Zwischenruf: Das New Work Dilemma!

New Work Dilemma

Inhalt:

Diese ganze New Work Kiste – etwas abfällig formuliert – hat ein Problem. Einerseits gibt es viele großartige Initiativen dazu, viel Content im Netz, viele gute Ideen und Konzepte. Andererseits – gerade mit Blick auf „meine“ Branche, die Sozialwirtschaft – zeigen sich enorme Umsetzungsprobleme. Umsetzungsprobleme, die sich darin äußern, dass sich die Arbeit, die Arbeitsgestaltung in den Organisationen selbst kaum verändert. Das „New Work Dilemma“!

Anwesenheitszeiten sind natürlich in der Sozialen Arbeit ein gesondertes Thema, aber auch Mitbestimmungsmöglichkeiten, Feedbackkulturen, Entscheidungsfindungen und vieles mehr sind einem – pauschal formuliert – oftmals altem Denken verhaftet: Wir müssen uns absichern, wir dürfen nicht einfach irgendwelche neuen Wege gehen und Experimente machen ist sowieso nicht erwünscht.

„Das Neue ist schon da, das Alte aber noch nicht weg!“

https://twitter.com/HendrikEpe/status/909298687058292736

Auf meinen diesbezüglich abgesetzten Tweet gab es gemischte Reaktionen.

Einerseits klingt die Aussage natürlich sehr hart im Sinne: Wir müssen das Alte vernichten! Das ist aber nicht mein Anliegen (s.u.).

Mir geht es in diesem Kontext vielmehr darum, dass es auf der einen Seite neue Anforderungen gibt, für die bereits neue Tools und Methoden vorhanden sind.

Auf der anderen Seite jedoch finden wir in vielen Organisationen immer noch eine Kultur vor, die der Begegnung mit den neuen Anforderungen durch „altes Denken und Handeln“ Steine in den Weg legt.

Das New Work Dilemma: Kultur gestalten!

Etwas konkreter formuliert sind Organisationen, und aus meiner Perspektive auch und vielleicht sogar insbesondere Organisationen der Sozialwirtschaft, aufgefordert, auf zunehmende Komplexität, zunehmende Dynamik im organisationalen und gesellschaftlichen Kontext zu reagieren.

Klar, auch hier spielt wierder die Digitalisierung eine wesentliche Rolle. Aber – und das ist eben eine Besonderheit sozialer Organisationen – sind diese verstärkt auch durch andere gesellschaftliche Wandlungsprozesse betroffen: Globalisierung, Individualisierung, Flexibilisierung der Lebensentwürfe etc. spielen noch einmal eine andere, größere Rolle als in „herkömmlichen“ Organisationen der Privatwirtschaft.

Methoden gibt es!

Die Denker- und BeraterInnen im Kontext von New Work haben, um auf diese Entwickungen adäquat(er) reagieren zu können, bereits einen Bandbreite von Tools und Methoden, Vorgehensweisen und Denkmodellen entwickelt, die den Umgang mit diesen Entwicklungen ermöglichen würden: Agiles Management, Unternehmensdemokratie, Kollegiale Führung, systemisches Denken und Handeln bis hin zu der Feststellung, dass Soziale Systeme, zu denen Organisationen nun einmal gehören, grundsätzlich nicht steuerbar sind.

Ziel dieser Theorien, Denkmodelle etc. ist es, die Organisationen einerseits flexibler zu gestalten und andererseits Bedingungen für die Mitarbeitenden zu schaffen, die „besser“ sind, als sie zuvor waren.

Sicherheitskultur

Auf der anderen Seite sehe ich jedoch Praktiken, Routinen, einzuhaltende Prozesse und damit einhergehend Organisationskulturen, die den neuen Anforderungen nicht entsprechen. Dazu nur ein kleines Zitat aus einer ganz aktuellen Facebook-Diskussion, das die Problematik recht gut fasst:

„Ich sehe einen erheblichen Bedarf begleitend zur Digitalisierung die sozialen Organisationen organisatorisch zu erneuern. Viele sind von starken Hierachien geprägt. Diejenigen, die an mit den Kunden und Kundinnen intergaieren haben oft sehr geringe Spielräume und jede Menge Kontrollevorgaben zu erfüllen. So werden die Träger den Anforderungen rasch wechselnder Themen und Umfelder aber nur mehr begrenzt gerecht werden. Daher New Work Ansätze diskutieren und erproben.“

Ja, auch ich sehe, dass die Organisationen, vielleicht auch eher die oftmals entscheidenden Menschen in den Organisationen, geprägt sind von einem Kontrollzwang und einem Zwang, einzig die rechtliche Absicherung in den Vordergrund jeglichen Handelns zu stellen.

Aus meiner Perspektive zumindest nimmt diese „Sicherheitshaltung“ eher zu als ab. Das sehe ich ganz persönlich bei Forschungsprojekten und den damit verbundenen absurden Abrechnungsmodalitäten oder auch in der Frage der Durchsetzung von Entwicklungsprojekten, die nicht im direkten Zusammenhang zu bereits bestehenden Projekten stehen. Ich sehe es – als weiteres Beispiel – aber auch bei Ausführungen von Geschäftsführern waldorfpädagogischer Einrichtungen, die von „Sachzwängen“ und „Kostendruck“ sprechen und damit die PädagogInnen in der Organisation eher verunsichern als aufbauen und unterstützen. Hier ließen sich noch mehr Beispiele finden, die diese „Sicherheitskultur“ vor eine offene „Innovationskultur“ stellen.

Jetzt ist es natürlich so, dass auch rechtliche Anforderungen und „finanzielle Zwänge“ eine enorme Relevanz und ihre Berechtigung haben, unbestritten. Aber – ganz im Sinne des agilen Manifests – sollte die Arbeit mit den wie oben ausgedrückt „KundInnen“, also den KlientInnen ebenso wie den Kostenträgern, Priorität haben, um die hochkomplexen Anforderungen gerade in sozialen Organisationen überhaupt bewältigen zu können.

Noch einmal kurz: Einerseits haben wir Tools und Methoden, um Komplexität zunehmend besser „handlen“ zu können. Selbstorganisation steht hier ganz oben.

Andererseits zeigen sich Organisationskulturen, die mehr als beschränkend sind und sich vornehmlich durch ein „Absicherungsdenken“ auszeichnen. Das eingehen von Risiken, das Ausprobieren, eigene Wege gehen, Selbstorganisation werden in diesen Kulturen – vorsichtig formuliert – nicht großgeschrieben.

Evolution statt Revolution

Die Frage ist also, wie dieses Dilemma so in den Griff zu bekommen ist, dass nicht – wie es bspw. von „neuen“ Organisationskonzepten wie „Holocracy“ propagiert wird – das bestehende „Betriebssystem“ der Organisation radikal durch ein Neues ersetzt wird.

Viel eher ist ein evolutionärer, also langsamer, aber stetiger Übergang sinnvoll und zielführend zu gestalten. Nur so, davon bin ich überzeugt, lassen sich die Menschen mitnehmen, ganz im Sinne des Satzes:

[Tweet „People don’t resist change. They resist being changed!“]


Jetzt bin ich gespannt auf Ihr Feedback:

  • Liege ich richtig? Sehen Sie ähnliche Tendenzen? Und vor allem:
  • Wie gestalten Sie den Übergang von alter Sicherheitsdenke zu einer neuen Offenheit in Ihrer Organisation?

P.S.: das Zitat oben ist übrigens von Peter Senge!

P.S.: Abonniere den IdeeQuadrat Newsletter! Dieser bietet Dir wöchentlich kurze Inspirationen rund um die Themen New (Social) Work, Organisationsentwicklung, neuem Lernen und natürlich Einladungen zu Workshops und Veranstaltungen. Und Du verpasst keinen Beitrag mehr… Hier zum Newsletter anmelden!

Hier kannst Du den Beitrag teilen via

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp
Per Mail
Ausdrucken

3 comments on “Zwischenruf: Das New Work Dilemma!

  1. Patrick am

    Huhu. Im letzten Satz hat sich ein Typo eingeschlichen: es müsste „… resist being changed …“ (statt resit) heißen.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie haben Lust, mit mir zu arbeiten? Dann können Sie…