Zusammenarbeit im Team verbessern: Wie Du mit den Core Design Principles befreiende Strukturen schaffst

Was brauchen Teams wirklich, um gut zusammenzuarbeiten? In Teams und Organisationen der Sozialwirtschaft ist funktionierende Teamarbeit entscheidend – doch oft fehlt es an klaren Strukturen und Orientierung. Die Core Design Principles zeigen, wie Du den Rahmen für gelingende Zusammenarbeit schaffen und damit die Zusammenarbeit im Team verbessern kannst – fair, wirksam und motivierend.
Zusammenarbeit im Team verbessern

Inhalt:

Was brauchen Teams, damit die Teammitglieder gut und damit vor allem effektiv und effizient zusammenarbeiten können? Das ist – neben der Frage, was Organisationen brauchen, um ihren Zweck zu erfüllen – die zweite Kernfrage meiner Arbeit. Bei beidem – Organisationen wie Teams – kann es aber nicht darum gehen, die Menschen verändern zu wollen. Denn der Versuch, Menschen verändern zu wollen, ist massiv übergriffig. Wirkungsvoller ist es, den Kontext zu gestalten, die Strukturen und Rahmenbedingungen und damit die Verhältnisse gelingender Zusammenarbeit. Denn: Die Verhältnisse prägen das Verhalten. Wenn Du auch die Zusammenarbeit im Team verbessern willst, können die Core Design Principles (CDP’s) sehr wertvolle Hinweise auf die gestaltbaren Verhältnisse in Teams liefern.

Zusammenarbeit als Kern (und Herausforderung nicht nur) Sozialer Arbeit

In Organisationen der Sozialwirtschaft ist Zusammenarbeit mit anderen – Teamarbeit – Kern täglicher Arbeit. Ohne Zusammenarbeit geht nichts – in Pflege und Beratung ebenso wie in Kitas oder stationären Einrichtungen. Wenn dann noch der Blick auf die Kompetenzen, die wir für die Arbeit der Zukunft brauchen, gerichtet wird (sog. Future Skills, bspw. hier), zeigt sich, dass Zusammenarbeit nicht nur an der sozialarbeiterischen Basis wichtig ist, sondern Kollaboration für alle Branchen, Berufe und Bereiche enorm bedeutsam ist und zunehmend werden wird.

Wenn Teams gut zusammenarbeiten, entsteht etwas Besonderes – ein gemeinsamer Sinn, kollektive Stärke, gegenseitige Unterstützung – vielleicht hast Du das schon selbst erlebt?!

Aber Zusammenarbeit ist genauso oft eine Herausforderung: Unterschiedliche Professionen, hoher Zeitdruck, Fachkräftemangel, starre Hierarchien und Bürokratie, Missverständnisse oder eben unklare Rahmenbedingungen führen zu Konflikten oder Ineffizienzen in Teams.

Daraus ergibt sich die Frage:

Wie kannst Du als Führungskraft (und wie kann ich als externer Berater) die Zusammenarbeit im Team verbessern?

Als (ein Teil einer doch etwas komplexeren) Antwort bin ich vor kurzem über die Core Design Principles (CDPs) gestolpert.

Zusammenarbeit im Team verbessern mit den Core Design Principles

Die Core Design Principles können vielleicht so etwas wie ein Kompass für gelingende Zusammenarbeit in Gruppen und Teams sein. Im Folgenden gehe ich näher darauf ein, was sich genau hinter den CDP’s verbirgt und wie Du damit arbeiten kannst. Vorab aber:

Woher kommen die Core Design Principles?

Mir ist es wichtig, dass das, was ich hier schreibe ebenso wie die Theorien, die mein Denken und Handeln prägen und genauso die Methoden, mit denen ich arbeite, nicht von irgendwem am grünen Tisch im Sinne einer Management-Mode erdacht sind, sondern praxiserprobt und idealerweise wissenschaftlich überprüft sind. Und das, würde ich behaupten, ist bei den CDP’s der Fall.

Denn sie basieren auf den Arbeiten der Politikwissenschaftlerin Elinor Ostrom, die übrigens die erste Frau war, die 2009 den Wirtschaftsnobelpreis bekommen hat.

Sie arbeitete an der Frage, „wie sich Menschen organisieren, um gemeinschaftlich komplexe Probleme zu lösen. Sie analysierte, wie institutionelle Regeln sich auf Handlungen von Individuen auswirken, die bestimmten Anreizen ausgesetzt sind, Entscheidungen treffen (müssen), und sich zudem noch gegenseitig beeinflussen, und sie zeigte praktikable, gerechte und effiziente Lösungen für diese Probleme auf“ (hier mehr zu ihr und ihrer Arbeit).

Ihre Antwort fand sie durch die Analyse zahlreicher, erfolgreicher und gescheiterter Beispiele für die nachhaltige Bewirtschaftung lokaler Allmenderessourcen in Selbstorganisation weltweit – wie regionaler Bewirtschaftungsformen für Hochgebirgsalmen in der Schweiz und Japan sowie Bewässerungssystemen in Spanien und auf den Philippinen.

Auf dieser empirischen Forschung basierend entwickelte sie die Core Design Principles, die eine erfolgreiche Bewirtschaftung von sog. Common Pool Resources ermöglichen.

Und sie zeigte, dass die Gestaltungsprinzipien immer dann zu finden sind, wenn Zusammenarbeit wirklich funktioniert.

Sie übertrug dann – gemeinsam mit dem Evolutionsbiologen David Sloan Wilson – die Prinzipien auf alle möglichen Gruppen – nicht nur Dorfgemeinschaften und Allmenden, sondern auch auf Teams in Unternehmen, Non-Profit-Organisationen, Schulen oder Behörden (hier mehr dazu).

Daraus entstanden die acht Core Design Principles, die für die Analyse verschiedener Gruppenkontexte genutzt werden können.

Die 8 Core Design Principles für gelingende Zusammenarbeit

Jetzt aber endlich los mit den acht Core Design Principles – die ich sprachlich schon so angepasst habe, dass sie direkt(er) in Deinen Arbeitsalltag integriert werden können (und bei Interesse hier im Original):

  1. Gemeinsame Identität und gemeinsame Ziele: Alle Mitglieder identifizieren sich mit der Gruppe bzw. dem Team und verfolgen gemeinsame Ziele und Zwecke – wir wissen, wozu wir da sind!
  2. Kosten und Nutzen werden gerecht verteilt: Die Kosten und der Nutzen, die den Mitgliedern aus der Zusammenarbeit entstehen, stehen in einem proportionalen Verhältnis zueinander – jede:r hat das Gefühl, gerecht behandelt zu werden.
  3. Gerechte und gemeinsame Entscheidungsfindung: Alle Mitglieder sind in Entscheidungen, die sie betreffen, einbezogen und es ist transparent, wie Entscheidungen getroffen werden.
  4. Transparenz und Beobachtung des Fortschritts: Im Team herrscht Transparenz darüber, wer woran arbeitet und inwieweit die gemeinsamen Ziele erreicht werden.
  5. Angemessenes Feedback auf hilfreiches und nicht hilfreiches Verhalten: Es gibt angemessene Reaktionen auf Verhaltensweisen, um hilfreiches Verhalten zu fördern und nicht hilfreiches Verhalten zu unterbinden bzw. zu sanktionieren.
  6. Schnelle und faire Konfliktlösung: Es existieren Mechanismen für die schnelle und faire Lösung von Konflikten im Team.
  7. Autorität zur Selbstverwaltung: Die Gruppe bzw. das Team hat innerhalb der Organisation ein Mindestmaß an Rechten und die Freiheit, sich selbst (bezogen auf die Prinzipien 1–6) zu organisieren.
  8. Kollaborative Beziehungen mit anderen: Die Gruppe bzw. das Team ist nicht allein auf der Welt und geht kooperative Beziehungen mit anderen Teams bzw. Gruppen ein.

Warum die Prinzipien besonders in der Sozialwirtschaft wichtig sind

In Organisationen der Sozialwirtschaft läuft ohne Vertrauen und Zusammenarbeit nichts – egal ob in einer Wohngruppe, einem sozialen Dienst oder einer Kita.

Gleichzeitig erlebe ich in Teams an der Basis ebenso wie in Führungsteams bis hin zum Top-Management, dass die bewusste Gestaltung des Miteinanders und damit die Auseinandersetzung mit der Frage „Wie wollen wir zusammenarbeiten?“ nicht oder nur rudimentär beantwortet wird.

Vielleicht erwarten wir informell, dass Zusammenarbeit in der Sozialen Arbeit schon irgendwie gelingt, weil wir doch so wahnsinnig „sozial arbeiten“? Aber das Gegenteil ist der Fall:

Gerade dort, wo die diffuse Allzuständigkeit Sozialer Arbeit (vgl. Thiersch zit. n. Hollstein-Brinkmann 1993:166) in Verbindung mit einer in den Organisationen vorherrschenden „dominierenden Informalität“ (klick) zu enormer Unsicherheit und fehlender Orientierung führt, brauchen Menschen und Teams klare Strukturen der Zusammenarbeit, die sie stützen, Sicherheit und Orientierung bieten.

Über die Strukturen kann dann eine Kultur der Zusammenarbeit entstehen, die einerseits Sicherheit bietet und andererseits die für professionelle Soziale Arbeit notwendige Freiheit zulässt. Und hier können (u.a.) die CDPs helfen, Teams so zu gestalten, dass gelingende Zusammenarbeit nicht von Glück, vom Zufall oder von einzelnen, hochengagierten „Kümmerer:innen“, die den Laden schon am Laufen halten, abhängt. Die CDPs machen Zusammenarbeit bewusst gestaltbar und können bei der Bearbeitung der folgenden, vielleicht sogar typischen Herausforderungen helfen:

  • Fehlende gemeinsame Ausrichtung,
  • Unklare Rollen und Zuständigkeiten,
  • Spannungen und unausgesprochene Konflikte im Team oder zwischen Teams bzw. Abteilungen,
  • Entscheidungen, die „von oben“ getroffen werden, obwohl „oben“ in dem Fall gar keine Ahnung hat,
  • Motivationsverlust und hohe Fluktuation,
  • Neugestaltung oder -ausrichtung von Teams

So kannst Du die Core Design Principles nutzen, um die Zusammenarbeit im Team zu verbessern

Wichtig ist: Die CDPs sind kein reines Rezept, dass Du in Deinem Team 1:1 umsetzen musst, damit es läuft. Sie sind eher eine Art Landkarte oder Hintergrundfolie, mit der Du die Zusammenarbeit im Team beobachten, analysieren und anhand der folgenden Schritte verbessern kannst:

  • Schritt 1: Selbstreflexion! Nimm Dir etwas Zeit und frag Dich:
    • Haben wir einen klaren gemeinsamen Zweck? Wissen wir, wozu wir da sind? (P1)
    • Weiß jede:r, was seine Rolle(n), seine Aufgaben, seine Entscheidungsbefugnisse und Verantwortlichkeiten, sind und wie diese auf den Zweck einzahlen? (P1)
    • Hat jede:r das Gefühl, gerecht behandelt zu werden? Was heißt Gerechtigkeit eigentlich für uns? (P2)
    • Dürfen alle dann mitreden und -entscheiden, wenn sie betroffen sind (nicht jede:r ist immer von allem betroffen)? (P3)
    • Haben wir Entscheidungsmethoden etabliert, die zu tragfähigen Teamentscheidungen führen? (P3)
    • Wissen wir, wer im Team woran arbeitet? Ist Arbeit insgesamt und die zu erledigenden Aufgaben transparent für alle? (P4)
    • Feiern wir gemeinsam Erfolge, geben uns Rückmeldung und sprechen auch gemeinsam an, wenn sich jemand nicht an Regeln und Vereinbarungen hält? (P5)
    • Sind Mechanismen etabliert, wie wir mit Konflikten umgehen? (P6)
    • Innerhalb welchen (von „oben“) vorgegebenen Rahmens können wir uns bewegen? Haben wir als Team die Freiheit, das „Wie?“ unserer Zusammenarbeit gemäß den Prinzipien selbst zu gestalten? (P7)
    • Mit wem arbeiten wir zusammen? Welche Teams inner- und außerhalb der Organisation sind auf welche Ergebnisse von uns angewiesen und worauf sind wir angewiesen, um gut arbeiten zu können? (P8)

Schon die Beschäftigung mit diesen (oder ähnlichen) Fragen bringen oft spannende Erkenntnisse.

  • Schritt 2: Team-Workshop! Lade Dein Team ein, gemeinsam auf die CDPs zu schauen:
    • Druck die acht Prinzipien und die Fragen (oder den Beitrag hier) aus.
    • Lest sie gemeinsam durch.
    • Diskutiert: Was läuft bei uns gut? Wo gibt’s Luft nach oben?
    • Überlegt gemeinsam: Welches Prinzip wollen wir uns als Nächstes vornehmen und verbessern?
  • Schritt 3: Pilotphase starten! Pickt Euch ein oder zwei Prinzipien heraus – zum Beispiel „Entscheidungen gemeinsam treffen“ oder „Konflikte früh ansprechen“. Dann probiert aus, wie Ihr das konkret umsetzen könnt. Wichtig ist: ausprobieren, lernen, anpassen.
  • Schritt 4: Dranbleiben und Erfahrungen teilen! Dokumentiert, was gut läuft – und auch, was nicht klappt. Teilt Eure Erfahrungen mit anderen Teams oder in Leitungskreisen. So kann vielleicht sogar eine „bottom up“ Bewegung entstehen, die Eure ganze Organisation verändert…
  • Schritt 5: Reden ist Silber, Schreiben ist Gold! Anstatt auf der Ebene „Schön, dass wir drüber geredet haben!“ zu bleiben, hilft es für die weitere Zusammenarbeit enorm, ein „Teamhandbuch“ zu verschriftlichen: Haltet fest, was ihr gemeinsam verabredet habt. Haltet darin auch fest, in welchen regelmäßigen Zyklen ihr gemeinsam wieder auf das Handbuch schaut und dieses weiterentwickelt. Denn es werden sich immer Veränderungen ergeben.

Nutzt eure gemeinsamen Spielregeln aka das Handbuch immer – in Teamsitzungen, wenn Entscheidungen getroffen werden, wenn Neueinstellungen erfolgen und, und, und…

Zusammenarbeit im Team verbessern: Beispiele aus der Praxis

Ich begleite gerade ein (mehr oder weniger) neu geschaffenes Team einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung. Wie überall sind die Belastungen hoch, die Fluktuation ebenso. Inzwischen hat der erste Termin mit dem Team stattgefunden und wir werden jetzt – in den nächsten Runden – an dem gemeinsamen Zweck des Teams, an der Erarbeitung von Rollen, an gemeinsamen Regeln usw. arbeiten. Mein Ziel des Prozesses ist, gemeinsame Spielregeln zu erarbeiten, die in der herausfordernden Arbeit mit den Menschen mit Behinderung Orientierung bieten und damit Sicherheit schaffen.

Ein anderes Beispiel ist die Begleitung eines Führungsteams eines Komplexträgers (Führungsebene 1 und 2). Herausfordernd ist, dass jede Person in ihrer Rolle denkt und agiert und damit – nachvollziehbar – die lokalen Rationalitäten großen Platz einnehmen. Zweck des Führungsteams ist aber, gemeinsam auf das große Ganze zu schauen. In der Arbeit im Führungsteam gilt es also, die „Hüte zu wechseln“ und die eigenen Stärken für die Gesamtorganisation einzubringen. Auch hier geht es darum, so etwas wie eine „Geschäftsordnung“ für das Führungsteam zu erarbeiten und darin festzuschreiben, was der Zweck des Teams ist, wer welche Rollen einnimmt, wann wie welche Entscheidungen getroffen werden, wie mit Konflikten umgegangen wird usw.

Kurz gesagt geht es bei beiden Prozessen – aber auf unterschiedlichen Ebenen – darum, den Rahmen gelingender Zusammenarbeit zu gestalten. Innerhalb des Rahmens ist es dann möglich, frei zu agieren.

Fazit: Gelingende Zusammenarbeit braucht befreiende Strukturen

Die Core Design Principles zeigen: Gelingende Zusammenarbeit ist kein Glücksfall und damit allein abhängig davon, ob die Menschen „miteinander können“! Gelingende Zusammenarbeit ist vielmehr das Ergebnis von klaren, gemeinsamen Spielregeln.

Das ist wichtig:

Anstatt Spielregeln als Einschränkung von individueller Freiheit zu verstehen, braucht es die Einsicht, dass Teams und Gruppen immer nur aufgrund von Regeln funktionieren. Fraglich ist dann nur, ob die Spielregeln gemeinsam, bewusst und transparent gestaltet wurden oder ob sie irgendwie informal „wild wachsen“ und deshalb oft destruktiv wirken.

Bei der Entwicklung können die Core Design Principles einen wunderbaren Rahmen und damit ein Werkzeug bieten, um Zusammenarbeit zu reflektieren, zu stärken und weiterzuentwickeln.

Deswegen: Druck die 8 Prinzipien aus und bring sie zum nächsten Teammeeting mit. Plane einen halben Tag als Workshop – intern oder mit externer Begleitung. Sprich mit anderen Leitungskolleg:innen darüber, wie sie die Zusammenarbeit erleben und in ihrem Team gestalten. Mach einen Selbsttest: Wie viele der CDPs sind in Deinem Team schon gelebt?

Und – wenn Du willst – begleite ich Dich und Dein Team gern. Sag einfach Bescheid!

Quellen:

  • Thiersch, zit. nach Hollstein-Brinkmann, H. (1993): Soziale Arbeit und Systemtheorien. Freiburg im Breisgau: Lambertus. S. 166.

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