Wie zweck-lose Lernräume für Innovation gelingen können

Welche Kompetenzen brauchen Innovationsmanager in sozialen Organisationen?

Inhalt:

Mein Tag und irgendwie auch mein Monat endet im Zug, auf der Rückfahrt von einem Workshop, den ich zum Thema „Erfolgreich Digitalstrategien entwickeln“ in Zusammenarbeit mit dem Walhalla Verlag angeboten habe. Der Workshop war – soweit ich das aus meiner Perspektive beurteilen kann – gut.

Jedenfalls sagen das die Rückmeldungen der Teilnehmer*innen, angekreuzt, auf dem Evaluationsbogen. Gleichzeitig bin ich nachdenklich, aus unterschiedlichen Gründen. Insbesondere denke ich über den „Lernraum“ nach, der sich erst kurz vor Ende des Workshops geöffnet hat.

Lernraum?

Sie haben sicherlich alle bereits einmal in einem Seminar, einem Workshop, oder – natürlich – es reicht die Schule, gesessen.

Da steht jemand vorne und macht, mehr oder weniger geplant (und hier komplett unterkomplex wiedergegeben) den Kasperl. Das was Lernen genannt wird, ist Entertainment. Workshop zum Thema XY bedeutet in dieser Logik: XY wird gelernt, was kompletter Quatsch ist, da jeder Mensch nur individuell für sich sagen kann, was gelernt wurde bzw. noch weiter gefasst: Das was gelernt wurde, zeigt sich erst in der konkreten Problemlösung. Somit wurde im Workshop, in der Schule, im Seminar Wissen über XY weitergegeben. Konkret: Ich habe mein Wissen zum Thema Digitalisierung und Strategieentwicklung verknüpft und dieses Wissen aufbereitet und dann weitergegeben. Methodisch angereichert, sicherlich, aber immer noch irgendwie „vergossen“ auf die gerade Anwesenden, eben wie mit der Gießkanne in der Schule.

Was ist Lernen?

Aber ist das Lernen?

Oder ist das die Form von Lernen, die wir in der Schule und Hochschule, in Ausbildung und teilweise sogar im Kindergarten (viele gleiche Bilder und deine Eule ist schöner als meine) vermittelt bekommen haben?

Ist Lernen nicht eigentlich vielmehr das Öffnen von Räumen?

Christoph Schmitt schreibt in seinem sehr lesenswerten Buch „Digitalisierung für Nachzügler“ zum durch die Digitalisierung veränderten Lernen:

„Wir finden Orte, Räume, Wege, Strukturen, Freiheiten, Begleiter und Co-Learner, an und mit denen du und ich menschengerecht das Lernen lernen. Dabei kommen wir dann ganz ohne Besserwisser und Key-Notes aus.“

Dieses Lernen ist anders, neu, offen und ermöglicht Innovation, verstanden als die Hoffnung, dass es besser wird (Lotter).

Öffnung zur Resonanz

Dieser Raum hat sich – so zumindest meine Wahrnehmung – im Workshop kurz vor Ende aufgetan.

Eine Teilnehmerin fragte, warum ich denn diesen und jenen Punkt nicht angesprochen habe, der aber auf meiner „Agenda“ stand. Ich habe die Nachfrage beantwortet, woraus sich dann eine kurze, aber intensive und anscheinend fruchtbare Diskussion über die Fragestellung ergeben hat, warum ich „agiles Management“ als Grundkompetenz sozialer Berufe erachte und für nicht weiter erwähnenswert halte (vielleicht muss ich es in Zukunft anders aufbereiten und doch besser nach außen darstellen, warum ich so denke).

Die kurze Diskussion hat – bei mir zumindest – für eine kurze Zeit das Gefühl echter „Verbundenheit“, echter Resonanz, echten Lernens oder wie auch immer man das nennen soll, ausgelöst. Diese Resonanz ist es, die Lernen und Entwicklung ermöglicht.

Zweck-lose Lernräume für Innovation

Auf dem Weg von Frankfurt nach Hause habe ich dann in den Netzen die Frage gestellt, wie es möglich sein könnte, solche „zweck-losen“, interdisziplinären Lernräume zu kreieren, zu denen Unternehmen ihre Mitarbeiter*innen schicken, um sich inspirieren, um Innovation erwachsen zu lassen und echtes Lernen zu ermöglichen:

https://twitter.com/HendrikEpe/status/1044245874409377793

zur Erläuterung: Mir geht es bei dieser Frage darum, zu eruieren, ob es möglich sein kann, von Arbeitgebern finanzierte Weiterbildungsformate zu etablieren, die diesem „zweck-losen“ interdisziplinären Format gerecht werden können. Wie gelänge es, Arbeitgeber dazu zu bewegen, ihre Mitarbeiter*innen auf Weiterbildungen zu schicken und – soviel Geschäft muss sein – dafür auch noch zu zahlen, bei denen vorab nicht klar ist, was passiert?

Möglichkeiten, organisationale Lernräume für Innovation zu schaffen

Als erste Rückmeldung zu meiner Nachfrage kam der Hinweis auf Barcamps, Und ja, definitiv, Barcamps sind hier sicherlich hochgradig spannende Möglichkeiten, die entsprechende „Lernräume“ zu öffnen.

Aber allein von der Diskussion mit dem Arbeitgeber um die Finanzierung der Fahrt- und Teilnahmekosten für Barcamps (bspw. für das im Oktober stattfindende #Sozialcamp oder das am 23.03.2019 stattfindende Barcamp Lernräume in Freiburg) können wahrscheinlich einige Leser*innen hier ein Lied singen. Barcamps sind – so meine Wahrnehmung – meist noch „Privatvergnügen“ für die Teilnehmer*innen, zumindest wenn ich das begrenzte Weiterbildungsbudget (auch darüber ließe sich vortrefflich diskutieren) sozialer Organisationen betrachte…

Eine weitere Rückmeldung kam von Benedikt Pape, der firmeninterne Kaffeezeiten vorschlägt:

#coffeeroulette klingt super und vor allem: Das kost nix! Großartig. Einzig die Interdisziplinarität könnte – bei einer kleineren Organisation – ggf. etwas problematisch sein. Außerdem kennt man wahrscheinlich, bspw. 100 Mitarbeiter vorausgesetzt, relativ schnell die Menschen, mit denen man arbeitet?

Alfred Zedelmaier unterstützt den Kaffee auch, schlägt darüber hinaus aber auch Treffen vor, bei denen die Mitarbeiter*innen alle 2 Wochen ein Thema/Tool gemeinsam lernen:

Auch hier besteht wieder das gleiche Problem wie beim Kaffee oben: Wenn ich nicht aus meiner Firma rauskomme, wird es ggf. eng mit der Interdisziplinarität und dem gegenseitigen Lernen?

Zweck-lose Lernräume für Innovation in Organisationen

Somit bleibt die Frage noch ein wenig, wie ein entsprechendes Format gestaltet sein müsste, dass dieses Lernen, diese „zweck-losen“ Lernräume in und für Organisationen ermöglichen würde.

Oder würden Sie, als Entscheider*in einer sozialwirtschaftlichen Organisation, Ihre Mitarbeiter*innen zu einer Veranstaltung (bspw. einem Tag) schicken, wo völlig unklar ist, was dabei herauskommt?

Ja, es können sich Räume öffnen, die zu Entwicklung führen können. Das muss aber nicht passieren! Und da liegt der Hase im Pfeffer, wie man neudeutsch sagt:

Unsere Vorstellung von Bildung ist auf Inhalte gerichtet. Es muss doch etwas „vermittelt“ werden, sonst geht das doch nicht.

Aber: Warum eigentlich? Warum muss etwas vermittelt werden, wenn sich Innovation nicht vermitteln genauso wenig wie sich Lernen verordnen lässt?

„Wenn wir wollen, dass mehr Menschen als bisher ihr Leben, ihr Entscheiden, ihr Handeln und die Verantwortung für das, was sie sagen und denken und tun, übernehmen, und dass sie sich in dieser Haltung zusammenfinden und mehr und mehr in Prozesse gestaltend und visionär eingreifen, wenn wir zusammen dafür sorgen wollen, dass sich die Spiralen des Wahnsinns abflachen, verlangsamen und sich in andere, humane und nachhaltige Richtungen entwickeln, dann müssen wir aufhören mit der Infantilisierung des Menschen durch lehrende und erziehende Systeme.“ (Christoph Schmitt)

Diese Selbstverantwortung, diese offene Haltung brauchen wir in unseren Organisationen genauso wie in unserer Gesellschaft dringender denn je.

Wie aber lassen sich Organisationen dazu bewegen, ihre Mitarbeiter*innen „zweck-los“ interdisziplinär mit anderen Menschen, Disziplinen, Haltungen, zusammen kommen und lernen zu lassen? Wie lassen sich als zweck-lose Lernräume für Innovation öffnen?

Ich bin gespannt…


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P.S.: Sorry für die Überschrift, aber irgendwie muss ich Sie ja herlocken… 😉

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2 comments on “Wie zweck-lose Lernräume für Innovation gelingen können

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