Finale, oder: Entwicklung einer Digitalstrategie für Organisationen der Sozialwirtschaft Teil III

Digitalstrategie

Inhalt:

Teil 3 der Serie und, wenn man so will, das Herzstück: Wie sollte eine Digitalstrategie für Organisationen der Sozialwirtschaft ausgestaltet sein? Welche Bereiche sind zu berücksichtigen, wo liegen die größten Herausforderungen? 

Hartmut Kopf kommentiert zum zweiten Teil der Serie sehr passend:

„Teil I und II dieser kleinen Reihe waren gut und richtig. Aber um zu sehen, ob und wie aus diesen bislang noch ganz klassischen Tools zur Strategieentwicklung sozialer Organisationen eine „richtige“ Digital-Strategie, oder genauer, eine Strategie zur umfassenden Digitalsierung der Organisation vor dem Hintergrund der digitalen Transformation (jetzt habe ich mal bewusst richtig viel und oft das Mega-Buzzword mit „d“ verwendet) wird, zeigt uns hoffentlich der angekündigte Teil III der Reihe. Ich bin fröhlich, zuversichtlich und gespannt darauf. Denn genau das brauchen Sozialunternehmen heute.“

Teil I und II zeigen (nicht ganz) klassische Wege der Entwicklung einer Strategie in Organisationen auf. Teil I fokussiert dabei vor allem auf die Frage, was eine Strategie überhaupt ist.

Teil II nimmt dann den Entwicklungsprozess ins Zentrum mit der Aussage, dass in der Logik des Effectuation-Ansatzes von den vorhandenen Möglichkeiten zukünftige Zielsetzungen erarbeitet werden sollten und nicht ,wie dies üblicherweise geschieht, „Wolkenkuckucksheime“ gebaut werden, die dann sowieso nicht oder wenn, dann zufällig umgesetzt werden.

Von den Möglichkeiten her denken

Der Effectuation-Ansatz ist für die Entwicklung einer Digitalstrategie wesentlich:

Denken Sie – auch bei den folgenden Ausführungen – immer von den vorhandenen Möglichkeiten Ihrer Organisation aus. So macht es keinen Sinn, Überlegungen voranzutreiben, die entweder völlig überdimensioniert, nicht finanzierbar oder so groß sind, dass sie sowieso nicht umgesetzt werden.

Passen Sie, auch das vorab, Ihre Strategie immer wieder den Möglichkeiten an. Sehen Sie die Strategie als etwas in Ihrer Organisation Lebendiges, etwas sich Entwickelndes. So leiden bspw. auch Unternehmensvisionen oder Leitbilder oftmals daran, dass sie zwar toll klingen, die Realität in den Organisationen den Sätzen auf dem Papier jedoch diametral entgegen steht.

Der Ordnungsrahmen für die Digitalstrategie

Wo beginnen? Diese Frage stellt sich nicht nur bei jedem Blogbeitrag, diese Frage stellt sich auch und insbesondere bei der Frage nach einer Strategie, die sich dann auch noch mit dem Thema Digitalisierung befasst.

Um nicht einfach ins Blaue hinein zu handeln, ohne Ziel und Plan, ohne Landkarte loszuziehen und dann niemals dort anzukommen, wo Sie sowieso nie hinwollten, empfiehlt sich eine entsprechende Landkarte in der Hinterhand zu haben. Eine entsprechende Landkarte wird mit dem für Organisationen der Sozialwirtschaft sehr passenden, systemisch ausgerichteten St. Galler Management Modell geliefert.

Das St. Galler Management Modell lässt sich als Ordnungsrahmen für ein verantwortungsvolles Führungshandeln definieren. Da die Entwicklung einer Digitalstrategie alle Unternehmensbereiche umfasst, erachte ich dieses, zugegeben in der Gesamtheit recht komplexe, Modell als zielführend.

Kurz vorab: Haben Sie Ihre Organisation bei den folgenden Ausführungen im Hinterkopf.

Die Grundkategorien des St. Galler Management Modells

Das St. Galler Modell unterscheidet die sechs Grundkategorien  „Umweltsphären“, „Anspruchsgruppen“, „Interaktionsthemen“, „Ordnungsmomente“ (Strategie, Struktur, Kultur), „Prozesse“ sowie „Entwicklungsmodi“, die aus organisationstheoretischer Sicht die Organisationskontexte aufzeigen, in denen ein Unternehmen als komplexes soziales System eingelagert ist.

Bevor ich hier in der Tiefe die einzelnen Kategorien beschreibe, empfehle ich einen Blick in meine Zusammenfassung zum St. Galler Modell, die Sie hier finden können.

Im Folgenden werde ich die einzelnen Kategorien im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Digitalstrategie von Organisationen der Sozialwirtschaft beleuchten und für jede Kategorie möglichst griffige Handlungsoptionen und Fragestellungen anbieten.

Gleichzeitig ist – wie gesagt – darauf zu verweisen, dass in einem Artikel dieser Art immer noch eine Meta-Perspektive beibehalten werden muss. Jede Organisation ist spezifisch zu betrachten und die Entwicklung einer Strategie muss selbstverständlich in einem partizipativen Prozess erfolgen. Entsprechend dient die Strukturierung hier als eine erste Orientierung auf dem Weg zu Ihrer Digitalstrategie.

Umweltsphären

Unsere Gesellschaft untergliedert sich, aus systemischer Perspektive, in verschiedene Funktionssysteme. Konkret bezogen auf Organisationen der Sozialwirtschaft ist hervorzuheben, dass „die Soziale Arbeit“ kein autonomes gesellschaftliches Funktionssystem ist, sondern immer in verschiedene gesellschaftlichen Funktionssysteme eingebunden ist (bspw. Rechtssystem, Gesundheitssystem oder Politiksystem).

Für die Digitalstrategie der Organisation ist es im Kontext der Umweltsphären relevant, zunächst zu bestimmen, welche Funktionssysteme von der jeweiligen Organisation überhaupt tangiert werden. Die Analyse der Umweltsphären kann dann insbesondere hinsichtlich der digitalen Kommunikation (näher s.u.) als Orientierung dahingehend dienen, welche Anspruchsgruppen in der Organisation relevant sind und entsprechend angesprochen werden müssen.

Hinzukommen muss aber die Frage, in welchen der Funktionssysteme sich durch die Digitalisierung relevante Veränderungen für die Organisation ergeben. Schon damit ist der Aspekt der Offenheit der Organisation gegenüber der Umwelt angesprochen: Wie gelingt es Ihnen, die sich vollziehenden Veränderungen wahrzunehmen? Darauf basierend ist dann zu fragen, welche strategischen Reaktionsmöglichkeiten es für ihre Organisation geben kann? Eng verknüpft mit diesen Fragen sind Ihre Stakeholder oder Anspruchsgruppen:

Anspruchsgruppen

Die im St. Galler Modell aufgeführten Anspruchsgruppen (Stakeholder) „Konkurrenten“, „Lieferanten“, „Staat“, „Öffentlichkeit“ und „Non-Governmental Organizations (NGOs)“, „MitarbeiterInnen“, „Kunden“ und „Kapitalgeber“ werden als organisierte oder nicht organisierte Gruppen von Menschen, Organisationen und Institutionen verstanden, die vorwiegend von den unternehmerischen Wertschöpfungsaktivitäten  der Organisation betroffen sind.

Stakeholder sind Personen und Gruppen, die einen beobachtbaren und nennenswerten Einfluss auf das Unternehmen ausüben (vgl. Lambers, 2015). Die Stakeholder lassen sich differenzieren in interne Stakeholder (Träger von Leistungsrollen wie bspw. Mitarbeiter, Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder) und externe Stakeholder (bspw. Kunden, Politiker). Damit ist zunächst relevant zu analysieren, wer zu den internen wie externen Stakeholdern der Organisation zählt. Als Werkzeug dient hier die Stakeholderanalyse (link). Basierend darauf ist wiederum zu fragen:

  • Welche relevanten Veränderungen ergeben sich bei den Stakeholdern basierend auf der Digitalisierung?
  • Wer fällt weg, wer kommt kurz- und mittelfristig hinzu?
  • Wer hat welchen Einfluss auf die Organisation?
  • Wie müssen Sie auf die Veränderungen reagieren?

Interaktionsthemen

Interaktionsthemen sind jene Elemente der Austauschbeziehungen zwischen den Stakeholdern und der Organisation, die für eine Kommunikation zwischen den Anspruchsgruppen und der Organisation von zentraler Bedeutung sind. Im Konkreten sind das „Ressourcen“, „Normen und Werte“ sowie „Anliegen und Interessen“. Relevant ist diesbezüglich, dass die Stakeholder sozialwirtschaftlicher Organisationen hinsichtlich ihrer Machtpositionen (dem Willen und der Fähigkeit zur Machtdurchsetzung), ebenso wie hinsichtlich ihrer normativen und wirtschaftlichen Interessen, nicht vergleichbar mit denen erwerbswirtschaftlicher Organisationen und die Interaktionsthemen damit ebenfalls anders gelagert sind: „Die Stakeholder von Unternehmen Sozialer Arbeit – hier vor allem Nutzer/Adressaten, Leistungsträger und Politik – sind nicht interessiert, das Bedürfnis nach sozialen Dienstleistungen zu steigern. Knappheitsprobleme wiederum bestehen z.B. in der Sozialen Arbeit insofern, als dass die meritorischen Güter nicht von ihr selbst produziert werden können, da die Mittel hierfür aus öffentlichen, nicht von ihr selbst steuerbaren Quellen stammen“ (Lambers, 2015, 40). Interaktionsthemen entstehen aus Erwartungen, die von den Stakeholdern an die jeweilige Organisation gerichtet werden.

Für die Frage der Digitalstrategie der Organisation ist auch hier wieder bedeutsam, zunächst eine Analyse bei den einzelnen Stakeholdern durchzuführen, die dann zu konkreten Kommunikationsmaßnahmen der Organisation führen. Dies ist wiederum sehr allgemein formuliert, wird aber dann griffiger, wenn man bspw. die Möglichkeit der Kommunikation mit den Klientinnen in den Blick nimmt. Bei Jugendlichen bspw. besteht das Bedürfnis, möglichst in ihrer Lebenswelt zu kommunizieren (bspw. über WhatsApp, hier mehr zu rechtlichen Implikationen). Diese Möglichkeit besteht bspw. zu Sponsoren oder Kostenträgern nicht, diese haben jedoch auch gar nicht das Bedürfnis, auf diese Art zu kommunizieren.

Auch die interne Kommunikation kann in den Blick rücken: Welche Themen beschäftigen die Mitarbeitenden? Wie kommunizieren diese ihre Anliegen? Wie kommunizieren die Mitarbeitenden auch effektiv und effizient miteinander? Bieten hier neue Tools wie bspw. Slack oder auch Evernote andere, bessere Möglichkeiten für die jeweilige Organisation als das bislang verwendete E-Mail-System? Gerade dann (aber nicht nur), wenn die Mitarbeitenden viel außerhalb der Organisation unterwegs sind, macht es Sinn, über neue Möglichkeiten nachzudenken.

Ordnungsmomente

Unternehmerische Wertschöpfungsaktivitäten laufen in mehr oder weniger geordneten Bahnen ab, auch wenn die entsprechenden Kommunikations- und Handlungsmuster oft nicht einfach zu erkennen sind. Lambers bezeichnet die Ordnungsmomente als etablierte Strukturbestandteile der Organisation.

Mit den Ordnungsmomenten „Strategie“, „Struktur“ und „Kultur“ wird versucht, dem organisationalen Alltag eine Form zu geben, indem sie dem organisationalen Geschehen eine gewisse Ordnung auferlegen und so die Aktivitäten auf die Erzielung bestimmter Wirkungen und Ergebnisse ausrichten.

Ordnungsmoment Strategie

Der Ordnungsmoment Strategie ist mit Blick auf einen Artikel über „Strategie“ etwas verwirrend. Hier geht es jedoch darum, dass in der Organisationsstrategie die Digitalisierung einen entsprechenden Raum einnimmt. Dies wird bislang – so nicht nur meine Feststellung – immer noch sehr vernachlässigt.

Dabei ist zu beachten, dass die Strategieentwicklung von Organisationen der Sozialwirtschaft sowieso schon einer enormen Komplexität unterliegt. Lambers schreibt, dass „die Existenz sozialwirtschaftlicher Unternehmen (…) davon abhängig [ist], inwieweit es gelingt, der Polykontexturalität seiner Anspruchsgruppen, dem Mix aus politischen, weltanschaulich ideellen, wertebezogen kulturellen und auch ökonomisch finanziellen Interessen gerecht zu werden und diese als Interaktionsthemen zum Teil der strategischen Planung werden zu lassen.“

Und hier muss jetzt auch noch die Digitalisierung hinzu kommen. Aber: Durch die Implementierung der Digitalisierung in der Strategie der Organisation bekommt der Aspekt den Stellenwert, der für die Zukunft benötigt wird. Es ist bei allen organisationalen Entscheidungen immer wieder möglich, auf die Digitalisierung zu verweisen. Hinzu kommt aber, dass bei der Integration einer Digitalstrategie in die Organisationsstrategie die Frage des Nutzens der Digitalisierung für die Organisation in den Vordergrund rücken sollte: Was bringt uns die Digitalisierung wirklich? Welche Kernkompetenzen haben wir und in welcher Weise werden diese durch die Digitalisierung beeinflusst? Die Digitalstrategie ist damit kein „add on“ mehr, sondern vielmehr integriert in die Organisationsstrategie, um damit einen wirklichen Nutzen zu stiften.

Ordnungsmoment Struktur

„Systemtheoretisch ist die organisatorische Strukturbildung in den Prozess einzuordnen, die Umweltkomplexität auf ein für das System bearbeitbares Maß zu reduzieren“ (Schreyögg, 2010, 89). Dies erfolgt durch die Schaffung von arbeitsteiligen Binnenstrukturen. Die geschaffene Organisationsstruktur ist damit als eine Auswahl von Möglichkeiten zu betrachten, die über eine gewisse Zeit sinnvoll ist. Strukturierung bedeutet Regeln zu schaffen (bspw. Regeln zur Aufgabenverteilung, Regeln zur Koordination, Verfahrensrichtlinien, Prozesse).

Bei der Ausbildung von Strukturen ergibt sich das Paradox, dass zwar das Organisationsgeschehen und damit die Verteilung der Aufgaben vereinfacht werden. Gleichzeitig wird jedoch das Gesamtsystem komplexer und damit die Integration der unterschiedlichen Teile der Organisation zu einem „großen Ganzen“ zu einer immer größeren Herausforderung. Damit angesprochen ist wiederum die Frage nach der Öffnung und Schließung der Organisation: Weniger Strukturen, flachere Hierarchien, Selbstorganisation, agiles Arbeiten etc. sind relevant für den Umgang mit den sich – auch durch die Digitalisierung ergebenden – zunehmend komplexer gestaltenden Veränderungen. Die Öffnung der Organisation ist notwendig, um die Veränderungen überhaupt wahrnehmen zu können. Sie erhöht gleichzeitig jedoch die interne Komplexität. Die Geschlossenheit, also die direkte Wertschöpfung darf dabei ebenso nicht aus dem Blick verloren werden: Die im Wesentlichen nicht standardisierbare und damit kreative und komplexe Arbeit mit den Klientinnen muss getan werden!

Ordnungsmoment Kultur

Zusätzlich zu festgelegten Organisationsstrukturen und einer transparenten Organisationsstrategie verfügt eine Organisation über einen gemeinsamen Sinnhorizont. Dieser konstituiert sich aus materiellen, hauptsächlich aber immateriellen „Wirkmomenten“, die in der Gesamtheit die „Kultur“ einer Organisation bilden.

„Die Unternehmenskultur [kann] als Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen verstanden werden, welche Entscheidungen, Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder prägen“ (Hutterer, 2013, 165).

Wichtig ist, dass aus einer systemtheoretischen Perspektive die Organisationskultur von außen nicht direkt herstellbar und ebenfalls nicht extern steuerbar ist. Aufgrund der emergenten Eigenschaften von sozialen Systemen ergibt sich vielmehr die Fähigkeit dieser Systeme, den Systemzustand selbst zu verändern. Das Management einer Organisation kann dazu die Kontexte der Organisationskultur wesentlich beeinflussen. „Eine radikale Nutzer- bzw. Adressatenorientierung wird z.B. ein am materiellen Output orientiertes Wirkungsinteresse deutlich in Frage stellen“ (Lambers, 2015).

Hinsichtlich der Beeinflussung der Organisationskultur bestehen Möglichkeiten, eine Selektion bei der Einstellung der Mitarbeitenden vorzunehmen, den Versuch der Verhaltenssteuerung über Vorbildwirkung sowie den Versuch einer vermehrten Sinnstiftung. Auch das Durchbrechen von organisationalen Routinen oder die Beendigung sinnentleerter Rituale sind Möglichkeiten der Beeinflussung der Organisationskultur.

Mit Blick auf die Digitalisierung ergeben sich Möglichkeiten der Kulturbeeinflussung dahingehend, dass gerade die verantwortlichen Führungskräfte eine Akzeptanz und Offenheit hinsichtlich der Nutzung digitaler Möglichkeiten vorleben. Die organisational gewünschte und geförderte Möglichkeit, Experimente zu machen, die auch – bei Nichterfolg – wieder eingestellt werden können, gehört dazu. Damit tun wir uns in unserer deutschen Kultur oftmals noch sehr schwer: Erst muss alles perfekt geplant, organisiert und strukturiert werden, bevor man damit in die Öffentlichkeit gehen kann. Dieses Vorgehen funktioniert mit Blick auf das „Neuland“ der Digitalisierung jedoch nicht mehr. Hier ist vielmehr ein flexibles, schnelles, immer wieder an die sich ändernden Bedingungen angepasstes Vorgehen notwendig, um zu guten Ergebnissen für alle Beteiligten zu gelangen.

Prozesse

Die Wertschöpfungsaktivitäten einer Unternehmung und die dazu benötigte Führungsarbeit werden in „Management-, Geschäfts- und Unterstützungsprozessen“ erbracht. Hinzu kommen „Vernetzungsprozesse“ mit anderen Personen und Organisationen. Bei der Steuerung eines Unternehmens zwischen Führung, Umsetzung, Unterstützung der Umsetzung und Vernetzung unterscheiden.

  • Mit den Managementprozessen sollen innerhalb der Wertschöpfung der Organisation bestimmte Aufgaben organisiert werden.
  • Die Geschäftsprozesse betreffen die, im sozialwirtschaftlichen Kontext, bedarfsbezogenen Kernaktivitäten wie bspw. Aktivitäten der Leistungserstellung, die Adressatennutzen und damit sozialwirtschaftliche Wertschöpfung produzieren, so Lambers.
  • Mit den Unterstützungsprozessen wird die Durchführung der Geschäftsprozesse durch interne Dienstleistungen und Infrastruktur (bspw. Personalmanagement, interne und externe Pressearbeit, Rechtsabteilung, Qualitätsmanagement) unterstützt.
  • Die Vernetzungsprozesse eröffnen dem Unternehmen neue Chancen der sozialen Adressierung, aber auch neue Risiken.

Der Blick auf die Digitalisierung und die Prozesse der Organisation ist der Teil, der – so meine Wahrnehmung – aktuell (noch) die Diskussion in Organisationen der Sozialwirtschaft beherrscht: Wie sollen und können wir unsere Mitarbeitenden dazu bringen, digitale Werkzeuge, Programme, Tools zu nutzen, wenn die Mitarbeiter oftmals mit der Umwandlung von Word in PDF überfordert sind? Die Frage ist selbstverständlich berechtigt. Gleichzeitig setzt die Frage jedoch am falschen Punkt an:

So ist es in einem ersten Schritt deutlich relevanter, die Prozesse der Organisation hinsichtlich ihrer Notwendigkeit zu analysieren. Es macht keinen Sinn, einfach alle Prozesse zu digitalisieren, auch wenn diese keinen Mehrwert mehr liefern. Dabei geht es gar nicht darum, neue, digitale Prozesse einzuführen. Es geht vor allem darum, sinnlose Prozesse wegzulassen und dadurch die Arbeitsabläufe auf allen angeführten Prozessebenen zu verschlanken.

Basierend auf der Prozessanalyse ist dann zu fragen, welcher der Prozesse wie sinnvoll digitalisiert werden kann. Hier kann es sein, dass tatsächlich neue Programme und Tools zum Einsatz kommen müssen. Allerdings ist auch denkbar, dass gerade durch die Verschlankung die Notwendigkeit für digitale Prozesse zu teilen entfällt. Konkret: Wenn der Dienstreiseregelungsprozess grundsätzlich keinen Sinn macht, muss er auch nicht digitalisiert werden. Vielmehr muss überlegt werden, wie der Prozess sinnvoll und möglichst schlank gestaltet werden kann, mit oder ohne digitale Vorgehensweisen.

Entwicklungsmodi

Durch die hohe Umweltdynamik, an deren Entstehung und Aufrechterhaltung Unternehmen maßgeblich beteiligt sind, ergibt sich für jede Organisation das Erfordernis zur kontinuierlichen Weiterentwicklung.

Die Entwicklungsmodi „Innovation“ und „Optimierung“ beschreiben dabei die grundlegenden Muster der unternehmerischen Weiterentwicklung. In diesem Zusammenhang geht es um organisationales Lernen und die Selbstentwicklung der Organisation und ihrer Organisationseinheiten. Organisationslernen zeigt sich einerseits in der ständigen Optimierung und andererseits in der teilweisen oder völligen Re-Organisation und Innovation.

Optimierung bezieht sich dabei auf die „mitlaufende Veränderung“ der Management-, Geschäfts-, Unterstützungs- und Vernetzungsprozesse einer Organisation und ist mit der strategischen Planung verbunden, wodurch auch die Ordnungsmomente der Organisation (Strategie, Struktur, Kultur) berührt werden.

Innovation hingegen lässt sich hingegen als Eingriff in den evolutiven Entwicklungszustand eines Unternehmens fassen. Die Unterscheidung, ob es sich um Innovation oder Optimierung handelt, lässt sich daran festmachen, ob sich grundlegende Änderungen in mindestens einer der folgenden Kategorien, die auch als Ansatzpunkte für Organisationsentwicklung verstanden werden können, ergeben:

  • Unternehmenszweck,
  • Prozessarchitektur,
  • Prozessmuster,
  • Formen der Führung und Zusammenarbeit sowie
  • Anspruchsgruppen/Interaktionsformen.

In Kontext der (digitalen) Weiterentwicklung der Organisation ist es relevant, Orte zu schaffen, in denen neue Wege gegangen werden können. Schutzräume, in denen die Ideen zur Entwicklung weitergesponnen werden können, sind notwendig, damit innovationsorientierte Mitarbeitende überhaupt die Möglichkeit haben, die Ideen weiter zu verfolgen.

Und das gilt natürlich auch für Fragestellungen der Digitalisierung: Wie verändert sich das Geschäftsmodell der Organisation grundlegend? Lässt sich bspw. die Jugendberatung schnell, einfach und ressourcenschonend online durchführen? Auf welchen Wegen können wir die Klientel besser erreichen? Wie lässt sich die Finanzierung der Organisation bspw. auch durch Crowdfunding o.ä. anders, neu, besser gestalten?

Zusammenfassung: Mit der Digitalstrategie anfangen!

Haben Sie es bis hierher geschafft? Herzlichen Glückwunsch!

Ihnen ist dann aufgefallen, dass die Entwicklung der digitalen Strategie kein ganz unkomplexes Unterfangen ist: Angefangen von Teil I mit der Frage, was überhaupt eine Strategie in Organisationen ausmacht, über Teil II mit der Frage einer sinnvollen Vorgehensweise in der Strategieentwicklung bis hin zu dem zwar etablierten, aber gleichzeitig auch umfangreichen Ordnungsrahmen des St. Galler Management Modells wurde deutlich, dass digitale Strategieentwicklung ein neues Denken erfordert und die gesamte Organisation betrifft. Das ist mir wichtig, zu betonen:

[Tweet „Digitale Strategieentwicklung betrifft vornehmlich die Haltung der in der Organisation arbeitenden Menschen.“]

Es geht zwar auch um die Einführung und Umsetzung digitaler Programme und Tools, dies aber nur in einem Punkt.

Sie könnten abgeschreckt sein von den ganzen Herausforderungen. Das ist nachvollziehbar. Aber:

Fangen Sie an. Probieren Sie aus, machen Sie Experimente. Suchen Sie sich eine engagierte Kerngruppe von Menschen, die am Thema interessiert sind. Überlegen Sie einmal, wer Ihrer Mitarbeitenden sowieso am Thema dran ist, binden Sie diese Mitarbeitenden ein, geben Sie Freiräume zur Entwicklung und lassen Sie das Neue entstehen. Suchen Sie sich Begleitung vor allem in der Moderation der Prozesse, damit die erforderliche Offenheit für die neuen Wege der Digitalisierung nicht im Keim durch bewusste und unbewusste Hierarchien blockiert werden. Das ist in einem Kindergarten ebenso normal wie in einem Komplexträger mit mehreren hundert Mitarbeitenden. Gleichzeitig sind aber auch die Herausforderungen in einem Kindergarten oder einer spezifischen Einrichtung andere, als in einem großen Träger der freien Wohlfahrtspflege.

Noch einmal:

[Tweet “ Fangen Sie an, Ihre Zukunft zu gestalten!“]


Zum Weiterlesen: 

  • Hartmut Kopf formuliert hier einen griffigen 10-Punkte-Plan für die digitale Zukunft Ihrer Organisation. Klare Sache: lesen!
  • Benedikt Geyer spricht in diesem sehr hörenswerten Podcast mit Prof. Helmut Kreidenweis zu grundlegenden Fragen der Digitalisierung in Organisationen der Sozialwirtschaft. Der Tenor: Es wird Zeit, sich mit digitalen Fragestellungen zu befassen.
  • Hier noch ein lesenswerter Beitrag von Thomas Hann zur Kultur in Organisationen für das digitale Zeitalter.
  • Und richtig spannend wird es, wenn Sie sich auf Twitter begeben, und einmal den #sozialcamp in das Suchfeld eingeben. Da können Sie sehen, was zum Thema Digitalisierung in der Sozialen Arbeit bereits läuft.
  • Und falls Sie Unterstützung bei der Entwicklung Ihrer Digitalstrategie oder überhaupt auf dem Weg in die digitale Welt suchen, nehmen Sie einfach Kontakt auf.

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