglicht die Reflexion zwischen den Sitzungen.


Macht das für Deine Organisation Sinn? Dann kurz anrufen oder ne Mail schreiben. Ich freu mich auf Dich und Deine Einrichtung!

Prinzipien agiler Strategieentwicklung

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Gefühlt wird alles irgendwie agil. Unser Omma war lange agil und die Organisation soll zumindest irgendwann mal agil werden. Ihre auch, oder? Und jetzt auch noch die Strategie?

Mit diesem Einleitungssatz will ich nur hervorheben, dass mir die Diskussionen um den inflationär verwendeten Begriff sehr bewusst sind. Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass es sinnvoll ist, den Begriff zu verwenden, solange klar definiert ist, worüber gerade gesprochen wird.

Agilität: Individuum, Produkt oder Organisation?

Ich unterscheide hier zwischen den drei Ebenen Individuum, Produkt (bzw. Dienstleistung) und Organisation.

Ebene Individuum: Beim Individuum steht unser schon angesprochene Omma im Vordergrund, oder kurz: Menschen können agil sein.

Ebene Produktentwicklung: Beim Produkt steht die Produktentwicklung und Umsetzung mittels Methoden des agilen (Projekt-)Managements im Vordergrund (Design Thinking, Scrum, Kanban und Co. lassen sich hier verorten).

Ebene Organisation: Und bzgl. der Organisation geht es um die Anpassungsfähigkeit der Organisation an sich zunehmend schneller verändernde, unsichere und mehrdeutige Umwelten. Hier steht die Frage im Vordergrund, wie mit zunehmender Komplexität umgegangen werden kann.

Agile Strategieentwicklung?

Und wo, bitte, fügt sich die Strategieentwicklung in diesem Kontext ein? Ohne hier in die Tiefe gehen zu wollen, lohnen sich zur Definition die Ausführungen von Stefan Kühl dazu:

„Aus einer systemtheoretischen Perspektive bezeichnet Strategie das Suchen nach geeigneten Mitteln zur Realisierung eines vorher definierten Zwecks. Strategieformulierung (oder Strategieentwicklung) wäre aus dieser Perspektive der Prozess der Suche nach dem geeigneten Mittel (…). Strategieumsetzung (…) wäre der Prozess des Einsatzes der als geeignet identifizierten Mittel, um den vorher definierten Zweck zu erreichen. Das, was quasi im Schatten der offiziellen Suche nach Mitteln zur Erreichung eines festgelegten Zwecks abläuft, würde man als Prozess der Strategieformulierung bezeichnen“ (Kühl, 2016, 9f).

Ich würde nur ergänzen, dass bei der Strategie einer Organisation oft mehrere Zwecke in den Blick genommen werden: Der Zweck „Digitalisierung“ steht unter anderem ebenso im Fokus wie der Zweck „Personalentwicklung“ oder „Nachhaltigkeit“ (hoffentlich).

Definition der Zwecke

Wichtig für die Strategieentwicklung und -umsetzung ist, dass die Zwecke (oder Ziele) sehr präzise spezifiziert werden müssen. Nur so lässt sich feststellen, ob sie erreicht wurden oder nicht:

„Dafür muss der Inhalt (Was soll erreicht werden?), das Ausmaß (Wie viel soll erreicht werden?), der zeitliche Rahmen (Wann soll etwas erreicht werden?), der personelle Bezug (Wer ist verantwortlich, dass der Zweck erreicht wird?) und der räumliche Bezug (Wo soll er erreicht werden?) bestimmt werden“ (ebd., 10).

Kühl schreibt in seinem lesenswerten Buch weiter, dass es häufig wichtig ist, nicht nur nach Mitteln für zu definierende Zwecke, sondern in der Organisation auch nach Zwecken für vorhandene Mittel zu suchen. Die Methode Effectuation kommt ins Blickfeld. Das soll hier aber nicht Thema sein.

Anpassungsfähige Strategieentwicklung und -umsetzung

Thema ist vielmehr, wie es gelingt, die Strategieentwicklung und -umsetzung so zu gestalten, dass schnell und anpassungsfähig für die Organisation gute Ergebnisse erzielt werden können und die Strategie damit nicht nur Hochglanzpapier bleibt und von der Realität schneller überholt wird, als sie gedruckt werden kann, oder, um der Definition zu folgen: Wie gelingt es, die Mittel für die Zwecke (oder umgekehrt) schnell und passgenau zu finden und umzusetzen?

Hier kommen Methoden des Projektmanagements zum Einsatz, da die von Kühl gestellten Fragen aus meiner Perspektive wunderbar für ein Projekt anwendbar sind:

  • – Was soll erreicht werden?
  • – Wie viel soll erreicht werden?
  • – Wann soll was erreicht werden?
  • – Wer ist verantwortlich, dass der Zweck erreicht wird?
  • – Wo soll er erreicht werden?

Da alle Aspekte offen sind und auch die Frage, was erreicht werden soll, oftmals eher vage, denn sehr konkret beantwortet werden kann, ist ein agiles Vorgehen in der Entwicklung und Umsetzung zu bevorzugen.

Agile Strategieentwickung und -umsetzung konkret

In einem konkreten Fall der Strategieentwicklung mit einer sozialen Einrichtung (Träger unterschiedlicher Organisationen, knapp 1.000 Mitarbeiter*innen) haben wir in einem zweitägigen Einstiegsworkshop mit der Führungsebene der Organisation die zu erreichenden Zwecke im Sinne von Strategiefeldern definiert und dabei auch direkt auf die vorhandenen Mittel geschaut: Worin ist die Organisation bereits gut und was lässt sich daraus für die Zukunft ableiten?

Erarbeitet wurden in dem Workshop sieben Strategiefelder, von der Digitalisierung über Personal- bis hin zur Produktentwicklung. Ohne dies explizit zu benennen, lief für die Erarbeitung der Strategiefelder im Hintergrund die Gliederung des „Product Vision Boards“ mit: Wer ist Zielgruppe des jeweiligen Strategiefelds? Was sind deren Bedarfe? Welche Anforderungen hat das jeweilige Strategiefeld? Welche Zielsetzungen sind mit der Arbeit am Strategiefeld für die Organisation konkret verbunden?

Jedem Strategiefeld hat sich eine Führungskraft im Sinne des „Product Owners“ zugeordnet. In je dreimonatigen „Strategie-Sprints“ gemeinsam mit selbst zusammengestellten, hierarchieübergreifenden Teams wurde dann an der Umsetzung gearbeitet.

Das Arbeitsergebnis der verschiedenen Teams ist – naturgemäß – unterschiedlich. Insgesamt, für die Kürze der Zeit, aber beeindruckend. Aktuell bereiten wir den zu Beginn des kommenden Jahres anstehenden Strategiereview vor, der – ähnlich einer Retrospektive – wiederum in einem zweitägigen Workshop die Strategiefelder auf den Prüfstand stellt, Ergebnisse feiert und Anpassungen vornimmt. Ich freu mich drauf.

Werte der agilen Strategieentwicklung

Im Manifest für Agile Softwareentwicklung sind die folgenden vier Werte festgeschrieben:

  • – Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
  • – Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
  • – Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
  • – Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans

Wie aber lassen sich diese Werte an die Strategieentwicklung angleichen? Aus meiner Sicht wäre folgendes denkbar:  

  • – Umsetzung relevanter Themen mehr als langwierige Entwicklung der Strategiefelder
  • – Partizipation und Akzeptanz mehr als Öffentlichkeitswirkung
  • – Spüren und Antworten mehr als Vorhersagen und Kontrollieren
  • – Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans

In einem folgenden Beitrag werden ich näher auf diese Werte und meine dahinterstehenden Überlegungen eingehen, um zu verdeutlichen, was damit im Kern gemeint ist (und wo noch Entwicklungen notwendig sind).

Prinzipien der agilen Strategieentwicklung

Die Werte im agilen Manifest werden auf 12 Prinzipien agiler Arbeit heruntergebrochen. Wenn Du Dich für die ursprünglichen Prinzipien interessierst, kannst Du diese hier nachlesen. Das lohnt sich grundsätzlich, um agiles Arbeiten zu verstehen. Diese Prinzipien sind natürlich auf die Softwareentwicklung ausgerichtet.

Aber wie lassen sich die Prinzipien auch auf die Strategieentwicklung umbrechen? Was kommt dabei heraus? Das versuche ich im Folgenden:

Prinzip 1: Unsere höchste Priorität ist es, den Zweck des Unternehmens durch kontinuierliche Umsetzung der in den Strategiefeldern spezifisch formulierten Anforderungen zu erfüllen.

Prinzip 2: Änderungsnotwendigkeiten der in den Strategiefeldern formulierten Anforderungen werden zu jedem Zeitpunkt willkommen geheißen. In der agilen Strategieentwicklung und -umsetzung werden Veränderungen der Anforderungen im Sinne der Zweckerfüllung der Organisation bewertet.

Prinzip 3: Die Umsetzung und gemeinsame Überprüfung der in den Strategiefeldern formulierten Anforderungen erfolgt iterativ in kurzen, maximal dreimonatigen Sprints.

Prinzip 4: Für die Umsetzung der in den Strategiefeldern formulierten Anforderungen bilden sich Teams, die aus fachlicher Perspektive die Umsetzung gewährleisten können.

Prinzip 5: Die Teams für die Umsetzung der in den Strategiefeldern formulierten Anforderungen arbeiten und entscheiden autark.

Prinzip 6: Die Teams kommunizieren während der Strategiesprints regelmäßig (und möglichst von Angesicht zu Angesicht).

Prinzip 7: Nach jedem Sprint wird eine Retrospektive durchgeführt, in der Herausforderungen und Umsetzungsschwierigkeiten angesprochen werden. Neue Teamzusammensetzungen sind möglich.

Prinzip 8: Halb soviel aber doppelt so gut!


Es ist auch hier notwendig, die Prinzipien zu spezifizieren. Wie gesagt, das erfolgt in einem nächsten Beitrag. Entsprechend siehst Du:

Es passt (noch) nicht perfekt und es ergeben sich sicherlich Fragen und Veränderungen im Verlauf der Strategieentwicklung und -umsetzung anhand des skizzierten Vorgehens.

Für die im obigen Beispiel angesprochene Organisation und die dabei beteiligten Mitarbeiter*innen und Führungskräfte hochgradig spannend sind aber die bisher, innerhalb eines Jahres, erreichten Ergebnisse: Wer Organisationen kennt, oder besser noch:

Wer soziale Organisationen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen kennt, weiß, dass ein Jahr kein wirklich langer Zeitraum ist.

Kurzes Fazit:

Auch wenn sich vielleicht an agile Methodenfreaks an den Ausführungen aufhängen werden (oder sich im Grabe herumdrehen, je nach zeitlicher Perspektive), ist aus der Umsetzung in sozialen Organisationen für mich jedoch klar erkennbar, dass die oben skizzierten (und nach auszuformulierenden) Werte und Prinzipien agilen Vorgehens bei der Strategieentwicklung hochgradig hilfreich sind.

Es geht nicht mehr um die oftmals völlig an den Haaren herbeigezogene Vorhersage von ggf. niemals zutreffenden Entwicklungen. Es geht nicht mehr um das Erzwingen von Zuständen, die nicht der Organisation, ihrem Wesen und Zweck entsprechen.

Es geht vielmehr darum, die Strategieentwicklung und vor allem die Strategieumsetzung dazu zu nutzen, zu spüren, wo welche wirklich wichtigen Bedarfe der Organisation zum jeweiligen Zeitpunkt liegen. Daraus resultiert eine Kontinuität im Zusammenspiel aus Entwicklung und Umsetzung, die in Zeiten zunehmender Komplexität unabdingbar ist.


Ich bin aber schon jetzt gespannt, was das bei Dir und bei Euch auslöst. Entsprechend freue ich mich auf die Kommentare: Wo seht ihr Schwierigkeiten? Wo steht ihr in der Strategieentwicklung? Welches sind Themen, die aufgegriffen werden müssen? Und vor allem, wie würdet ihr die oben skizzierten Werte und Prinzipien anpassen?

Strategieentwicklung für zeitgemäße Organisationen: Warum der Fokus auf die Digitalisierung allein gefährlich ist

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Das Leben ist eins der Schwersten. Als Entscheider*in, als Führungskraft und Managerin ist es heute mehr als relevant, „die“ Digitalisierung auf dem Schirm zu haben. Sie brauchen digitale Kompetenz als Mensch, Sie brauchen Digitale Führungsfähigkeiten im Sinne eines digital leaderships, Sie müssen digital kommunizieren und selbstverständlich muss Ihre Organisation digital fit sein – whatever that means – um in der digitalen Transformation nicht unterzugehen. In diesem Gewusel habe ich selbst vor Kurzem noch geschrieben, dass es digitaler Strategien für Ihre Organisation bedarf und ich stehe immer noch dazu. Sogar auf meinem Laptop steht der Spruch „Digitalisiert’s eich!“

Und gleichzeitig schreibe ich hier, dass der Fokus auf das Thema Digitalisierung gefährlich sein soll?

Der Fokus auf die Digitalisierung allein ist gefährlich?

Spätestens hier bedarf es einer Erläuterung:

Do, what’s needed, oder: Wir brauchen zeitgemäße Organisationen!

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Man nehme ein wenig agiles Management, mixe dies mit flachen oder am Besten gar keinen Hierarchien, gebe zwei bis drei Teelöffel New Work hinzu und verrühre das Ganze lange unter der Zugabe von Innovation so lange, bis eine zähe Buzzword-Brühe entsteht. Am Ende wird die ganze Soße garniert mit ausreichend Digitalisierung, damit einem die unter der süßen Oberfläche verborgene Organisationskröte auch schmeckt.

Arbeit an der Digitalstrategie Teil IV – Umsetzung im Vordergrund

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Vor Monaten habe ich eine Serie geschrieben, die sich der Frage gewidmet hat, wie eine sinnvolle Digitalstrategie für soziale Unternehmen gestaltet werden kann. Angefangen von grundsätzlichen Überlegungen zu Unternehmensstrategien über die Darlegung, warum alle Bereiche oder – im wording des St. Galler Management Modells – alle Grundkategorien der Organisation von der digitalen Transformation betroffen sind bis hin zu recht konkreten Vorgehensweisen habe ich Aspekte angesprochen, die mit der Digitalstrategie auch und vielleicht gerade für soziale Organisationen zusammenhängen. Hier will ich noch einmal spezifischer auf eine recht einfache Vorgehensweise eingehen, die ich für die Arbeit an der Digitalstrategie sozialer Organisationen als sinnvoll erachte.

Agile Strategieentwicklung für soziale Organisationen Teil II

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Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, einen CDO einzustellen? Das ist ein Chief Digital Officer, der – so können Sie dies hier nachlesen – für die Strategieentwicklung und Strategieumsetzung der Digitalstrategie in Ihrer Organisation verantwortlich ist. Ja, so steht es da: Der CDO ist für die Erarbeitung und Umsetzung der Digitalstrategie zuständig. Damit – das ist praktisch – hätten Sie sogar jemand, der verantwortlich ist! Besser: schuldig, wenn es mal nicht so laufen sollte!

Falls Sie sich aber noch nicht sicher sind, ob Sie wirklich einen CDO brauchen, können Sie einmal einen Blick in Teil I meiner Serie zur Entwicklung einer Digitalstrategie für soziale Organisationen werfen. Darin erläutere ich, dass es gar nicht einfach ist, zu definieren, was überhaupt unter einer Unternehmensstrategie zu verstehen ist und was nicht. Darin erläutere ich auch, warum Strategieformulierungen oftmals so leer klingen. Daran ändert auch der CDO nichts, womit Sie diesen also nicht brauchen.